Spartakist Nr. 182 |
März 2010 |
Hände weg von Roman Polanski!
Sofortige Freilassung! Nein zur Auslieferung!
Der nachfolgende Artikel ist übersetzt aus Workers Vanguard Nr. 944, 9. Oktober 2009, Zeitung der Spartacist League/U.S.
Nach der überraschenden Wiederaufnahme ihrer 32 Jahre andauernden Hexenjagd gegen den weltberühmten Filmregisseur Roman Polanski arrangierte die Bezirksstaatsanwaltschaft von Los Angeles, mit Unterstützung des FBI, dessen Verhaftung am 26. September 2009 in Zürich. Der 76-jährige Polanski, der sich nun in Schweizer Haft befindet, muss mit seiner Auslieferung an die USA rechnen, wo er wegen einvernehmlichen Sexualverkehrs mit einer frühreifen Dreizehnjährigen im Jahre 1977 verurteilt werden soll.
Roman Polanski hat kein Verbrechen begangen. Angesichts eines Hollywood-Schauprozesses, bei dem ihm mehrere Anklagen wegen Kapitalverbrechen drohten, bekannte er sich des rechtswidrigen Geschlechtsverkehrs mit einer Minderjährigen für schuldig. Polanski, der französischer Staatsbürger ist, floh 1978 nach Paris, um der puritanischen Hexenjagd zu entgehen, als ihm nach bereits sechswöchigem Aufenthalt im Staatsgefängnis zum Zwecke diagnostischer Untersuchungen noch weitere Inhaftierung drohte. Trotz der beständig drohenden Auslieferung gab Polanski angesichts der Fatwa der US-Justiz nicht auf und schaffte es bis jetzt, seine Filmkarriere in Europa mit künstlerischem Erfolg fortzusetzen.
Viele stellen sich wegen Polanskis plötzlicher Verhaftung die naheliegende Frage: Warum jetzt? Die Ereignisse liegen mehr als drei Jahrzehnte zurück, Polanski ist in den 70ern und es gibt kein Opfer zu rächen. Die beteiligte Frau, Samantha Geimer, jetzt in den 40ern und Mutter dreier Kinder, spricht sich seit langem gegen die fortwährende Verfolgung Polanskis aus. Und bis vor kurzem haben die USA nicht einmal Druck ausgeübt, um seine Auslieferung zu erwirken.
Doch wie der Schriftsteller Robert Harris in einem Gastkommentar in der New York Times vom 30. September 2009 bemerkte, änderte sich dies nach der Veröffentlichung des Dokumentarfilms Roman Polanski: Wanted and Desired [Roman Polanski: Gesucht und begehrt] von 2008. Der Film enthält ein Interview mit David Wells, der sich brüstet, als damaliger stellvertretender Bezirksstaatsanwalt den (inzwischen verstorbenen) Richter Laurence Rittenband bei dem Fall beeinflusst zu haben, vor allem um eine Haftstrafe gegen Polanski zu erwirken. Auf Grundlage dieses Films und anderer Beweise stellten Polanskis Anwälte den Antrag, das Verfahren einzustellen, was im Februar von Richter Peter Espinoza am Los Angeles Superior Court abgewiesen wurde. Mit verdrehter Logik erkannte Espinoza an, dass substanzielles Fehlverhalten vorgelegen habe, weigerte sich aber, über eine Einstellung des Verfahrens zu verhandeln, solange Polanski nicht persönlich in seinem Gericht erscheine, wo ihm eine Verhaftung sicher wäre.
Nachdem die Komplottgeschichte auch vor Gericht ruchbar geworden war, hatte die Staatsanwaltschaft in ihrem Bestreben, Polanski fertigzumachen, nichts mehr zu verlieren. Wells behauptet jetzt lächerlicherweise, er habe vor der Kamera gelogen und angenommen, der Film würde in den USA nicht gezeigt werden. Daraufhin bemerkte Marina Zenovich, die den Dokumentarfilm gedreht hatte, Wells habe in Wirklichkeit in einem Artikel vom 17. Juli 2008 gegenüber der New York Times die Darstellung der Ereignisse [bestätigt], die er in meinem Film gegeben hatte.
Die Motive der verlogenen und rachsüchtigen amerikanischen Ankläger und Richter sind deutlich genug, doch die plötzliche Willfährigkeit der Schweizer Regierung gegenüber den US-Behörden rief einiges Stirnrunzeln hervor. Polanski besitzt immerhin seit vielen Jahren ein Haus in der Schweiz, das er häufig besuchte. Es gibt reichlich Gerüchte, dass man Roman Polanski den Wölfen zum Fraß vorgeworfen hat, um die IRS [Bundessteuerbehörde der USA] milde zu stimmen, die gegen den Schweizer Bank-Giganten UBS wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung amerikanischer Staatsbürger ermittelt. Die Regierung ist so traumatisiert von der IRS und dem ganzen UBS-Skandal, kommentierte der ehemalige Schweizer sozialdemokratische Parlamentarier Jean Ziegler. Wenn irgendeine amerikanische Behörde in der Schweiz um etwas bittet, bekommt sie es innerhalb von 24 Stunden (AP, 29. September 2009).
Egal welche Intrigen die Regierung gegen Polanski spinnt, wir treten dieser empörenden Hexenjagd entgegen, wie wir es von Anfang an getan haben. In den USA lechzen die Moralpolizisten nach Polanskis Blut, darunter auch die New York Times in einem Leitartikel vom 30. September 2009. In Frankreich schlug französischen Regierungsvertretern, die gegen Polanskis Verhaftung protestiert hatten, ein Aufschrei der Entrüstung anderer Politiker entgegen, die forderten, Polanski solle sich der Rechtsprechung in den USA stellen.
Gleichzeitig erhielt Polanski Unterstützung von anderen Filmemachern wie Martin Scorsese und Woody Allen, der selbst Zielscheibe einer Anti-Sex-Hexenjagd war (siehe Woody Allen Crucified on ,Family Values [Woody Allen für ,Familienwerte ans Kreuz geschlagen], (WV Nr. 558, 4. September 1992). Doch viele, die Polanski verteidigen, akzeptieren, dass er 1977 ein Verbrechen begangen habe. Und wie Alexander Cockburn in CounterPunch (2. 4. Oktober 2009) bemerkte, ist die sexuelle Toleranz verkümmert seit jener Zeit, mit zunehmender Hysterie über Pädophilie und der dazugehörigen raschen Zunahme reaktionärer Gesetze.
Wir fordern: Schluss mit den reaktionären Gesetzen über Minderjährigkeit und Unzucht mit Minderjährigen, die einvernehmlichen Sex unrichtigerweise mit Gewaltverbrechen vermengen. Wir lehnen alle Gesetze gegen Verbrechen ohne Opfer ab (wozu auch Glücksspiel, Prostitution, Drogengebrauch und Pornografie zählen). Staat raus aus dem Schlafzimmer! Freiheit für Roman Polanski!
Zur Zeit von Polanskis ursprünglicher Strafverfolgung waren wir in der Linken buchstäblich die einzigen, die ihn verteidigten. Wir drucken nachfolgend unseren Artikel Stop the Puritan Witchhunt Against Roman Polanski! [Schluss mit der puritanischen Hexenjagd gegen Roman Polanski!] erneut ab, der erstmals in WV Nr. 192, 10. Februar 1978, erschien. Die politischen Argumente in diesem Artikel sind heute noch genauso zutreffend wie damals vor mehr als drei Jahrzehnten.
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Der international gefeierte Filmregisseur Roman Polanski ist durch eine bösartige und erbitterte, von den Behörden angezettelte Hexenjagd aus den USA vertrieben worden. Seine juristischen Probleme begannen am 11. März letzten Jahres, als er auf die Anzeige einer Frau hin, er habe ihre 13 Jahre alte Tochter gevögelt, von der Polizei von Los Angeles in der Lobby des Beverly Wilshire Hotels verhaftet wurde. Seitdem ist Polanskis alptraumhafte Strafverfolgung darunter 42 Tage Haft unter entwürdigender psychiatrischer Beobachtung im kalifornischen Staatsgefängnis Chino immer weiter eskaliert.
Polanski wurde kürzlich nach Beendigung der psychiatrischen Diagnose, die angeblich gut ausfiel, aus Chino entlassen. Richter Rittenband vom Superior Court nannte den Bericht sofort Schönfärberei und informierte den Anwalt des Regisseurs von seinem Vorhaben, Polanski zu weiteren 48 Tagen Haft zu verurteilen, gefolgt von freiwilliger Abschiebung. Er gehört nicht in dieses Land, verkündete dieser staatlich bevollmächtigte Moralhüter der Nation. Polanski, der die französische Staatsangehörigkeit besitzt, floh am 1. Februar nach Paris, wo er sich weiterhin aufhält, während die Staatsanwaltschaft Wege zu seiner Auslieferung sucht.
Rittenband, der vor Ort als Henker-Richter bekannt ist, will an Polanski offensichtlich ein Exempel statuieren. Douglas Dalton, der Verteidiger des Angeklagten, betonte, dass von den 44 Personen, die 1976 im Bezirk Los Angeles wegen ähnlicher Anklagen verurteilt worden waren, kein einziger je ins Gefängnis kam. Auch der ehemalige Justizminister des Bundesstaates, Younger, versuchte im Rahmen seiner allgemeinen Kampagne für Recht und Ordnung politisches Kapital aus dem Fall zu schlagen.
Die überregionale Presse hat den Fall mit einer Mischung aus frommer Entrüstung und amüsierter Geringschätzung als weiteren typischen Hollywoodskandal behandelt. Time (28. März 1977) sprach spöttisch von den zwielichtigen Affären des Regisseurs, und die New York Post (2. Februar) widmete dem neuen Hollywood und Polanskis Rattenpack sexuell freizügiger Freunde eine ganze Doppelseite, um ihn als eine Art exotischen, neurotischen Freak darzustellen. Dies ist nicht das erste Mal, dass der Staat unter begeistertem Beifall der Sensationspresse prominente Persönlichkeiten aus Hollywood vertrieben hat. Errol Flynn nach allem, was man hört, ein liebenswerter Mann, der niemals jemandem etwas zu Leide getan hat wurde wegen seiner wohlbekannten Vorliebe für junge Frauen endlos vor die Gerichte gezerrt.
Ingrid Bergman wurde auf dem Höhepunkt der McCarthy-Hexenjagd sogar im Kongress verächtlich gemacht, weil sie es gewagt hatte, ihr heiliges Johanna-von-Orleans-Leinwandimage zu besudeln, als sie von dem italienischen Filmemacher Roberto Rossellini ein uneheliches Kind bekam. Auch Charlie Chaplin wurde aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten vertrieben eindeutig vor allem aus politischen Gründen, aber auch mit einem gehörigen Schuss hässlicher sexueller Anspielungen. Die nachrichtenhungrige Presse bringt regelmäßig Enthüllungen über das glamouröse Hollywood, um damit die Phantasie des Publikums anzuregen das größtenteils in todlangweiligen, ärmlichen und beschränkten Lebensverhältnissen gefangen ist und gleichzeitig dessen Abneigungen gegenüber den Reichen und Berühmten in befriedigende, aber bedeutungslose moralische Empörung zu kanalisieren.
Das wirklich Zwielichtige und Schmutzige am Polanski-Fall ist nicht der eigentliche Vorfall selbst, sondern die widerwärtige offizielle Strafverfolgung und die abscheuliche Scheinheiligkeit der ganzen Sache. Die überregionale Presse hat mit Bedacht den wahren Sachverhalt des Falles ausgespart. Der Regisseur bekannte sich am 8. August des gesetzwidrigen Geschlechtsverkehrs mit einer Minderjährigen für schuldig, wofür im Gegenzug andere sex- und drogenbezogene Anklagepunkte fallengelassen werden sollten, darunter Vergewaltigung, Kindesmissbrauch, oraler Geschlechtsverkehr, Sodomie und Verabreichung von Drogen an eine Minderjährige. Doch Aussagen aus dem Prozess machen deutlich, dass es sich wohl kaum um einen Fall von Vergewaltigung handelte!
Die Los Angeles Times (20. August 1977) beschrieb die Dreizehnjährige, die vergewaltigt zu haben Polanski angeklagt wurde, als eine aufstrebende Schauspielerin, deren Mutter Polanski seit über einem Jahr kannte und ihm die Erlaubnis erteilt hatte, ihre Tochter für die französische Ausgabe des Magazins Vogue zu fotografieren. Einer dieser Fototermine mit dem berühmten Regisseur endete in einen Abend des Sektschlürfens und Nacktbadens im Whirlpool und damit, dass das Mädchen etwas Quaalude (ein modisches Beruhigungsmittel) einnahm. Danach kam es zu Geschlechtsverkehr (in der Presse als Betäubung und Vergewaltigung ausgelegt).
Vor Gericht kam jedoch heraus, dass das Mädchen seit ihrem 10. oder 11. Lebensjahr mit Quaalude experimentiert hatte und dass sie einen 17-jährigen Freund hatte, mit dem sie schon früher Geschlechtsverkehr gehabt hatte. Ein mit dem Fall befasster Polizist beschrieb ihr äußeres Erscheinungsbild als das einer 16- bis 18-Jährigen, und die Mutter des Mädchens beschrieb ihre Tochter während des Prozesses einmal ziemlich widersprüchlich als frühreif mitten im Heranwachsen. Selbst Richter Rittenband sah sich gezwungen, in seinem Bewährungsbericht die überdeutliche sexuelle Reife des Mädchens einzugestehen: Die Beschwerdeführerin war ein gut entwickeltes junges Mädchen, das älter aussah, als es war, und leider in sexuellen Dingen nicht unerfahren war.
Der Vorfall ereignete sich im Haus des Filmstars Jack Nicholson, und dass Polanski angeklagt wurde, war zum Teil auf die Zeugenaussage von Nicholsons damaliger Mitbewohnerin Angelica Houston zurückzuführen, die an jenem Abend später nach Hause gekommen war. Natürlich könnte ihre bereitwillige Kooperation mit der Polizei etwas damit zu tun gehabt haben, dass Polizisten, die die Wohnung nach Beweismaterial durchsuchten, in ihrem Zimmer ein Fläschchen mit Kokain fanden.
Das Sexual- und Gesellschaftsleben im südlichen Kalifornien mit seiner blühenden Drogenkultur und Scharen frühreifer und sexuell aktiver Groupies, die im Dunstkreis der Unterhaltungsindustrie herumhängen, bringt Tausende aufstrebende Schauspielerinnen (und junge männliche Möchtegern-Rockstars) hervor, wie diejenige, der Polanski zu seinem Unglück begegnete. Was auch immer man über die Szene im Allgemeinen denken mag, so lässt doch ihre allzu offensichtliche Realität Rittenbands Versuche, den Freeways und Schlafzimmern von L.A. strenge viktorianische Moral einzubläuen, absurd erscheinen.
Institutionelle Einschränkungen und erzwungene Standards sexueller Betätigung haben von jeher Unterdrückung und Leid hervorgebracht, von dem grausamen feudalen Recht der ersten Nacht und den äußerst ausführlichen Richtlinien der katholischen Kirche über verschiedene sexuelle Sünden bis zur völligen Verleugnung der Sexualität von Frauen und Kindern und der künstlichen Verlängerung des Kindesalters durch die viktorianischen Moralisten. Die vom amerikanischen Staat heutzutage aufrechterhaltenen sexuellen Normen riechen nach Heuchelei in einer Gesellschaft, in der wissenschaftliche Forschung zur menschlichen Sexualität erst jetzt langsam für die breite Masse publiziert wird; wo Durchbrüche in der Schwangerschaftsverhütung die legitime Furcht vor einer Schwangerschaft beseitigt haben, die jahrhundertelang dem sexuellen Vergnügen im Wege stand; und wo strenge, auf Unwissenheit basierende Tabus viel von ihrer Kraft verloren haben.
All diese Gesetze, die im heutigen Amerika Sexualverbrechen definieren, haben im Grunde den Zweck, das abscheuliche und unterdrückerische Gefängnis der Familie zu stützen, seit Jahrhunderten die Hauptinstitution zur Unterdrückung von Frauen und Kindern. Die reaktionäre Stimmung, die durch die Verfolgung abweichenden Sexualverhaltens angestachelt wird, nährt sich auch dadurch, dass die Familie als persönlicher Zufluchtsort in einer feindlichen Welt wahrgenommen wird. Nur ein weitreichenderes gesellschaftliches Konzept von der letztendlichen Ersetzung der Familie im Zuge des Übergangs zu einer klassenlosen Gesellschaft kann die Ängste zerstreuen, dass Verwahrlosung und gesellschaftlicher Zusammenbruch die einzige Alternative zu bürgerlicher Sittsamkeit sind.
Die Ausschlachtung des Polanski-Falles durch die Medien ist mehr als bloße Sensationsmache. Polanskis Verfolgung, wie auch der Wirbel um Kinderpornographie, spielt dem frömmelnden Kreuzzug Rettet unsere Kinder in die Hände, der durch Anita Bryants Hexenjagd gegen Homosexuelle verkörpert wird, eine reaktionäre Offensive, die sich hinter der Unschuld der Kinder versteckt, um durch die unversöhnliche Verfolgung abweichenden Verhaltens bürgerliche Moral durchzusetzen.
Die Schikanierung derjenigen, die man beschuldigt, die vorherrschenden Normen des Familienlebens zu bedrohen, nimmt oft die übelsten Formen an. Im November wurden in Saudi-Arabien eine 23-jährige Prinzessin und ihr nichtadliger Ehemann als Sexualverbrecher hingerichtet. Nach dem Brauch ihres Stammes, der gleichzeitig die saudische herrschende Klasse darstellt, war es gesellschaftlich ganz moralisch, die Frau zu erschießen und dem Ehemann auf dem Marktplatz von Dschidda den Kopf mit dem Schwert abzuhacken. Richter Rittenband hatte nicht die Möglichkeit, Polanski enthaupten zu lassen, um den American Way of Life zu schützen, doch der Grundsatz, dass der Staat das Recht habe, der privaten sexuellen Betätigung eine Norm aufzuzwingen, wird sowohl von der US-Bourgeoisie als auch von den Beduinenscheichs vertreten. Nur ihre Methoden unterscheiden sich ein wenig.
Es werden heute in Amerika wirklich sehr reale und weit verbreitete Sexualverbrechen begangen, doch es sind nicht nur und nicht zwangsläufig diejenigen, die auf den Seiten der Regenbogenpresse breitgetreten werden. Angst, Schuldgefühle und Zwang werden den Jüngsten aufgebürdet, schon wenn sie nur sexuelle Gedanken haben. Heranwachsende Jugendliche werden in Schulen und Colleges einer unmenschlichen und künstlichen Geschlechtertrennung unterzogen. Die religiösen Einschränkungen der katholischen Kirche und anderer religiöser Sekten, einschließlich des orthodoxen Judentums, halten Tausende Frauen in einem endlosen Kreislauf von Armut, Schwangerschaft und immer mehr zu sättigenden Mündern gefangen. Die Alten sind zum Sterben in düsteren und winzigen Räumen eingeschlossen, während ihre Wärter darüber debattieren: Sollte Sex in Altersheimen erlaubt sein?
Unwissend und mit Scham beladen werden Tausende armer junger Frauen ohne die Aussicht auf Unterstützung durch Medicaid (das staatliche Gesundheitsprogramm für Bedürftige) zu gefährlichen Abtreibungen getrieben, während die Reichen sich wie immer zu helfen wissen. Wenn sie noch mehr Pech haben, müssen sie entweder ihre ungewollten Kinder zur Welt bringen oder sich in staatlichen Krankenhäusern für immer sterilisieren lassen, während eine großartige Debatte darüber stattfindet, ob die jungen Leute Verhütungsmitteln und Informationen über Geburtenkontrolle ausgesetzt werden sollten. Darüber hinaus gibt es noch den unsäglichen Frust und die sexuellen Spannungen, die sich in der Familie selbst aufbauen, mit dem dazugehörigen Verprügeln und der brutalen Behandlung der Kinder, einschließlich ihrer sexuellen Misshandlung. Vergewaltigung und diese anderen sehr realen Verbrechen sind zusammen mit der Prostitution, der ewigen Weggefährtin der erzwungenen Monogamie die schmutzige Wirklichkeit hinter der öffentlichen Sittsamkeit.
Polanski wurde zum jüngsten öffentlichen Opfer der rachsüchtigen Versuche des Staates, den puritanischen Mythos am Leben zu erhalten und diese Realität zu verbergen. Selbst aus seinen brillanten und oft eindringlichen Filmen wie Wenn Katelbach kommt..., Das Messer im Wasser, Ekel und jüngst Rosemaries Baby und Chinatown wurde ihm ein Strick gedreht. Ein Manager von Columbia Pictures stöhnte: Roman hat einen solch schlechten Ruf als perverser Filmemacher, dass er wegen seines Werks schuldig gesprochen werden wird (Time, 28. März 1977).
Was sich jedoch aus dem Lebenslauf des Regisseurs herauskristallisiert, ist ein Musterbeispiel erfolgreicher kreativer Leistungen trotz wiederholter Erfahrungen von Gewalt und Tragödien. Als kleiner Junge erlebte Polanski, wie ihm seine Eltern von Nazi-Sturmtruppen entrissen wurden (um für immer in den Konzentrationslagern zu verschwinden). Mit 15 wurde er von einem Irren mit einer Eisenstange fast zu Tode geprügelt. Nachdem er sich im stalinistischen Polen einen Namen als talentierter Filmemacher gemacht hatte, emigrierte er in den Westen wo seine schwangere Ehefrau, die Schauspielerin Sharon Tate, zusammen mit den Freunden des Paares zu Hause von der durchgeknallten Manson-Familie auf abscheuliche Weise abgeschlachtet wurde. Und jetzt musste Polanski die Demütigung und Qual von mehr als einem Monat Gefängnisaufenthalt zur psychiatrischen Beobachtung über sich ergehen lassen. (Wäre das in der Sowjetunion passiert, wo Dissidenten auf barbarische Weise in psychiatrische Kliniken weggesperrt werden, stünde der Regisseur bei Jimmy Carters Menschenrechts-Kampagne bereits hoch im Kurs).
Für den Staat Kalifornien ist Polanski jedoch ein Sexualverbrecher, und es droht weitere Inhaftierung. Kein Wunder, dass das Opfer lieber Amerika verlassen hat. Polanski bemerkte treffend: Sie versuchten 42 Tage lang, mich irre zu machen, doch Gott sei Dank bin ich schlau und reich (New York Post, 7. Februar). Er fuhr fort:
In Amerika, Kalifornien, verliere ich meine Frau, mein Baby, meine Freunde, vielleicht auch meinen Verstand und fast meine Freiheit. Nein, sage ich, nein! Die Nazis konnten ihn mir nicht nehmen und auch nicht der Schmerz über meine Verluste. Und diese kleine Hure und die Gesetze Kaliforniens werden es auch nicht können. Ich habe viel gegeben, und sie haben mir zu viel genommen.
Gut für ihn. Wir freuen uns, dass dieses Martyrium einer puritanischen Hexenjagd Roman Polanskis Geist nicht gebrochen hat.
Der Polanski-Fall hat die verderblichen Ängste und die grausame Unterdrückung, die der bürgerlichen Moral zugrunde liegen, aufgerüttelt. Als Kommunisten sind wir gegen jegliche Versuche, die menschliche Sexualität in gesetzlich geregelte oder vorgeschriebene Normen zu zwängen. Das leitende Prinzip für sexuelle Beziehungen sollte wirkliche Einwilligung sein das heißt nichts weiter als gegenseitiges Einverständnis und beiderseitige Zustimmung im Gegensatz zu Zwang. Wir sind überzeugt, dass jegliche einvernehmliche Beziehungen zwischen Individuen ganz allein sie selbst etwas angehen und dass der Staat kein Recht hat, sich in menschliche sexuelle Aktivitäten einzumischen.
Weg mit den Anklagen gegen Roman Polanski! Keine Auslieferung! Schluss mit der puritanischen Hexenjagd!