Spartakist Nr. 184

Juli 2010

 

Verteidigt Nordkorea gegen imperialistische Drohungen!

Nachfolgender Artikel ist übersetzt aus Workers Vanguard Nr. 960, 4. Juni, Zeitung unserer amerikanischen Schwesterorganisation Spartacist League/U.S.

31. Mai – Die Regierung von Barack Obama und die Juniorpartner des US-Imperialismus in Seoul haben den Untergang eines südkoreanischen Kriegsschiffes, der Cheonan, am 26. März vor Nordkoreas Westküste zum Anlass genommen, ihre Drohungen und Provokationen gegen Nordkorea stark zu eskalieren. Während ihrer Reise durch asiatische Hauptstädte prangerte US-Außenministerin Hillary Clinton den Vorfall als „nicht akzeptable Provokation“ seitens Nordkoreas an. Südkoreas rechter Präsident Lee Myung-bak kündigte an, seine Regierung werde den Handel mit Nordkorea fast völlig einstellen, und er drängte auf einen Beschluss des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, der zu weiteren Sanktionen führen könnte. Die USA und Südkorea kündigten für Juni gemeinsame Marineübungen an, wo auch trainiert werden soll, nordkoreanische Handelsschiffe abzufangen, die beschuldigt werden, „verbotene Ladung“ mitzuführen.

Für uns als Marxisten sind bei dieser Affäre nicht die Behauptungen entscheidend, wer für den Untergang verantwortlich war, sondern Klassenkriterien: Obwohl Nordkorea die Last einer nationalistischen stalinistischen Bürokratie am Hals hat, ist es ein Arbeiterstaat, der auf dem Sturz der kapitalistischen Herrschaft basiert. Es ist im starken Interesse des Proletariats auf der ganzen Welt, für die bedingungslose militärische Verteidigung Nordkoreas gegen den kapitalistischen Süden, den amerikanischen und japanischen Imperialismus und auch gegen einheimische kapitalistische Konterrevolution einzustehen. Das schließt auch ein, Nordkoreas Entwicklung eines Nuklearwaffenpotenzials zu verteidigen.

Seit die Herrschaft der Kapitalisten/Großgrundbesitzer in Nordkorea nach dem Zweiten Weltkrieg gestürzt wurde, versuchten die US-Imperialisten andauernd, das Land zu zerstören. Zu jener Zeit fegten gewaltige soziale Erhebungen über die koreanische Halbinsel, im Norden begünstigt durch die Präsenz der sowjetischen Armee. Ergebnis davon war die Befreiung dieses Teils des Landes von imperialistischer Vorherrschaft und die Einrichtung proletarischer, vergesellschafteter Eigentumsformen.

Unter der Ägide der UNO verwüsteten die USA und ihre imperialistischen Verbündeten im Koreakrieg 1950–53 die Halbinsel, sie töteten etwa drei Millionen Menschen bei ihrem Versuch, nicht nur die soziale Revolution in Korea zu zerschlagen, sondern auch die Chinesische Revolution von 1949. Nach einer massiven chinesischen Militärintervention auf Seite des Nordens endete der Krieg in einem Patt am 38. Breitengrad. Seit jener Zeit hielt der US-Imperialismus eine starke militärische Präsenz im Süden aufrecht und half mehr als drei Jahrzehnte lang dabei, eine Reihe mörderischer Militärregime zu stützen. In jüngerer Zeit war es Südkorea aufgrund seiner wirtschaftlichen Entwicklung möglich, sein eigenes Militär zu modernisieren, was die USA in die Lage versetzte, ihre Streitkräfte zu reduzieren. Trotzdem sind weiterhin etwa 26 000 US-Soldaten in Südkorea stationiert – ein Dolch, der sich sowohl gegen die kämpferische südkoreanische Arbeiterklasse richtet als auch gegen den bürokratisch deformierten Arbeiterstaat Nordkorea, dessen bloße Existenz Washington daran erinnert, dass sie es nicht schafften, in Ostasien „den Kommunismus zurückzurollen“. Sofortiger Abzug aller US-Truppen aus Korea!

Was auch immer tatsächlich in der Nacht des 26. März passierte: Es ist klar, dass die „offizielle“ Geschichte zum Himmel stinkt. Zunächst spielten Sprecher der USA und Südkoreas eine Verwicklung Nordkoreas herunter, dann sagten sie, das Schiff sei vielleicht aufgrund einer Mine aus dem Koreakrieg gesunken, und erst nach fast zwei Monaten lieferten sie dann einen Bericht (der noch nicht veröffentlicht ist), in dem behauptet wird, ein nordkoreanischer Torpedo sei verantwortlich. Als ein Mitglied des Untersuchungsteams sagte, es scheine, dass der Untergang der Cheonan ein Unfall gewesen sei und dass Beweismittel, die vermeintlich Nordkorea damit in Verbindung bringen, manipuliert worden seien, wurde er von der Staatsanwaltschaft zum Verhör befohlen und das Verteidigungsministerium forderte, die Nationalversammlung solle ihn wegen „Erregung öffentlichen Misstrauens“ aus der Untersuchung ausschließen (Bloomberg Businessweek, 29. Mai).

Inzwischen brandmarkte ein Militärsprecher des Pjöngjang-Regimes den Vorfall als „Lügenmärchen und Farce, in Szene gesetzt von den Marionettenbehörden in Südkorea“, wie die nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA (28. Mai) berichtete. Tatsächlich ist Südkoreas „Untersuchung“ etwa so glaubwürdig wie Washingtons Erklärungen nach dem Vorfall 1964 im Golf von Tonkin, der inszeniert wurde, um den schmutzigen Krieg der USA gegen die vietnamesischen Arbeiter und Bauern zu eskalieren. Und wer erinnert sich nicht an die verlogenen Behauptungen der USA, der Irak unter Saddam Hussein hätte „Massenvernichtungswaffen“, was als Vorwand für die US-geführte Invasion im Jahr 2003 diente. Aber selbst wenn Nordkoreas Marine die Cheonan wirklich versenkt haben sollte, wäre es ein Akt der Verteidigung gegen wiederholte Provokationen der USA und Südkoreas.

Das Gebiet, in dem das Schiff versank, etwas westlich der Insel Baengnyeong, war schon seit Jahren Schauplatz südkoreanischer Provokationen gegen den Norden. Die Insel Baengnyeong ist weniger als 17 Kilometer von Nordkoreas Westküste entfernt und liegt näher an Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang als jeder andere Teil südkoreanischen Territoriums. Die Gewässer vor dieser Insel wurden durch die „Northern Limit Line“ von Nordkorea getrennt, eine völlig künstliche „Grenze“, die die US-Besatzer nach dem Koreakrieg einseitig zogen und die der Norden nie anerkannte. Dieses imperialistische Manöver leistete gute Dienste. 1999 versank ein nordkoreanisches Schiff nach Beschuss durch Südkorea, 20 Seeleute wurden vermisst. 2002 gab es auf Seiten Nordkoreas mindestens 30 Tote durch einen Schusswechsel mit südkoreanischen Kriegsschiffen. Und letzten November wurde ein nordkoreanisches Patrouillenboot schwer beschädigt und mindestens ein Seemann getötet, nachdem südkoreanische Schiffe tausende Salven abgefeuert hatten. Man beachte, dass kurz vor dem Vorfall mit der Cheonan Militärübungen mit etwa 26 000 Soldaten der USA und Südkoreas stattfanden, nur wenig südlich eben dieser Gewässer.

Das imperialistische Japan, dessen 40 Jahre andauernde, besonders bösartige Kolonialbesetzung Koreas erst durch Japans Niederlage im Zweiten Weltkrieg endete, hat die Provokationen gegen Nordkorea von vorne bis hinten unterstützt. Die japanischen Medien sind voll von Aufrufen für gemeinsame Militärmanöver von USA und Südkorea, da dies den Norden zwänge, sich „permanent auf Krieg vorzubereiten“ und damit weiter die Wirtschaft verwüsten würde. Die Sozialdemokratische Partei (SDP) und die sozialpatriotische Kommunistische Partei Japans (JCP) stimmten in den reaktionären Chor mit ein, und die JCP verurteilte die „gesetzlose und gewaltsame Militäraktion“ Nordkoreas (Akahata, 22. Mai).

Yukio Hatoyama, der als japanischer Ministerpräsident mit dem Versprechen kandidiert hatte, die US-Militärbasis in Okinawa zu schließen, verwies letzte Woche auf „die Situation auf der koreanischen Halbinsel“ und die Notwendigkeit einer „Abschreckungsmacht“ als Begründung dafür, einem Erhalt der US-Basis zuzustimmen. Diese Entscheidung entfachte erneut einen Aufruhr in Japan, wo wiederholt Tausende gegen die US-Präsenz in Okinawa protestiert hatten, und erzwang den Rückzug der SDP aus der Koalitionsregierung. Als revolutionäre Gegner des US-Imperialismus fordern wir den Abzug aller US-Basen und -Soldaten aus Japan, diese stellen eine besondere Drohung gegenüber den deformierten Arbeiterstaaten Nordkorea und China dar. Die Spartacist League/U.S. schließt sich unseren Genossen der Spartacist-Gruppe Japan an und fordert: Zerschlagt das konterrevolutionäre Bündnis des US- und japanischen Imperialismus durch Arbeiterrevolution auf beiden Seiten des Pazifiks! Keinen Mann, keinen Pfennig für das bürgerliche Militär!

Die größte Bedrohung für die Arbeiter und Unterdrückten der Welt ist der US-Imperialismus, dessen Herrscher nicht nur die Mittel angehäuft haben, die Welt mehrfach zu zerstören, sondern die auch bereits einen nuklearen Holocaust durchführten, als sie 1945 durch die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki etwa 200 000 Japaner einäscherten. Indem Nordkorea die Verletzung des Atomwaffen-Sperrvertrags vorgeworfen wird, macht Obamas kürzlich veröffentlichte aktuelle Ausgabe der „Nuclear Posture Review“ [etwa: Stand der atomaren Situation, herausgegeben von der US-Regierung] das Land weiterhin zur Zielscheibe eines Nuklearschlags. Angesichts solcher Drohungen ist es für Nordkorea nicht nur rational, sondern notwendig, seine Entwicklung atomarer Waffen und entsprechender Trägersysteme fortzuführen, um einen imperialistischen Angriff abzuschrecken.

Die Verteidigung des nordkoreanischen und anderer deformierter Arbeiterstaaten wird untergraben durch die Herrschaft ihrer nationalistischen stalinistischen Bürokratien, deren Politik zusammengefasst ist in dem Dogma vom „Aufbau des Sozialismus in einem Land“. Die privilegierten Bürokratien stellen sich gegen den Kampf für internationale proletarische Revolution und suchen stattdessen vergeblich nach „friedlicher Koexistenz“ mit dem Imperialismus. Bis jetzt hat sich der chinesische Premierminister Wen Jiabao trotz intensiven Drucks seitens der USA geweigert, Nordkorea wegen Versenkung der Cheonan zu verurteilen. Aber 2006 und erneut 2009 stimmte das chinesische stalinistische Regime nach Raketentests von Pjöngjang kriminellerweise im UN-Sicherheitsrat für Sanktionen gegen Nordkorea. Die Sanktionen von 2009 ermutigten Mitgliedsstaaten der UN, Frachtschiffe und Flugzeuge Nordkoreas, die des Transports militärischen Materials „verdächtig“ waren, zu inspizieren.

Ebenso versuchte Beijing verräterischerweise, Pjöngjang dazu zu drängen, die „Sechser-Gespräche“ (USA, China, Japan, Russland und die zwei koreanischen Staaten) wieder aufzunehmen, deren Ziel es ist, Nordkorea zu entwaffnen. Beijings unterwürfige Besänftigung des Imperialismus gefährdet nicht nur Nordkorea, sondern unterminiert auch gefährlich die Verteidigung Chinas selbst – das Hauptziel des imperialistischen Drangs nach kapitalistischer Konterrevolution.

Auf ähnliche Weise unterminiert der extreme Nationalismus von Kim Jong Ils Vetternwirtschaftsregime die Verteidigung Nordkoreas. Die Stalinisten in Pjöngjang fordern schon lange die „friedliche Wiedervereinigung“ mit dem Süden – ein Rezept, um Korea auf kapitalistischer Basis wiederzuvereinen. Viele Südkoreaner fühlen sich in irgendeiner Weise solidarisch mit dem Norden, was auf starken nationalistischen Gefühlen basiert, genährt von einem Jahrhundert der Oberherrschaft durch den japanischen und den amerikanischen Imperialismus. Tatsächlich glaubt ein Viertel der Bevölkerung Berichten zufolge nicht, dass Seouls Darstellungen über die Cheonan der Wahrheit entsprechen. Aber Korea ist entlang einer Klassenlinie geteilt. Der koreanische Nationalismus, der sowohl von der Bürokratie Nordkoreas als auch von der Linken in Südkorea propagiert wird, führt nur dazu, die machtvolle und kämpferische Arbeiterklasse Südkoreas an ihre eigene herrschende Klasse zu ketten. Wir kämpfen für die revolutionäre Wiedervereinigung Koreas durch sozialistische Revolution im Süden und proletarisch-politische Revolution im Norden.

Die Verteidigung von China und Nordkorea ebenso wie der deformierten Arbeiterstaaten Vietnam und Kuba ist untrennbar verbunden mit dem Kampf für sozialistische Revolutionen in den fortgeschrittenen kapitalistischen Gesellschaften – wichtig für Asien ist hier der Kampf im industriellen Machtzentrum Japan sowie im Innern der US-imperialistischen Bestie. Die Internationale Kommunistische Liga hat das Ziel, die proletarischen Avantgardeparteien zu schmieden, die nötig sind, um diese Aufgabe durchzuführen.