Spartakist Nr. 166 |
Frühjahr 2007 |
Kein Vertrauen in die kapitalistischen Gerichte!
17. Mai: Anhörung vor Berufungsgericht
Mumia in Lebensgefahr! Mobilisiert jetzt!
Die folgende Erklärung wurde am 26. März vom Partisan Defense Committee (PDC US-Schwesterorganisation des Komitees für soziale Verteidigung, KfsV) veröffentlicht.
Das Dritte Bundesberufungsgericht der Vereinigten Staaten hat die Anwälte Mumia Abu-Jamals, politischer Gefangener in der Todeszelle, darüber informiert, dass am 17. Mai in Philadelphia eine mündliche Anhörung zu Mumias Habeas-Corpus-Berufung stattfinden wird. In einem Brief an Unterstützer, der die Anhörung ankündigt, unterstreicht Mumias Anwalt Robert Bryan: Mumia bleibt weiterhin in großer Gefahr. Falls er auf ganzer Linie verliert, wird er hingerichtet werden. Mumias Fall hat einen kritischen Punkt erreicht. Wie auch immer die Entscheidung des Dritten Bundesberufungsgerichts ausfällt, sie wird wahrscheinlich dann an den reaktionären Obersten Gerichtshof der USA verwiesen.
Sowohl Mumias Verteidigerteam als auch die Staatsanwaltschaft waren gegen Entscheidungen in Berufung gegangen, die William Yohn, Richter am Bundesbezirksgericht, 2001 fällte. Yohn hatte Mumias Todesurteil ausgesetzt, aber jeden Aspekt der abgekarteten Verurteilung von 1982 bekräftigt. Mumia, in seiner Jugend ein Sprecher der Black Panther Party und später ein Unterstützer der Organisation MOVE sowie ein angesehener Journalist, sitzt seit mehr als 24 Jahren in der Todeszelle. Er wurde fälschlich schuldig gesprochen, den Polizisten Daniel Faulkner aus Philadelphia getötet zu haben, und wurde spezifisch wegen politischer Ansichten zum Tode verurteilt, die er als Black Panther vertrat. Es gibt Berge von Beweisen für Mumias Unschuld, einschließlich des beeideten Geständnisses von Arnold Beverly, dass er, nicht Mumia, Faulkner getötet hat. Beverlys Geständnis wurde 2001 vor Gericht eingereicht. Aber für die Rassisten in schwarzen Roben ist ein Gerichtssaal kein Ort für Unschuldsbeweise von Mumia, einem Kämpfer für die Unterdrückten.
Das Partisan Defense Committee ist eine klassenkämpferische Organisation zur rechtlichen und sozialen Verteidigung, die sich für Fälle und Anliegen einsetzt, die im Interesse der Gesamtheit der arbeitenden Menschen sind. Dieser Zweck entspricht den politischen Ansichten der Spartacist League/U.S. [ebenso wie der Zweck des KfsV den politischen Ansichten der Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands entspricht]. Wie Gene Herson, PDC-Koordinator für die Arbeiterbewegung, sagte: Wir haben lange dafür gerungen, Kämpfer gegen rassistische Ungerechtigkeit, Gegner der Verwüstungen, die der US-Imperialismus anrichtet und, entscheidend, die Arbeiterbewegung in den USA und international zu mobilisieren, um zu fordern: Freiheit für Mumia! Weg mit der rassistischen Todesstrafe! Als Mumia 1995 von der Hinrichtung bedroht war, half eine Welle internationalen Protests, mit entscheidender Beteiligung von Gewerkschaften in der ganzen Welt, dem Henker in den Arm zu fallen. Aber diese Bewegung wurde politisch demobilisiert durch Liberale und reformistische linke Organisationen, die jahrelang den Ruf nach Mumias Freiheit der Forderung nach einem neuen Prozess unterordneten, womit sie Illusionen in die ,Gerechtigkeit der kapitalistischen Gerichte verbreiteten.
Herson weiter: Da Mumias Fall jetzt durch die letzten Phasen des Rechtsweges geht, sind massenhafte, auf die Arbeiterklasse zentrierte Proteste dringender denn je. PDC-Anwältin Rachel Wolkenstein, die von 1995 bis 1999 Mumias Verteidigerteam angehörte und die Untersuchung führte, die das Beverly-Geständnis und andere Beweise für Mumias Unschuld zu Tage förderte, bemerkte: Es ist gut, dass das Gericht eine mündliche Anhörung angesetzt hat und diese Rechtsansprüche anhört. Aber wir können nicht darauf vertrauen, dass die Gerichte, die Mumia eingekerkert haben, ihm Gerechtigkeit widerfahren lassen. Wir müssen unsere Anstrengungen verdoppeln, den Staat daran zu hindern, Mumia hinzurichten oder ihn lebenslang im Gefängnis zu begraben. Wolkenstein fuhr fort: Um Mumia frei zu bekommen, ist eine Mobilisierung nötig, deren Teilnehmern bewusst ist, mit welchem Hass der Staat Mumia verfolgt.
Wolkenstein war vom Verteidigerteam zurückgetreten, als Mumias damaliger Hauptanwalt Leonard Weinglass das Beverly-Geständnis unterdrückte. In einer eidesstattlichen Erklärung, abgedruckt in der PDC-Broschüre The Fight to Free Mumia Abu-Jamal Mumia is innocent [auch auf Deutsch vom KfsV erhältlich], gibt Beverly an, dass er angeheuert wurde, um Faulkner zu töten, der Berichten zufolge bei Prostitution, Glücksspiel, Drogen und Polizei-Schmiergeldern ein Störfaktor war. Das Beverly-Beweismaterial zeigt, dass das Unrecht, das Mumia angetan wurde, nicht das Werk eines einzelnen schurkischen Bullen, Staatsanwalts oder Richters war, sondern das Werk eines Rechtssystems, dessen Zweck ist, die Arbeiterklasse, Minderheiten und Arme im Dienste der herrschenden Kapitalistenklasse zu unterdrücken. Wie Wolkenstein feststellte: Das Verfahren gegen Mumia war von Beginn an ein durchsichtiger Schwindel: gefälschte Beweise, meineidige Zeugen, voreingenommene Richter, Zeitungslügen und Falschdarstellungen.
Wolkenstein fuhr fort: Die kapitalistischen Herrscher wissen, dass Mumia an der Tötung von Officer Faulkner unschuldig ist. Und sie wissen, dass er seit einem Alter von 15 Jahren seine Stimme erhebt in ungebrochener Opposition gegen das System rassistischer Unterdrückung, einen Eckstein des amerikanischen Kapitalismus. In ihren Augen ist das ein Kapitalverbrechen. Das werden sie ihm nie verzeihen. Die Kräfte des rassistischen Gesetz und Ordnung machen keinen Hehl aus ihrer Entschlossenheit, den legalen Lynchmord an Mumia durchzupeitschen. Das konnte man sehen bei der Entscheidung der Fraternal Order of Police [Polizeibruderschaft], die St.-Patricks-Day-Parade in Newark, New Jersey, zu boykottieren, weil dort Donald Payne, ein schwarzer demokratischer Kongressabgeordneter, geehrt wurde. Payne war einer von nur 31 Kongressabgeordneten, die im Dezember gegen eine Kongressresolution stimmten, die den Pariser Vorort Saint-Denis verurteilte, weil dort eine Straße nach Mumia benannt worden war.
Das Potenzial, Massenproteste zu mobilisieren auf der Grundlage, dass Mumia unschuldig und das Opfer eines rassistischen und politischen Komplotts ist, zeigt sich in dem breiten Ausmaß von Unterzeichnern einer PDC-Erklärung mit dem Titel Wir fordern die sofortige Freiheit von Mumia Abu-Jamal Mumia ist unschuldig!. Diese Erklärung hebt das Beverly-Geständnis und andere Beweise hervor. Sie erschien vergangenen Herbst in Nation, in New York Citys Amsterdam News, im Chicago Defender und der San Francisco Bay View und wurde in der Folge in der Zeitung der Kommunistischen Partei Frankreichs lHumanité, dem Morning Star in Britannien und anderen Zeitungen in Deutschland [junge Welt] und Kanada abgedruckt.
Arbeiterorganisationen in Italien, Kanada, Britannien, Deutschland, Mexiko, Südafrika und Australien haben die Erklärung unterzeichnet, ebenso die Nobelpreisträger Nadine Gordimer aus Südafrika und Dario Fo aus Italien sowie Subcomandante Marcos, Führer der Zapatistischen Armee der nationalen Befreiung [EZLN] in Mexiko. In den USA haben die New Yorker Gruppe der Coalition of Black Trade Unionists [Vereinigung schwarzer Gewerkschafter], diverse Ortsgruppen der Amalgamated Transit Union [Transportarbeitergewerkschaft] und der International Longshoremens Association (ILA) [Hafenarbeitergewerkschaft] und die Ortsgruppe 1199 SEIU East [Dienstleistungsgewerkschaft] in New York City unterzeichnet. Weiterhin haben kürzlich die frühere Kongressabgeordnete für Georgia, Cynthia McKinney, der bekannte schwarze Akademiker Cornel West, der südafrikanische Dichter Dennis Brutus und der Hip-Hop-Künstler Chuck D unterzeichnet. In einer Erklärung, die dem PDC heute zuging, sagt Darryl Mike D. Payne, Vizepräsident und Geschäftsführer der ILA-Ortsgruppe 1526 in Fort Lauderdale: Mumia ist unschuldig und hätte niemals auch nur einen Tag im Gefängnis verbringen dürfen. Payne erklärte: Wir müssen alle in Solidarität stehen und dafür kämpfen, ihn sofort zu befreien!
Ein erfolgreicher auf die Arbeiterklasse gestützter Kampf für Mumias Freiheit würde den allumfassenden Angriffen der US-Herrscher auf unsere Rechte einen Schlag versetzen und der Arbeiterklasse ein Gefühl ihrer enormen potenziellen sozialen Macht geben. Der Kampf für Mumia ist ein entscheidender Teil des Kampfes für die Befreiung der Schwarzen, die nur durch eine sozialistische Arbeiterrevolution erreicht werden wird, die die gesamte Maschinerie rassistischer kapitalistischer Ungerechtigkeit zerstört. Freiheit für Mumia! Weg mit der rassistischen Todesstrafe!