Spartakist Nr. 182 |
März 2010 |
Für eine leninistisch-trotzkistische Partei, die für eine Arbeiterrevolution kämpft!
Iran in Aufruhr
Imperialisten, Hände weg!
Die vor Betrug strotzende Wiederwahl des Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad im vergangenen Juni hat im Iran Proteste und staatliche Repression dagegen ausgelöst. Inmitten dieses Aufruhrs verschärft die Obama-Regierung ihre Drohungen eines militärischen Vorgehens gegen Irans Atomprogramm weiter, gleichzeitig bereitet sie eine neue Runde von Sanktionen zur Erdrosselung der iranischen Wirtschaft vor. In einem Artikel, der sich weitgehend auf Informationen aus Regierungskreisen in Washington stützt, berichtete die New York Times (6. Januar), dass der Iran einen wachsenden Teil seiner atomaren Anlagen in Netzwerken von Tunneln und Bunkern versteckt hat, die nach den Worten des israelischen Verteidigungsministers Ehud Barak nicht durch einen konventionellen Angriff zerstört werden können.
Die Times enthüllte, dass das Pentagon mit Hochdruck an der Entwicklung einer tödlichen Tunnelwaffe arbeitet, die im nächsten Sommer einsatzbereit sein soll. Die über 6 m lange Bombe mit der Bezeichnung Massive Ordnance Penetrator soll tonnenweise Sprengstoff enthalten zehnmal mehr als ihre Vorgängermodelle und ist für den Abwurf von einem B-2-Tarnkappenbomber konzipiert. Angesichts solcher Drohungen muss das internationale Proletariat die Entwicklung von Atomwaffen durch den Iran verteidigen und fordern: Imperialisten Hände weg!
Inzwischen ist die US-Außenministerin Hillary Clinton auf internationaler Tour, um eine Allianz für massive Sanktionen gegen den Iran zusammenzutrommeln, was nur ein erster Schritt zum Krieg ist. In Deutschland bildet sich eine ganz große Koalition, einschließlich Grünen und SPD, für diese angeblich friedliche Lösung. Auf der Münchener NATO-Sicherheitskonferenz Anfang Februar wo jedes Jahr die nächsten imperialistischen Schweinereien koordiniert werden wurde der iranische Außenminister vorgeführt: Als er nicht die verlangte totale Kapitulation vor den versammelten imperialistischen Schlächtern verkündete, beschwerte sich Kriegsminister zu Guttenberg, ein Rechtfertiger des Massakers von Kunduz, dass die ausgestreckte Hand des Westens von Iran ânicht nur nicht ergriffen, sondern weggeschlagen wird (Süddeutsche Zeitung, 7. Februar). Die angeblich ausgestreckte Hand des Westens ist in Wirklichkeit die Hand, die den Iran in die Knie zwingen und erdrosseln soll. Mit den Sanktionen soll der Iran um Jahrzehnte zurückgeworfen werden und reif gemacht werden für das Abschlachten durch den US-Imperialismus und seinen lokalen Sheriff, Israel. Weg mit allen Sanktionen! Imperialisten und Israel: Hände weg vom Iran!
Der pro-israelische Flügel der Partei Die Linke bekennt sich trotz pazifistischer Bauchschmerzen über Israels Kriegskurs gegen die Palästinenser offen zur Unterstützung Israels durch den deutschen Imperialismus. Während des israelischen Massakers an der Bevölkerung des Gaza-Streifens trat der Berliner Linke-Vorsitzende Klaus Lederer bei einer Kundgebung Solidarität mit Israel! am 11. Januar 2009 auf. Das war eine Rechtfertigung der totalen Zerstörung der gesamten Infrastruktur im Gaza-Streifen und des Abschlachtens von Zivilisten!
Der andere Flügel der über den Nahen Osten tief gespaltenen Linkspartei versucht ein eher Israel-kritisches Bild zu vermitteln. Dieser Flügel, zu dem auch Migranten und ethnische Minderheiten gehören, gibt sich ein pazifistisches Image und versucht als Anti-Kriegspartei zu punkten. So erklärte der damalige außenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion Die Linke, Norman Paech, am 15. September 2009 bezüglich Irans: DIE LINKE fordert die Bundesregierung auf, sich von diesen Drohungen offen zu distanzieren und die Regierungen der USA und Israels vor derart völkerrechtswidrigen Angriffen und ihren katastrophalen Auswirkungen eindringlich zu warnen. Norman Paech pochte zuletzt am 24. November auf dem Hamburger Parteitag der Linkspartei auf die absolute Treue zum Völkerrecht. Damit akzeptieren Paech und Co. jedoch gerade den Rahmen, den die Imperialisten setzen, indem sie tödliche Illusionen in ein Völkerrecht schüren, das durch die UNO, die imperialistische Räuberhöhle, durchgesetzt wird. Allein im Namen von UNO und Völkerrecht wurden 1,5 Millionen Menschen im Irak der Hungerblockade von 1991 geopfert. Eine Partei, die wirklich gegen imperialistischen Krieg ist, kann nicht pazifistisch sein, denn sie muss für den Sturz der eigenen herrschenden Klasse kämpfen. Die Linke hat damit absolut nichts am Hut und hat ihren Frieden mit dem imperialistischen Deutschland nie auch nur in Frage gestellt. Sie strebt vehement eine Regierungsbeteiligung an, zu der Solidarität mit Israel als Staatsräson einfach dazu gehört. Der Pazifismus der Linken dient nur dazu, der Arbeiterklasse und den ethnischen Minderheiten Sand in die Augen zu streuen und sie gegenüber ihrer eigenen räuberischen Bourgeoisie zu entwaffnen.
Im Iran sind seit Anfang Dezember erneut Proteste ausgebrochen, zu denen einige Zehntausende von Menschen mobilisierten. Die Demonstrationswelle des vergangenen Sommers ging nach einem brutalen Durchgreifen der Sicherheitskräfte während des Herbstes bis auf weniger als einen größeren Protest pro Monat zurück. Dann, am 7. Dezember, versammelten sich Zehntausende von Studenten in Teheran und an Universitäten im ganzen Land und gerieten mit Bereitschaftspolizei und Bassidsch-Milizen aneinander.
Während sich die Protestdemonstrationen bei einer Auseinandersetzung, die eigentlich ein Fraktionsstreit innerhalb der herrschenden klerikalen Elite ist, politisch einer Seite unterordnen, gaben die Studentendemonstrationen vom 7. Dezember einen Eindruck des politisch heterogenen Charakters der Opposition. Mir Hussein Mussawi, der Spitzenkandidat der Opposition bei den Präsidentschaftswahlen vom Juni, schloss sich den Studentendemonstrationen nicht an. Berichten zufolge trugen nur wenige der Demonstranten das charakteristische Grün von Mussawis Kampagne, und einige verbrannten sogar Bilder von Ajatollah Ali Chamenei, eine tabubrechende Handlung in einem Lande, in dem der oberste Führer nur Gott gegenüber als verantwortlich gilt.
Die reformistische Linke in Deutschland ist über die Proteste im Iran gespalten: Die einen gesellen sich auf die Seite des westlichen Imperialismus und fordern wie dieser Solidarität mit der Oppositionsbewegung, während andere Ahmadinedschads blutiges Regime groteskerweise als antiimperialistisch beschreiben. So die Linkspartei-nahe Tageszeitung junge Welt (jW), die eine Seite bezieht mit dem Pro-Ahmadinedschad-Flügel des Klerus gegen die Proteste. Am 29. Dezember schrieb der langjährige jW-Autor Werner Pirker: Denn natürlich handelt es sich nicht nur um einen Kleinkrieg zwischen den Elite-Gruppierungen, sondern auch und vor allem um den Zusammenprall zweier Tendenzen der iranischen Gesellschaft. Die eine ist im Wesentlichen sozial und antiimperialistisch orientiert und hat im früheren Revolutionswächter Mahmud Ahmadinedschad ihren Repräsentanten gefunden. Der kleine Mann wurde zum Hoffnungsträger des ,kleinen Mannes, weil er dem Unmut der breiten Masse gegen den korrupten Klerus Ausdruck verlieh. Dies ist der reinste Hohn. Bei aller Demagogie, einschließlich abscheulichem Antisemitismus, waren Ahmadinedschad und die anderen iranischen Herrscher auf der Seite des US-Imperialismus im repressiven Krieg gegen den Terror und im Anfangsstadium der Besetzung des Irak. Gleichzeitig ist das Regime im Innern verantwortlich für die Unterdrückung von Streiks, Arbeiterprotesten und wachsende Armut. Hinter der Linie von junge Welt und Co. steckt die alternative Strategie für den deutschen Imperialismus: Ein Teil der Bourgeoisie möchte, dass Deutschland einen kapitalistischen Gegenpol zur Dominanz des US-Imperialismus bildet, vor allem durch engere Verbindungen mit dem kapitalistischen Russland.
Den Studentendemonstrationen im Iran folgte eine Reihe von Massenprotesten, die zeitlich mit religiösen Anlässen zusammentrafen. Am 27. Dezember wurden auf Massendemonstrationen in Teheran und anderen Städten, die mit dem schiitischen Aschura-Fest zusammenfielen, wenigstens acht Menschen (darunter Mussawis Neffe) von Sicherheitskräften erschossen. Etwa 2000 Menschen wurden Berichten zufolge seit Beginn der jüngsten Demonstrationswelle verhaftet. Fünf dieser Verhafteten wurden angeklagt, Mitglieder der Mudschaheddin-e-Chalk (Volksmudschaheddin) zu sein, einer iranischen Oppositionsgruppe, die bis vor kurzem von Stützpunkten im Irak aus operierte: Sie sind des Moharebeh (Krieg gegen Gott) angeklagt, worauf in jedem Fall die Todesstrafe steht. Die internationale Arbeiterbewegung muss fordern: Freiheit für alle!
Unter den Verhafteten befinden sich 12 Mitglieder der religiösen Minderheit der Bahai, was die Zahl der gegenwärtig im Iran inhaftierten Bahais auf 48 ansteigen ließ. Gegen sieben Bahai-Führer, die als nächste vor Gericht gestellt werden sollen, wurden neue Straftatbestände vorgebracht, die unter Umständen die Todesstrafe zur Folge haben könnten. Laut der International Campaign for Human Rights in Iran sind von der Islamischen Republik über 200 Bahai umgebracht worden, während Tausende von ihrem Arbeitsplatz gefeuert, ihres Eigentums beraubt oder verhaftet wurden.
Als weiteres Zeichen verschärfter Repression wurde ein kurdischer politischer Gefangener, Fasih Yasamani, am 6. Januar durch den Strang hingerichtet. Davor war im November ein anderer kurdischer Häftling hingerichtet worden, und wenigstens 17 weitere Aktivisten sind noch in der Todeszelle. Yasamani wurde aufgrund eines unter der Folter erpressten Geständnisses angeklagt, ein Mitglied der Partei für ein Freies Leben in Kurdistan (PJAK) zu sein, die eng mit der nationalistischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) in der Türkei verbunden ist. Als Barack Obama im vergangenen Jahr sein Amt antrat, war eine seiner ersten Amtshandlungen, die PJAK als terroristische Organisation zu brandmarken, womit er erneut unterstrich, dass die imperialistischen Herrscher, die dem Iran mit Krieg drohen, Todfeinde aller Unterdrückten des iranischen Regimes sind. Die grundlegende Frage, mit der das iranische Proletariat heute konfrontiert ist, ist der notwendige Aufbau einer marxistischen Arbeiterpartei, die für die Klassenunabhängigkeit des Proletariats vom Klerus, von den Nationalisten und den proimperialistischen Elementen und für proletarische Herrschaft kämpft.
Leser, die mehr über die Entwicklung der Positionen der Internationalen Kommunistischen Liga (Vierte Internationalisten) zum Iran erfahren möchten, verweisen wir auf unseren Artikel in Spartakist Nr. 179, September 2009: Iran: Nieder mit dem klerikalen Regime! Keine Unterstützung für ,Reform-Mullahs!