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Spartakist Nummer 219

Winter 2017/2018

Für ein vereinigtes unabhängiges Kurdistan!

Irakische Kurden stimmen für Unabhängigkeit

Allianz kurdischer Führer mit Imperialisten: Verrat an nationaler Befreiung

Drei Wochen nachdem irakische Kurden in einem Referendum am 25. September mit überwältigender Mehrheit für Unabhängigkeit gestimmt hatten, entrissen die von den USA ausgebildeten und ausgerüsteten Streitkräfte des Bagdader Regimes zusammen mit vom Iran unterstützten schiitischen Milizen den ebenfalls von den USA und auch von Deutschland ausgebildeten und ausgerüsteten kurdischen Peschmerga die Kontrolle über die Stadt Kirkuk und die umliegenden Ölfelder. Die Peschmerga-Streitkräfte zogen sich zurück, und irakische Truppen marschierten ein, besetzten das Stadtgebiet von Kirkuk und rissen kurdische Flaggen herunter. Der Angriff der irakischen Regierung ist ein offensichtlicher Vergeltungsakt für das Referendum und eine Ohrfeige für das kurdische Volk, das sich nach Unabhängigkeit sehnt. Die Lage ist potenziell explosiv, insbesondere wenn Bagdads Streitkräfte weiter nach Norden ins irakische Kurdistan vorrücken.

Während Bagdad Kirkuk einnahm, verurteilte ein Sprecher der kurdischen Regionalregierung (KRG) das „Schweigen“ ihrer amerikanischen imperialistischen Schirmherren als „schändlich“. Trump erklärte zwar: „Wir stehen auf keiner Seite“, aber tatsächlich unterstützte eine Erklärung der US-Botschaft in Bagdad das Vorgehen der irakischen Regierung: „Wir unterstützen die friedliche Wiederherstellung der Autorität der Zentralregierung in allen umstrittenen Gebieten entsprechend der irakischen Verfassung.“ Zuvor hatten Washington und Berlin wie nahezu alle Regionalmächte das Unabhängigkeitsreferendum verurteilt. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) erklärte im Juni: „Die Einheit des Irak infrage zu stellen, ja sogar Staatsgrenzen neu ziehen zu wollen, ist nicht der richtige Weg und kann eine ohnehin schwierige und instabile Lage nur verschärfen.“ Dies hat der Chef der kurdischen Gemeinde Ali Erfan Toprak in Deutschland, wo Hunderttausende Kurden leben, richtigerweise zurückgewiesen: „Das Selbstbestimmungsrecht des kurdischen Volkes gehört nicht in den Zuständigkeitsbereich des deutschen Außenministers.“ Wie wir wiederholt betonten, setzt die Allianz der kurdischen Nationalisten mit dem Imperialismus – in jüngster Zeit mit ihrem Einsatz als Bodentruppen im Krieg der US-Geführten imperialistischen Allianz gegen den Islamischen Staat (IS, ISIS) – die Massen Kurdistans weiterem Verrat aus.

Die historisch kurdische Stadt Kirkuk wurde 2014 von mit der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) verbundenen Peschmerga-Truppen eingenommen, als sich die irakische Armee angesichts des Vormarschs des IS auflöste. Die PUK sitzt in der KRG-Regionalregierung zusammen mit ihrem dominanteren Erzrivalen, der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) unter Führung von KRG-Präsident Massoud Barzani. Während des Angriffs vom 16. Oktober gab es zwar einige Scharmützel zwischen bagdadtreuen Streitkräften und Elementen der Peschmerga, doch die irakischen Truppen nahmen Kirkuk fast kampflos ein.

Der KDP zufolge gab es eine geheime Abmachung zwischen bagdadtreuen Streitkräften und der PUK, die Stadt und ihre Ölfelder den irakischen Streitkräften zu überlassen. Heute zogen sich auch die KDP-Streitkräfte zurück, als irakische Truppen weiteres Territorium besetzten, das 2014 von den Peschmerga eingenommen worden war. Wie bei allen Allianzen und Manövern, die sowohl KDP als auch PUK regelmäßig mit den Imperialisten und Regionalmächten durchführen, muss das kurdische Volk den Preis dafür zahlen.

Im Referendum vom letzten Monat [September 2017] gab das kurdische Volk seinem Verlangen nach Unabhängigkeit von seinen nationalen Unterdrückern unmissverständlich Ausdruck. Dieses Referendum wurde im KRG-verwalteten Gebiet und in damals von den Peschmerga gehaltenen umstrittenen Gebieten, darunter Kirkuk, abgehalten. Die Wähler wurden auf Kurdisch, Arabisch, Türkisch und Assyrisch gefragt: „Sind Sie dafür, dass die Region Kurdistan und die kurdischen Gebiete außerhalb der Regionalverwaltung zu einem unabhängigen Staat werden?“ Bei einer Wahlbeteiligung von mehr als 72 Prozent wurde das Referendum mit überwältigenden 92,73 Prozent „Ja“-Stimmen angenommen.

Als leninistische Kämpfer gegen nationale Unterdrückung begrüßen wir das Referendum und sein Ergebnis, geben aber den bürgerlichen Nationalisten keine politische Unterstützung. Eine „Ja“-Stimme war für Marxisten, die dem Kampf für Arbeiterherrschaft im Nahen Osten und anderswo verpflichtet sind, die einzige prinzipienfeste Haltung. Was Kirkuk und andere historisch kurdische Gebiete angeht, so haben wir nichts dagegen, wenn sich diese der KRG oder einem unabhängigen Kurdistan anschließen. Vor allem Kirkuk wurde in den vorangegangenen Jahrzehnten, insbesondere unter Saddam Hussein, massiv „arabisiert“, wobei Kurden in großer Zahl vertrieben und durch Araber ersetzt wurden. In den letzten Jahren waren es die kurdischen Nationalisten, die Araber und andere vertrieben. Heute werden die Kurden vertrieben, und Tausende flüchten aus Kirkuk aus Angst vor Pogromen. Wie auch immer der formelle Status solcher gemischter Städte sein mag, wir stellen uns aufs Schärfste gegen jegliche „ethnischen Säuberungen“ oder Zwangsumsiedlungen von Kurden, Arabern, Turkmenen, Assyrern und anderen Bevölkerungsgruppen.

Kurdisch-nationalistische Handlanger des Imperialismus

Die Aufteilung des Nahen Ostens durch die britischen und französischen Imperialisten nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reichs am Ende des Ersten Weltkriegs hatte zur Folge, dass den Kurden das gesamte vergangene Jahrhundert über ein eigener Staat verwehrt wurde. Die Kurden sind aufgeteilt zwischen Türkei, Irak, Iran und Syrien, ihre Sprache, Kultur und Geschichte werden unterdrückt und sie sind brutaler Repression durch sowohl die Imperialisten als auch die örtlichen kapitalistischen Regime unterworfen.

Das kurdische Volk hat eine lange Geschichte des Kampfes gegen seine Unterdrücker. Aber seine bürgerlich-nationalistischen Führer haben eine ebenso lange Geschichte, diese Kämpfe der Illusion zu opfern, die Imperialisten oder deren regionale Lakaien würden die Kurden unterstützen. Die kurdischen Führer, die das Referendum vom vergangenen Monat organisierten, sind ein Hindernis für die kurdische Unabhängigkeit, sie hatten keinerlei Absicht, das Ergebnis des Referendums umzusetzen. Sowohl die KDP als auch die PUK befinden sich seit langem in einem militärischen Bündnis mit dem US-Imperialismus und handeln als dessen willfährige Handlanger. Um dieses Bündnis aufrechtzuerhalten, ordnen sie die Kämpfe des kurdischen Volkes für Unabhängigkeit den Interessen insbesondere des US-Imperialismus unter.

Während der Invasion des Irak 2003 operierten KDP und PUK unter US-Oberbefehl und dienten dann den Besatzungsstreitkräften als Hilfstruppen. In jüngerer Zeit haben sie sich – zusammen mit Syriens Partei der Demokratischen Union (PYD), die mit der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) in der Türkei verbündet ist – dem imperialistischen Kreuzzug gegen die reaktionären IS-Dschihadisten angeschlossen. Die Tatsache, dass kurdische Kämpfer an der Seite der USA kämpften, um sunnitische Araber im Irak zu unterdrücken, verstärkte antikurdische Vorurteile unter Arabern in der Region, schürte Kommunalismus und trug so dazu bei, die nationale Unterdrückung der Kurden aufrechtzuerhalten.

Als Marxisten betonen wir, dass der US-Imperialismus und die imperialistischen Mächte der EU die größten Feinde der Werktätigen und Unterdrückten der Welt, nicht zuletzt der Kurden, sind. Deshalb wissen wir, obwohl wir alles, wofür der IS steht, verachten, dass die von ihm gegen imperialistische Streitkräfte und ihre Handlanger geführten Schläge objektiv im Interesse der internationalen Arbeiterklasse sind. Zu diesen Handlangern gehören auch die Streitkräfte der PYD und die Peschmerga sowie die Armee des Bagdader Regimes und die irakischen schiitischen Milizen. USA/NATO/Bundeswehr raus aus dem Nahen Osten!

Die Allianz der kurdischen Nationalisten mit den Imperialisten setzt den Verzicht auf jeglichen Kampf für Unabhängigkeit geradezu voraus. Die US- und europäischen Imperialisten sind erklärte Feinde der kurdischen Massen. Als Saddam Hussein im März 1988 in Halabdscha einen Angriff mit Giftgas, das mit Hilfe deutscher Technik hergestellt wurde, auf kurdische Zivilisten durchführte, war er Verbündeter der USA. Nachdem sich Amerikas Herrscher im ersten Golfkrieg 1991/92 gegen ihren ehemaligen Schützling gewandt hatten, versuchten sie, die Kurden (und Schiiten) gegen Saddam aufzuwiegeln, und ließen sie dann fallen, als dieser sie brutal unterdrückte.

Die USA lehnen kurdische Unabhängigkeit ab, die die Landkarte des Nahen Ostens sehr verändern würde, und haben klargestellt, dass sie nichts dulden würden, was über „Autonomie“ in einem – naturgemäß unterdrückerischen und arabisch dominierten – irakischen Einheitsstaat hinausgehen würde. Als Barzani das Referendum ankündigte, wiesen ihn seine Geldgeber in Washington zurecht. Eine Erklärung des Weißen Hauses vom 15. September verurteilte das Referendum als „Ablenkung von den Bemühungen, ISIS zu besiegen“.

Heute, wo der IS am Rande der Niederlage steht, ist die militärische Situation im Irak unbeständig. Wie der Journalist Patrick Cockburn in einem Artikel vom 29. September im Londoner Independent schrieb: „Die USA sind nicht mehr so sehr auf die irakischen Kurden angewiesen wie vor dem Juli, als das von Isis besetzte Mossul zurückerobert wurde“, das, wie er feststellt, von der irakischen Armee, nicht den Peschmerga, eingenommen wurde. Er fügte hinzu: „Die militärische Machtbalance verändert sich, und Bagdad, nicht Erbil [die Hauptstadt Irakisch-Kurdistans], ist der Nutznießer.“ Sobald die Imperialisten ihre Handlanger in Kurdistan nicht mehr als nützlich ansehen, werden sie sie fallenlassen, wie sie es schon vorher wiederholt getan haben.

Das multinationale und multiethnische Proletariat des Nahen Ostens muss für den Kampf für ein vereinigtes unabhängiges Kurdistan gewonnen werden. Dieser Kampf beinhaltet auch in den einzelnen Ländern die Verteidigung des Rechts der Kurden auf Lostrennung. Von den Regionalmächten wird antikurdische Stimmung verbreitet, um ihre Herrschaft über ihre „eigenen“ Arbeiter zu zementieren. Wenn sich die Arbeiterklasse der Region für kurdische Selbstbestimmung einsetzt, stellt sie sich damit ihren eigenen kapitalistischen Ausbeutern entgegen und trägt dazu bei, die Handlungsfähigkeit der US- und europäischen Imperialisten einzuschränken, welche die schlimme Lage der Kurden zur Förderung eigener Interessen ausnutzen. Diese Perspektive erfordert die Schmiedung internationalistischer Arbeiterparteien, die für eine Sozialistische Republik Vereinigtes Kurdistan kämpfen, Teil einer sozialistischen Föderation des Nahen Ostens.

Aasgeier kreisen über Kurdistan

Das Motiv der KRG für das Referendum war nicht der Kampf für Unabhängigkeit. 2014 strich die irakische Regierung des damaligen Premierministers Nuri al-Maliki, ein ausgesprochener arabisch-schiitischer Sektierer, der KRG so gut wie alle Finanzmittel. Die KRG antwortete mit dem Stopp von Öllieferungen an die Zentralregierung und verkaufte das Öl stattdessen über eine neue Pipeline direkt an die Türkei. Nachdem sich die Verhandlungen festgefahren hatten, hofften die KRG-Führer, das Referendum würde ihnen ein Druckmittel in die Hand geben, um Bagdad mehr finanzielle Zugeständnisse und größere Autonomie abzuringen. Es bleibt abzuwarten, wie sich solche Verhandlungen angesichts der jüngsten Ereignisse in Kirkuk entwickeln werden.

In Irakisch-Kurdistan selbst ist die wirtschaftliche Lage düster; etwa 30 Prozent der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze. Zusätzlich zu dem Verlust der Finanzhilfen aus Bagdad gab die KRG eine Menge für den von den USA geführten Krieg gegen den IS aus und leidet unter den fallenden Ölpreisen. Die Region steht am Rande des Bankrotts, Regierungsangestellte erhalten ihren Lohn nur noch sporadisch. Im Oktober 2015 hielten Lehrer, Arbeiter im Krankenhaus und anderswo im öffentlichen Sektor Streiks und Proteste ab, um die Auszahlung von seit drei Monaten ausstehendem Lohn einzufordern. Die KRG antwortete mit dem Einsatz von Bereitschaftspolizei.

Zusätzlich zu der wachsenden Enttäuschung über Korruption und Bestechlichkeit sowohl bei der KDP als auch bei der PUK gibt es weitverbreiteten Unmut über Barzani selber, dessen Amtszeit 2015 auslief. Seitdem hat er seine Amtszeit eigenmächtig verlängert, das KRG-Parlament aufgelöst und regiert nun per Dekret. Mit der Organisierung des Referendums bezweckte die KDP, vor den für nächsten Monat [November 2017] geplanten KRG-Präsidentschafts- und -Parlamentswahlen ihre Glaubwürdigkeit wiederherzustellen.

Was auch immer die KRG-Führer im Sinn hatten, das Referendum hat die Nachbarländer des Irak – vor allem die Türkei und Iran – aufgeschreckt. Die Herrscher dieser Länder fürchten ebenso wie das umkämpfte syrische Regime, dass jeglicher Ausdruck von Separatismus in Irakisch-Kurdistan ähnliche Bewegungen unter ihren „eigenen“ Kurden entfachen könnte. Kurz nach dem Referendum flog der Möchtegern-Sultan der Türkei, Recep Tayyip Erdogan, der einen brutalen Vernichtungskrieg gegen die PKK führt, nach Teheran, um sich mit Präsident Hassan Rouhani zu treffen. Beide Führer betonten: „Wir werden eine Veränderung der Grenzen in der Region nicht hinnehmen.“ Die Türkei droht, ihre Grenze zu Irakisch-Kurdistan dichtzumachen und es durch Beendigung der Ölkäufe „auszuhungern“. Beide Länder haben unter Zusammenarbeit mit dem Bagdader Regime ihre Truppen entlang der Grenzen zu Irakisch-Kurdistan verstärkt.

Die einzige Regionalmacht, die das Referendum unterstützte, ist Israel, dessen Regierung, die über das unterdrückte palästinensische Volk herrscht, ohne jede Ironie erklärte, die Kurden hätten ein Recht auf Selbstbestimmung. Es gibt eine lange Geschichte der Zusammenarbeit zwischen Israels Mossad und dem Barzani-Klan, der auch mit der CIA und Britanniens MI6 zusammengearbeitet hat. Tel Aviv betrachtet ein unabhängiges Irakisch-Kurdistan als mögliche Operationsbasis gegen arabische Regime und insbesondere gegen den Iran.

Israels Unterstützung für das Referendum wurde von antikurdischen Kräften in der Region gleich aufgegriffen. Auf einer Kundgebung türkischer Chauvinisten am 15. September in Ankara wurden Banner gehisst mit der Losung: „Wir werden kein zweites Israel zulassen“. Auf ähnliche Weise erklärte Irans „Oberster Führer“ Ajatollah Ali Chamenei bei einem Treffen mit Erdogan, sein Land würde die Errichtung „eines neuen Israels in der Region“ nicht dulden.

Für die kurdischen nationalistischen Führer sind die nationalen Bestrebungen des kurdischen Volkes kaum mehr als ein Unterpfand für Verhandlungen. Doch die kurdischen Massen sahen das Referendum als einen konzentrierten Ausdruck ihrer Sehnsucht nach Unabhängigkeit. Und die Stoßkraft dieser Abstimmung hat das Potenzial, der Kontrolle derjenigen zu entgleiten, die sie in Bewegung gesetzt haben. In Iranisch-Kurdistan gingen Tausende von Kurden unter Kriegsrechtsbedingungen und der wütenden Tyrannei der „Revolutionswächter“ mutig auf die Straße, um das Referendum zu unterstützen; Dutzende wurden verhaftet. Das Referendum zog eine Linie zwischen Kurden in ganz Kurdistan und den Imperialisten und regionalen Tyrannen.

Für leninistische Parteien im Nahen Osten!

Die jüngsten Ereignisse in der Region unterstreichen die historische Tatsache, dass der Irak keine Nation ist, sondern ein Flickenteppich unterschiedlicher Völker und Ethnien, zusammengestückelt von den Imperialisten. Die Grenzen des Irak wurden willkürlich gezogen, damit sie zu Ölkonzessionen passten, und zwangen einander feindliche Bevölkerungsgruppen zusammen. Die britischen Imperialisten tragen historisch die größte Verantwortung für die Verstümmelung der kurdischen Nationalität; Britannien schuf 1921 den „Irak“ und gliederte dann die Kurden zwangsweise dort ein.

Aber Kurden sind nicht einfach nur Opfer. Der Kampf für kurdische Unabhängigkeit hat das Potenzial, das gesamte Gefüge, das die Kolonialmächte errichteten und das die regionalen Regime und die imperialistischen Oberherrn heute verteidigen, zu kippen. Der Kampf für kurdische Selbstbestimmung wird die künftigen Kämpfe des Proletariats der Region prägen und genauso umgekehrt. Das Ziel nationaler Befreiung kann an sich eine treibende Kraft für eine proletarische Erhebung sein. Der Kampf der Kurden im Iran könnte das gesamte Gefüge dieses theokratischen Völkergefängnisses erschüttern, wo ein persisch-chauvinistisches Regime über eine Bevölkerung herrscht, die fast zur Hälfte nicht persisch ist. In der Türkei ist der Kampf für die proletarische Revolution undenkbar ohne einen Kampf für kurdische Selbstbestimmung. Antikurdischer Chauvinismus ist ein Hauptpfeiler des türkischen Nationalismus und des türkischen kapitalistischen Staats.

Wir wollen den Kampf für kurdische Unabhängigkeit mit dem Kampf zum Sturz kapitalistischer Herrschaft im gesamten Nahen Osten verknüpfen. Kirkuk hat eine Geschichte militanter kurdischer Arbeiterkämpfe. Aber größtenteils ist das kurdische Proletariat außerhalb Kurdistans zu finden, auch in den Industriezentren und Bergwerksregionen der Türkei. Bei dem Industrieproletariat in den städtischen Zentren liegt die Macht, das kurdische Volk und alle Ausgebeuteten und Unterdrückten der Region in die Freiheit zu führen.

Die Zukunft der Arbeiterklasse im Nahen Osten wird nicht allein in dieser unbeständigen Region entschieden, sie ist aufs Engste verbunden mit dem Kampf für Arbeiterherrschaft in den imperialistischen Zentren. Kurdische Arbeiter können als Teil der Arbeiterklasse des Nahen Ostens eine führende Rolle dabei spielen, die verrottete Ordnung, die von den Imperialisten für ihre Zwecke errichtet wurde, niederzureißen. Die Millionen kurdischer und türkischer Arbeiter in Deutschland können als lebendiges Bindeglied dienen, um den Kampf für Unabhängigkeit mit dem Kampf für sozialistische Revolutionen im Nahen Osten und in Westeuropa zu verknüpfen.

Eine solche Perspektive muss dem Proletariat des Nahen Ostens von einer marxistischen Führung vermittelt werden. Es müssen dringend revolutionäre leninistische Parteien geschmiedet werden, die der Gleichheit aller Nationen und Völker verpflichtet sind. Wir kämpfen für den Aufbau von Arbeiterparteien, Sektionen einer wiedergeschmiedeten Vierten Internationale, die für die Befreiung aller Unterdrückten kämpfen, ein entscheidender Bestandteil des Kampfes für Arbeiterherrschaft.

Nach Workers Vanguard Nr. 1120, 20. Oktober 2017

 

Spartakist Nr. 219

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