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Spartakist Nummer 220

Frühjahr 2018

Nieder mit dem Staatsterror gegen Kurden!

Weg mit dem Verbot der PKK!

In den vergangenen Monaten haben sich die Repressionen gegen die in Deutschland lebenden Kurden weiter verschärft. Die Durchführung der zentralen Newroz-Demonstration in Hannover wurde zeitweilig verboten, konnte dann aber stattfinden. Die Empörung gegen das angedrohte Verbot war groß und eine Reihe von SPD- und Linkspartei-Politikern und Kulturschaffenden setzte sich für die Demo ein. Sie wurde drangsaliert durch ein Großaufgebot der Polizei, die mehrere Teilnehmer festnahm und im ganzen Stadtgebiet Autos kontrollierte. Dem Verein „Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland e. V.“ (Nav-Dem) wurde das Recht, die Demo anzumelden, immer wieder abgesprochen. Die Begründung hierfür war die Unterstellung, Nav-Dem sei „vollständig von der PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) kontrolliert und gesteuert“. Polizei und Behörden haben in den letzten Monaten in verschiedenen Städten Proteste von Kurden gegen den Einmarsch der türkischen Armee in Syrien verboten, unter anderem weil von ihnen angeblich „erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit“ ausgingen. Die Demos, die tatsächlich stattfanden, wurden durch drakonische Auflagen erschwert, und Prügelattacken der Polizei sollten die Teilnehmer einschüchtern. Bei der Demonstration im Januar 2018 zu Ehren von Lenin, Liebknecht und Luxemburg in Berlin wurde eine Frau, die eine Flagge mit dem Bild von Abdullah Öcalan trug, von den Bullen des SPD/Linkspartei/Grünen-Senats brutal verhaftet.

Die neuerlichen Repressionen gegen Kurden gehen zurück auf eine Anordnung des letzten Innenministers de Maizière im März 2017, die das Mitführen von Fahnen mit dem Bild Öcalans sowie der Zeichen der YPG und insgesamt 33 Symbole der Kurden verbot. Öcalan, Gründer der PKK, sitzt seit fast 20 Jahren im Gefängnis, momentan unter Bedingungen der totalen Isolation auf der türkischen Insel Imralı. Das Verbot der Symbole wurde zynisch mit einem „erheblichen Emotionalisierungseffekt“ begründet. De Maizières Anordnung wurde jetzt nochmals verschärft. Bei der Newroz-Demo in Hannover durften keine Bilder der PKK-Führerinnen gezeigt werden, die vor fünf Jahren in Paris brutal ermordet wurden, darunter Sakine Cansiz, ein Gründungskader der PKK. Die Zahl der Ermittlungsverfahren gegen kurdische Aktivisten ist rapide angestiegen, und auch Durchsuchungen von kurdischen Vereinen und Privatwohnungen stehen auf der Tagesordnung. Das jüngste Beispiel hierfür sind die Razzien in dem Buchverlag Mezopotamien und dem Musikunternehmen Mir Multimedia, wo die Polizei in mehrtägigen Razzien mindestens vier LKW-Ladungen an Büchern, CDs und anderem beschlagnahmte. Neben Cansiz’ Memoiren Mein ganzes Leben war ein Kampf und Büchern von Öcalan wurden auch Bücher bekannter Autoren aus der Türkei wie Orhan Pamuk konfisziert.

Ende Dezember befanden sich noch immer acht kurdische Aktivisten aufgrund der „Anti-Terror“-Paragrafen 129 a/b in Haft, das Verfahren gegen einen weiteren Aktivisten wurde kürzlich eröffnet. Die Gesinnungsparagrafen 129 a/b dienen auch zur Verfolgung und Inhaftierung von Linken, wie beim TKP/ML-Prozess in München. In Hamburg wird Musa A. vor Gericht gezerrt wegen angeblicher Mitgliedschaft in der hier verbotenen Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C). Weg mit den Paragrafen 129 a/b! Weg mit dem Verbot der PKK und aller kurdischen Vereine! Weg mit dem Verbot der DHKP-C! Weg mit dem Verbot kurdischer Symbole auf Demonstrationen! Staat, Hände weg von den pro-kurdischen Organisationen und Protesten! Sofortige Einstellung aller Verfahren! Freiheit für alle inhaftierten kurdischen Aktivisten und türkischen Linken! Freiheit für Öcalan!

Die deutschen Kapitalisten haben seit jeher aus eigenem Interesse die Unterdrückung der politischen Organisationen der hier lebenden ethnischen Minderheiten befördert, mit dem Ziel, die Arbeiterklasse zu spalten. Türken und Kurden sind ein strategisch wichtiger Bestandteil des multiethnischen Proletariats in Deutschland und stehen in Klassenkämpfen oft an vorderster Front. Uns trennen tiefe politische Differenzen von der kleinbürgerlichen, nationalistischen Politik der PKK-Führung und ihren linken Unterstützern, die keine prinzipielle Position gegen die Zusammenarbeit mit den Imperialisten haben. Sie unterstützen in Syrien ein Bündnis der kurdischen YPG mit den US-Imperialisten, mit der falschen Behauptung, es gäbe eine Revolution in Rojava. Die deutsche Bourgeoisie ist Teil der imperialistischen Anti-IS-Allianz und bewaffnet zum Beispiel die kurdischen Peschmerga im Nord-Irak. So befinden sich die reformistischen Linken hierzulande faktisch in einem politischen Block mit der „eigenen“ Bourgeoisie im sogenannten „Kampf gegen den IS“. Im Gegensatz dazu verteidigten wir die militärischen Schläge des reaktionären IS, wenn sie sich gegen die Imperialisten und ihre Bodentruppen (wie die YPG) richteten. Jetzt ist die Entrüstung bei vielen Reformisten groß, dass, obwohl sie doch gemeinsame Sache mit diesem Staat „gegen den IS“ machen, keine Aufhebung des PKK-Verbots folgt. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall und die Repression gegen die Kurden wird verschärft. Allein das zeigt, wie selbstmörderisch politische Bündnisse mit der Bourgeoisie und Illusionen in den kapitalistischen Staat sind. Der bürgerliche Staat und seine Instrumente zur Repression, die Polizei, Armee, Gerichte und Gefängnisse, dienen ausschließlich der deutschen Bourgeoisie, um ihre Klassenherrschaft aufrechtzuerhalten.

Als revolutionäre Marxisten treten wir trotz dieser Differenzen vehement dafür ein, dass zum Zwecke der Klasseneinheit gegen die Bosse die Arbeiterbewegung in Deutschland die Rechte der Türken und Kurden und aller hier lebenden Minderheiten gegen Angriffe des Staates verteidigen muss, einschließlich ihrer politischer Organisationen und des Rechts, sich politisch zu betätigen. Das bedeutet, dass die Organisationen der Arbeiterbewegung, allen voran die Gewerkschaften, ihre soziale Macht für den Kampf für volle Staatsbürgerrechte für alle Immigranten in die Waagschale werfen müssen, aus ihrem eigenen vitalen Interesse heraus: Derselbe Staat, der jetzt seine Angriffe und Verbote gegen Kurden, Türken und Linke richtet, wird, wenn es zu sozialen Aufständen und verschärften Klassenkämpfen kommt, seine Repressionsorgane gegen alle Arbeiter entfesseln. Ein Angriff auf einen ist ein Angriff auf alle! Wir kämpfen für die Perspektive, dass die Arbeiterklasse die Interessen der Unterdrückten und Schwächsten dieser Gesellschaft aufnimmt und sie im Kampf, diesen bürgerlichen Staat durch eine sozialistische Revolution zu zerschlagen, hinter ihrer sozialen Macht vereint.

 

Spartakist Nr. 220

Spartakist Nr. 220

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