Spartakist Nr. 193 |
Mai 2012 |
Südafrika: Für Klassenkampf gegen parasitäre Zeitarbeitsfirmen!
Seit dem letzten Jahr fegen immer wieder Streikwellen durch Südafrika – der ausgedehnteste Aufschwung von Arbeiterkämpfen, den das Land seit Jahren erlebt hat. Kommunale Arbeiter im öffentlichen Dienst streikten landesweit; auch Reinigungskräfte, die hauptsächlich bei Niedriglohn-Zeitarbeitsfirmen, bekannt als Labor Brokers, angestellt sind, streikten drei Wochen lang. In Gold- und Kohlebergwerken, Papier- und Chemiefabriken und Betrieben der Stahl- und Maschinenbauindustrie traten Arbeiter in den Ausstand. Seit Anfang diesen Jahres streikten Arbeiter in Platinminen, so in Rustenburg, betrieben vom weltweit zweitgrößten Platin-Produzenten Implats. Um diesen Streik zu brechen, feuerten die Bosse 17 200 Bergarbeiter und wollen sie jetzt zu niedrigeren Löhnen und schlechteren Bedingungen wieder einstellen. Die verräterische Gewerkschaftsbürokratie der NUM (National Union of Mineworkers) stellte sich dabei offen auf die Seite der Bosse (siehe „Platinum Miners Fight Mass Firings“, Extrablatt von Spartacist South Africa, abgedruckt in Workers Vanguard Nr. 997, 2. März). Am 7. März gingen in einem landesweiten Protest, organisiert vom Gewerkschaftsdachverband COSATU, bis zu 100 000 Menschen auf die Straße. Eines der größten Goldbergwerke Südafrikas, Goldfields, wurde lahmgelegt, weil 85 Prozent der Arbeiter dem Streikaufruf gefolgt waren.
Diese militanten Streiks sind ein Gradmesser für die tiefgehende und explosive Unzufriedenheit in diesem Land, in dem die Unterschiede zwischen arm und reich so tiefgehend sind wie sonst kaum auf dem Globus. Etwa 57 Prozent der Südafrikaner leben von 325 Rand (31 Euro) im Monat, während Betriebsmanager durchschnittlich 59 Millionen Rand (5,7 Millionen Euro) im Jahr verdienen. Die Streikwelle wird begleitet von andauernden Kämpfen in den Townships, um fehlende „Versorgungsleistungen“ einzufordern – Wohnungen, Stromversorgung, Wasserleitungen usw.
In den meisten der jüngsten Streiks wurde die Forderung nach einem Verbot von Zeitarbeitsfirmen erhoben, die noch niedrigere Löhne zahlen als die bereits jämmerliche Norm, die für superausgebeutete, vornehmlich schwarze Arbeiter gilt. Die Arbeiter bekommen in diesen Firmen auch keine Versorgungsleistungen und können jederzeit willkürlich gekündigt werden. In der gesamten kapitalistischen Welt hat die Bourgeoisie zunehmend befristete und Teilzeitstellen und andere Formen „prekärer“ Arbeit eingeführt, um Löhne und Arbeitsbedingungen anzugreifen.
Der folgende Artikel ist übersetzt aus Spartacist South Africa Nr. 7 (Winter 2011), Zeitung der südafrikanischen Sektion der Internationalen Kommunistischen Liga (Vierte Internationalisten).
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Im Südafrika der Neo-Apartheid rückt zunehmend die verschärfte Ausbeutung durch Zeitarbeitsfirmen ins Rampenlicht; der größte Gewerkschaftsverband, der Kongress Südafrikanischer Gewerkschaften (COSATU), und andere haben in einer Reihe von Streiks und Appellen an die Regierung die Forderung nach einem Verbot der Labor Broker erhoben. Der COSATU-Führung geht es bei diesen Appellen darum, Illusionen in den bürgerlichen Afrikanischen Nationalkongress (ANC) und die vom ANC geführte kapitalistische Regierung zu verbreiten, der die COSATU-Bürokratie als Mitglied der Dreierallianz angehört. Gebetsmühlenhaft flehen sie den ANC an, hart gegen Zeitarbeitsfirmen vorzugehen, um die auf der Polokwane-Konferenz des ANC vom Dezember 2007 festgelegte sogenannte „Agenda für gute Arbeit“ umzusetzen.
Diese Illusionen bewirken nur, den Kampf gegen Zeitarbeits-Sklaverei zu untergraben – ein Kampf, der auf dem einzigen wirkungsvollen Verteidigungsmittel der Arbeiter gegen kapitalistische Verelendung basieren muss: Klassenkampf unabhängig von den und gegen die Kapitalisten, ihre Regierungen und ihre politischen Parteien. Auf eben dieser Polokwane-Konferenz wurde Jacob Zuma zum ANC-Führer gewählt, mit kräftiger Unterstützung von COSATU, der reformistischen Kommunistischen Partei Südafrikas (SACP) stalinistischer Herkunft und des unverhohlen antikommunistischen bürgerlich-nationalistischen ANC-Jugendbundes Julius Malemas. Seit Zuma ANC-Führer und später, nach den Parlamentswahlen vom April 2009, Präsident wurde, hat er erwartungsgemäß von seiner Rhetorik über „gute Arbeit“ und ein „Verbot“ von Zeitarbeitsfirmen abgelassen zugunsten von Regelungen, die für die Bosse eher akzeptabel sind.
Kapitalisten und ihre Regierungen nutzen die Dienste von Zeitarbeitsfirmen als kostensenkende Maßnahme, um ihre Profite zu maximieren. Zeitarbeitsvermittlung und andere Formen der Prekarisierung dienen dazu, gewerkschaftliche Organisierung zu untergraben, die allgemeinen Arbeitsbedingungen zu verschlechtern und das Arbeitsrecht auszuhebeln. Der Löwenanteil der in den letzten paar Jahren geschaffenen Arbeitsplätze zählt zu diesem Bereich prekärer, unsicherer Arbeit mit längeren Arbeitszeiten, unsicheren Arbeitsbedingungen und niedrigeren Löhnen. Zum Beispiel war eine der Hauptforderungen der Food and Allied Workers Union bei den kürzlichen Streiks in Supermärkten höherer Lohn für Zeitarbeiter, die im Gegensatz zu den 6000 Rand für Festangestellte bei gleicher Arbeit nur zwischen 1800 und 2500 Rand bekommen (Sowetan, 4. April 2011). Dies bedeutet einen um 60 Prozent geringeren Lohn. Es gibt noch weitere Sklavenbedingungen, zu denen diese Arbeiter schuften: Zum Beispiel gibt es meist keine sozialen Zusatzleistungen wie Rentenversicherung, Krankenversorgung, Zulagen, Jahresurlaub, Krankengeld, Arbeitsunfallversicherung usw.
Spartacist Südafrika, Sektion der Internationalen Kommunistischen Liga (Vierte Internationalisten), tritt für die Zerschlagung der parasitären Zeitarbeits-Zwischenhändler durch klassenkämpferische Mittel ein. Wir kämpfen für gewerkschaftliche Kontrolle von Einstellung und Beförderung. Unter dem Kapitalismus ist dies die einzige Möglichkeit, die Versuche der Unternehmer zu untergraben, Einstellung als Werkzeug zur Spaltung der Arbeiterklasse entlang rassischer, ethnischer, nationaler oder religiöser Trennlinien oder als Mittel zur Aussonderung von kämpferischen Gewerkschaftsunterstützern zu missbrauchen. Nur mittels der Gewerkschaften und anderer Organisationen der Arbeiterklasse ist es möglich, für faire, gleiche und objektive Einstellungskriterien für neue Arbeiter und gegen Diskriminierung und Verfolgung zu kämpfen.
Diese Forderungen müssen in den Kampf mit den Bossen über die Arbeitsbedingungen einbezogen und mit einem politischen Kampf gegen die prokapitalistische, nationalistische Politik der gegenwärtigen verräterischen Gewerkschaftsführer verbunden werden. Es ist notwendig, eine klassenkämpferische Führung zu schmieden, um die Macht der Gewerkschaften in einem breiteren Kampf gegen kapitalistisches Elend zu mobilisieren und Arbeiter, Arbeitslose und andere unterdrückte Schichten gegen den gemeinsamen Feind zu vereinen – zur Organisierung der Unorganisierten, zur Verteidigung von Immigranten, Arbeiterinnen und anderen verletzlicheren Teilen der Arbeiterklasse und zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit besonders unter schwarzen Jugendlichen durch ein Programm von Arbeit für alle durch Verteilung der vorhandenen Arbeit auf alle Arbeiter ohne Lohnverlust. Dies alles setzt für die Arbeiterklasse die Frage der Notwendigkeit eines Kampfes um die Macht auf die Tagesordnung.
Parasitäre Zwischenhändler
Zeitarbeit ist die Praxis, Beschäftigte einzusetzen, die ein Dritter (die Zeitarbeitsfirma) zur Verfügung stellt. Zeitarbeitsfirmen verkaufen ihre Dienste einer Kundenfirma, die sie für ihren Bedarf an Arbeitskräften bezahlt. Die Zeitarbeitsfirma bezahlt dem Arbeiter einen kärglichen, zum Leben nicht ausreichenden Anteil des Preises der Arbeitskraft, die der Arbeiter dem Kunden zur Verfügung stellt, und sackt den Rest ein. Der Arbeiter ist an dem Vertrag über die Bedingungen, unter denen er seine Arbeit verrichtet, nicht beteiligt.
Das allgemein niedrige Lohnniveau südafrikanischer Arbeiter spielt die Hauptrolle bei der Superausbeutung von (vor allem schwarzer) Arbeitskraft, was vom Kolonialismus und der Apartheid perfektioniert und vom Neo-Apartheid-Kapitalismus nach 1994 aufrechterhalten wurde. Das bedeutet, dass die meisten Arbeiter größere Anschaffungen wie Unterkunft, Möbel oder sogar eine ordentliche Ausbildung für ihre Kinder nur tätigen können, wenn sie ihre Rente verpfänden oder zusammen mit Arbeitskollegen Sparvereine mit revolvierendem Kredit (Stokvels) gründen. Mandla Simelane zum Beispiel ist Maschinist bei Transnet [nationales Schifffahrts- und Frachtunternehmen], er verdient 3500 Rand im Monat und hat seit sieben Jahren keine Reallohnerhöhung bekommen. Seine Krankenversicherung wird in privaten Krankenhäusern nicht anerkannt – die Zustände in öffentlichen Krankenhäusern sind entsetzlich – und er hat auch keinen Zugang zu Krediten für ein Haus oder eine Wohnung. Dreizehn Prozent seines Lohns gehen für Verkehrsmittel drauf und mit dem Rest kann er seine Frau und die zwei Kinder nicht ernähren. „So muss ich mein ganzes Leben mieten“, sagt er, „mein ganzes Leben ist zu vermieten. Ich lebe in einem Schuldenkreislauf. Ich komme von den Schulden nicht herunter, weil ich von diesem Lohn die einfachen Lebenshaltungskosten einfach nicht bezahlen kann. Ich werde von Kredithaien am Leben erhalten und sie leben von mir. Das ist das Leben, das Transnet für uns alle vorsieht“ (South African Labour Bulletin, August/September 2010).
Was man braucht, um mit niedrigem Lohn zurechtzukommen, ist ein Dauerarbeitsverhältnis, und das ist für Zeitarbeiter und andere Gelegenheitsarbeiter unerreichbar, was sie dazu zwingt, von der Hand in den Mund zu leben. Dieselbe Ausgabe des South African Labour Bulletin berichtete über den Fall eines Transnet-Arbeiters, der seit über 30 Jahren dabei ist, davon die letzten 20 Jahre mit „befristeten“ Verträgen, und der im Monat nur 2000 Rand netto verdient! Transnet ist eines der „halbstaatlichen“ Unternehmen, die von der ANC/Allianz-Regierung geleitet werden.
Zeitarbeitsfirmen werden eingesetzt, um gewerkschaftliche Organisierung zu untergraben und vorhandene Errungenschaften rückgängig zu machen. In einigen Fällen haben Unternehmen ganze Abteilungen entlassen und dieselben Arbeiter über Zeitarbeitsfirmen zu einem geringeren Lohn und mit weniger Zusatzleistungen wieder eingestellt. Durch den Einsatz von Zeitarbeitsfirmen können sich die Bosse rechtlich dagegen absichern, für Arbeitsbedingungen zur Rechenschaft gezogen zu werden. Dies macht das Recht auf kollektive Tarifverhandlungen zunichte, für dessen Erlangung die organisierten Arbeiter im Kampf für gewerkschaftliche Anerkennung unter der Apartheid so viele Opfer gebracht haben. Der Hauptgrund, weshalb es so schwierig ist, Zeitarbeiter in Gewerkschaften zu organisieren, ist die fehlende Arbeitsplatzsicherheit. Zeitarbeitsfirmen können Arbeiter, die einer Gewerkschaft beitreten, einfach durch andere ersetzen. Außerdem werden Zeitarbeitsfirmen während Streiks dazu benutzt, Streikbrecher heranzukarren, ein weiterer Angriff auf die Gewerkschaften.
Betriebliche Sozialleistungen und andere Errungenschaften der Arbeiterklasse werden unter dem Kapitalismus durch Klassenkampf erzwungen und verteidigt, nicht durch irgendwelche Hinterzimmerverhandlungen oder einen verräterischen sogenannten „Sozialvertrag“ mit den Kapitalisten und deren Regierung. Ein Beispiel für letzteres ist die Teilnahme von COSATU und anderen Gewerkschaften am National Economic Development and Labour Council (NEDLAC), einem institutionalisierten Gebilde der Klassenzusammenarbeit, an dem sich Gewerkschaften, die Kapitalisten und deren Regierung beteiligen. NEDLAC wurde als Berater damit beauftragt, eine Übereinkunft auszuhandeln für die anstehende Gesetzgebung entweder zur Reglementierung oder zum Verbot von Zeitarbeitsfirmen. Wir lehnen solche Ausverkaufs-„Partnerschaften“ mit dem kapitalistischen Klassenfeind ab. Die Vorstellung, dass auch für die Arbeiter gut sei, was den Kapitalisten nützt, oder dass die Regierung der Bosse dazu gedrängt werden könne, den Interessen der Ausgebeuteten zu dienen, ist eine Lüge, die von der Gewerkschaftsbürokratie als Rechtfertigung für ihren Verrat und ihre Sabotage am Kampf der Arbeiterklasse verbreitet wird. Die Arbeiter müssen verstehen, dass jegliche Errungenschaften, die sie erkämpfen, im Kapitalismus ständigen Angriffen ausgesetzt sind und nur durch den Sturz des gesamten Systems garantiert werden können, das auf der Produktion für Profit durch Ausbeutung von Arbeitskraft basiert. Auf den Ruinen des verfaulenden kapitalistischen Systems muss eine sozialistische Planwirtschaft errichtet werden, die sich auf proletarische Staatsmacht stützt.
Es ist von entscheidender Bedeutung, dass vollzeitbeschäftigte, gewerkschaftlich organisierte Arbeiter zu ihrer Selbstverteidigung und aus Klassensolidarität für die Festanstellung der angreifbareren Zeitarbeiter unter den gleichen Bedingungen und mit den gleichen Vergünstigungen kämpfen. Der Kampf zur Verteidigung der von Zeitarbeitsfirmen vermittelten Arbeiter muss verbunden werden mit einem Kampf zur Organisierung der Unorganisierten und zur Verteidigung von immigrierten Arbeitern und anderen aus den unterdrücktesten Schichten der Arbeiterklasse, die zu einem überproportionalen Anteil in Zeitarbeitsjobs gezwungen werden.
Eine Reihe von streikenden Arbeitern hat in Klassenschlachten gegen die Kapitalisten und deren Regierung Errungenschaften für Zeitarbeiter erkämpft. Einen wichtigen Sieg im Kampf gegen Zeitarbeitsfirmen errang die National Union of Metalworkers of South Africa (NUMSA, Metallarbeitergewerkschaft) im Autostreik vom August 2010 gegen die Automobile Manufacturers Employers Organisation (AMEO, Unternehmerverband der Autohersteller). AMEO wurde das Einverständnis abgerungen, sich ab Januar 2011 keiner Zeitarbeitsfirmen mehr zu bedienen, die bestehenden Verträge können auslaufen. Ähnliche Erfolge konnte NUMSA in Streiks zugunsten der Zeitarbeiter im Motorensektor erzielen (dazu gehören Autoteile-Hersteller, Beschäftigte an Tankstellen, Karosseriebauer und andere Werkstatt-Arbeiter). Diese Errungenschaften sind unter anderem branchenweite Mindestlöhne, Sozialleistungen wie Renten-, Sterbe-, Arbeitsunfähigkeits- und Krankenversicherung. Doch diesen Unternehmen konnte NUMSA nur das Zugeständnis eines schrittweisen Ausstiegs aus der Zeitarbeit abringen.
Freunde von Spartacist South Africa und Workers Vanguard in der Industrie berichteten, dass die Unternehmer im Motorsektor seitdem versucht haben, die Absprachen über einen schrittweisen Ausstieg aus der Zeitarbeit und unbefristete Einstellung von Zeitarbeitern zu brechen. Anstatt die soziale Macht der Gewerkschaftsmitglieder, die dieses Zugeständnis überhaupt erst errungen haben, zu mobilisieren, legten die NUMSA-Bürokraten diese Frage der Commission for Conciliation, Mediation and Arbitration (CCMA, Kommission für Versöhnung, Vermittlung und Schlichtung) vor. Dieses sklavische Vertrauen in die Gerichte der Bosse ist eine Ablenkung vom Klassenkampf, es demoralisiert die Arbeiter und bereitet Niederlagen den Weg. Die einzige Sprache, die die Kapitalisten verstehen, ist die, die ihre Profite trifft.
Es liegt nicht im Interesse der in der Autoindustrie beschäftigten Arbeiter, in getrennte und deshalb schwächere Verhandlungseinheiten aufgegliedert zu sein (Autosektor für Autohersteller; Motorensektor für Teilehersteller und andere; Gummisektor für Reifenhersteller). Diese Aufteilung dient nur dazu, die gemeinschaftliche Stärke dieser Arbeiter zu untergraben. Als im September 2010 die Teilehersteller streikten, mussten Autoarbeiter, die zur gleichen Gewerkschaft gehörten, nach Hause geschickt werden, weil sie ohne diese Teile nicht arbeiten konnten, während eigentlich alle zusammen in denselben Streik hätten treten müssen. Der Reifen- und Gummi-Streik vom 30. August 2010 hatte das gleiche Potenzial, die Autoproduktion zum Stillstand zu bringen.
Wir treten ein für Industriegewerkschaften, das heißt, dass alle Arbeiter in demselben Industriezweig derselben Gewerkschaft angehören und derselben Tarifverhandlungseinheit zugeordnet sein sollten. Arbeiter in der gleichen Industriebranche sind zudem auch in verschiedene Gewerkschaften aufgespalten, die je nach politischer Ausrichtung verschiedenen Gewerkschaftsverbänden angehören. Es sollte ungeachtet politischer Zugehörigkeit nur eine einzige Gewerkschaft pro Industriezweig geben. Die Stärke der Arbeiterklasse liegt in ihrer Zahl, ihrer Organisation und ihrer Disziplin.
Im Mai 2010 brachte der Transnet-Streik der South African Transport and Allied Workers Union (der COSATU angeschlossen) und der United Transport and Allied Trade Union (der FEDUSA, Federation of Unions of South Africa, angeschlossen) sowohl Exporte als auch Importe knallhart zum Erliegen. Dieser Streik errang für etwa 1000 der mehr als 5000 Zeitarbeiter bei Transnet eine unbefristete Anstellung. Während des Streiks waren die Arbeiter auf der Hut vor ihren verräterischen Führern und warnten: „Der Streik gehört uns, nicht unseren Führern. Sie geben uns Rückmeldung nach Verhandlungen, und wenn wir ablehnen, müssen sie zurückgehen. Die Führer entscheiden nicht, das tun wir“ (South African Labour Bulletin, August/September 2010). Dies zeugt zwar von wirklichem Misstrauen der Gewerkschaftsmitglieder gegenüber ihren Führern, aber entscheidend ist eine organisierte politische Opposition gegen das klassenkollaborationistische Vertrauen der Gewerkschaftsspitzen in den bürgerlichen Staat und seine Politiker.
Klassenkampf zur Zerschlagung von Zeitarbeit ist dem Vertrauen in den kapitalistischen Staat, wie es von der pro-kapitalistischen COSATU-Führung verbreitet wird, entgegengesetzt und keine Ergänzung dazu. Die Gewerkschaftsmitglieder, die in ihren Streiks das Verbot von Zeitarbeitsfirmen fordern – Streiks, die den Gewerkschaftsführern gegen deren Willen aufgezwungen wurden –, kämpfen für ihre elementaren Klasseninteressen gegen einen konzertierten Angriff der herrschenden Kapitalistenklasse. Die reformistische COSATU-Führung ist Bestandteil der bürgerlichen Dreierallianz-Regierung, deren Aufgabe es ist, die Herrschaft und die Profite der Bosse gegen die Arbeiter zu verteidigen. Die Appelle von [COSATU-Chef Zwelinzima] Vavi und Co. an die arbeiterfeindliche Zuma-Regierung, Gesetze zum Verbot von Zeitarbeitsfirmen in Kraft zu setzen, sind dazu gedacht, ihre Rolle als loyale (wenn auch manchmal „kritische“) Partner der Klassenzusammenarbeit zu wahren, um ihre Basis in der Arbeiterklasse umso wirkungsvoller zu kontrollieren und zu verraten.
Die COSATU-Spitzen verbreiten die utopische Vorstellung, dass die Regierung dazu gebracht werden könne, im Interesse der Arbeiter anstatt der Kapitalisten zu handeln. Diese Lüge basiert auf der falschen und reformistischen Sicht, der bürgerliche Staat – ein Komitee zur Verwaltung der gemeinschaftlichen Angelegenheiten der gesamten Kapitalistenklasse – sei ein neutraler Schiedsrichter zwischen den historisch unvereinbaren Interessen der Arbeiterklasse und ihrer bürgerlichen Ausbeuter. Das Beispiel Namibias ist bezeichnend dafür, wie fruchtlos Vertrauen in den bürgerlichen Staat ist und zeigt ein weiteres Mal, dass alle bürgerlichen Reformen leicht wieder rückgängig gemacht werden können. Die namibische Regierung verabschiedete 2007 ein neues Arbeitsgesetz, das die Praxis der Zeitarbeitsvermittlung verbot. Als ein Zeitarbeitsunternehmen diese Bestimmung vor dem High Court [zweithöchstes Gericht] anfocht, wurde sie von diesem Gericht zunächst bestätigt, dann aber hob im Dezember 2009 der Supreme Court [Oberstes Gericht des Landes] Namibias das Verbot von Zeitarbeitsfirmen auf. Seine Begründung war, das Verbot verletze das verfassungsmäßige Recht zur „Ausübung jeglichen Berufes oder jeglichen Gewerbes, Handels oder Geschäftes“ – für die Kapitalisten und ihren Staat ist das Wichtigste das „Recht“ des Kapitals auf Ausbeutung von Arbeitskraft.
Die COSATU-Bürokratie betrieb in der Vergangenheit das gleiche betrügerische Spiel, legitime Kämpfe der Arbeiterklasse zu verraten, indem sie sie in Appelle an die vom ANC geführte kapitalistische Regierung umlenkte. Beispiele dafür sind die Forderungen der mehrheitlich schwarzen Arbeiterklasse nach Angleichung der aus Apartheidzeiten stammenden großen Lohnunterschiede und der Widerstand gegen die neoliberale GEAR-Politik (Growth, Employment and Redistribution – Wachstum, Arbeit und Umverteilung), die von der ANC-Regierung 1996 angenommen wurde und zu Privatisierungen und Entlassungen führte. Während der Streiks im öffentlichen Dienst 2007 und 2010 versprachen die COSATU-Führer anfänglich, zu Solidaritätsstreiks der strategisch wichtigen Bergarbeiter-, Industrie- und Handelsgewerkschaften aufzurufen, die die soziale Macht haben, die Wirtschaft lahmzulegen und den Kapitalisten die Profite abzuklemmen. Beide Male sagten sie diese Solidaritätsstreiks dann ab.
Ihre Drohungen mit einem Generalstreik gegen Zeitarbeitsfirmen sind genau das geblieben – leere Drohungen –, denn die COSATU-Führer sorgten sich mehr um die Sicherstellung eines ANC-Wahlsieges bei den Kommunalwahlen. In einem weiteren kürzlichen Akt des Klassenverrats im Dienste der bürgerlichen Dreierallianz setzte die Bürokratie der South African Municipal Workers Union (SAMWU) einen für den 13. Mai 2011 anhängigen landesweiten Streik ihrer 220 000 Mitglieder starken Gewerkschaft aus, um den ANC nicht fünf Tage vor den Kommunalwahlen vom 18. Mai in Verlegenheit zu bringen. In den Augen der COSATU-Bürokratie sind die Arbeiter Stimmvieh für die Absahner der schwarzen ANC-Elite, die chronisch korrupt ist wie jede kapitalistische Regierung. Selbst wenn die COSATU-Bürokratie dann mal zu solchen Alibiaktionen aufruft, ist ihr Ziel nicht, zu gewinnen, sondern ihrer wütenden und unruhigen Basis Gelegenheit zum Dampfablassen zu geben. Statt sich Angriffen auf ihre Mitglieder entgegenzustellen, ist ihre Hauptsorge für gewöhnlich, von ihren Allianzpartnern auch ja „konsultiert“ zu werden.
Die Heuchelei, diesen Staat dazu aufzurufen, Zeitarbeitsfirmen zu verbieten, wird von der Tatsache unterstrichen, dass die Zuma-Regierung einer der größten Nutznießer von Zeitarbeitsfirmen im Lande ist. ANC-Oberbosse – wie etwa Präsident Zumas Sohn Duduzane, Moss Ngoasheng, ehemaliger Wirtschaftsberater des Präsidenten und prominentes ANC-Mitglied, Robinson Ramaite, ehemaliger Generaldirektor des öffentlichen Dienstes sowie andere – machen als Eigentümer oder Anteilseigner von Zeitarbeitsfirmen Profite. Inzwischen haben Vavi und andere Gewerkschaftsführer, obwohl sie zuweilen mit starken Worten über die Notwendigkeit eines vollständigen Verbots um sich werfen, wiederholt ihre Bereitschaft bekundet, einen Kompromiss einzugehen und irgendeine Art von „Regulierung“ der blutsaugerischen Zeitarbeitsfirmen zu akzeptieren.
Südafrika ist eines der Länder mit der höchsten Arbeitslosenquote weltweit und das nicht wegen der einen oder anderen Regierungspolitik, die durch Druckausüben zu verändern wäre. Vor weit über einem Jahrhundert beschrieb Karl Marx im Kapital, wie die Aufrechterhaltung einer „industriellen Reservearmee“ von Arbeitslosen fester Bestandteil des Kapitalismus ist und dazu dient, Arbeitsbedingungen zu verschlechtern und die Löhne aller Arbeiter zu drücken. Marx erläuterte:
„Die Überarbeit des beschäftigten Teils der Arbeiterklasse schwellt die Reihen ihrer Reserve, während umgekehrt der vermehrte Druck, den die letztere durch ihre Konkurrenz auf die erstere ausübt, diese zur Überarbeit und Unterwerfung unter die Diktate des Kapitals zwingt. Die Verdammung eines Teils der Arbeiterklasse zu erzwungnem Müßiggang durch Überarbeit des andren Teils und umgekehrt, wird Bereicherungsmittel des einzelnen Kapitalisten.“
Verteidigt eingewanderte Arbeiter!
Der Einsatz von Zeitarbeitsfirmen überlappt sich mit Arbeitspraktiken der rassistischen (und immer noch überwiegend weißen) südafrikanischen Bosse, die ans ausgesprochen Kriminelle grenzen. Diese Praktiken waren unter der Apartheid die Norm, gegen Schwarze gerichtet, treffen seit 1994 aber unverhältnismäßig viele eingewanderte Arbeiter. Überall wird von Fällen berichtet, wo Bosse, vor allem auf den Farmen, Arbeiter einstellen, die Armut und anderen lebensbedrohlichen Umständen in Nachbarländern entkommen sind, und sie dann, wenn der Zahltag naht, durch die Polizei verhaften und allesamt abschieben lassen. Bisweilen werden sie mit Essensrationen anstatt mit Geld bezahlt. Ihre Löhne liegen immer weit unter denen der örtlichen Arbeiter.
Eine Untersuchung von Jean Pierre Misago, Wissenschaftler des Forced Migration Studies Programme [Forschungsstelle für erzwungene Migration] an der Witwatersrand-Universität, fand heraus, dass Zeitarbeitsfirmen vielleicht unmittelbar verantwortlich waren für die Entfachung der immigrantenfeindlichen Angriffe vom November 2009 in De Doorns in der Provinz Westkap. Dort versorgten sowohl südafrikanische als auch simbabwische Zeitarbeitsfirmen örtliche Farmer mit Arbeitskräften. Südafrikanische Arbeitsvermittler beklagten sich über Einkommensverluste durch die Konkurrenz ihrer simbabwischen Kontrahenten. Sie bedrängten örtliche ANC-Führer und wiegelten Ortansässige auf, Simbabwer anzugreifen und fortzujagen.
Die COSATU-Oberen propagieren „Kauft-südafrikanisch“-Protektionismus – dies verstärkt giftige Immigrantenfeindlichkeit und hält die Lüge am Leben, südafrikanische Arbeiter und ihre einheimischen kapitalistischen Ausbeuter hätten gemeinsame Interessen. Dies ist bürgerlich-nationalistisches Gift, das aus der Arbeiterbewegung ausgemerzt werden muss, damit die Arbeiterklasse fähig wird, nicht nur als Klasse an sich zu kämpfen, sondern als Klasse für sich, ihrer historischen Aufgabe als Totengräber der kapitalistischen Lohnsklaverei bewusst.
Ein Artikel in der Mai-Juli-Ausgabe 2010 der Zeitung Izwi Labasebenzi (Xhosa/Zulu für Arbeiterstimme) des Democratic Socialist Movement (DSM) entlarvt den parasitären Charakter der blutsaugerischen Zeitarbeitsfirmen und kritisiert die „Posen“ der COSATU-Oberen. Doch bemerkenswerterweise (und nicht überraschend) sagen sie kein einziges Wort über die Notwendigkeit, die größtenteils unorganisierten Zeitarbeiter gewerkschaftlich zu organisieren und Immigranten zu verteidigen. Das DSM und seine internationalen Mitarbeiter im Komitee für eine Arbeiterinternationale (KAI) sind dafür berüchtigt, sich rückständigem Bewusstsein anzupassen. Sie haben wiederholt „Streiks“ von Bullen, Gefängniswärtern und anderen bewaffneten Schlägern des kapitalistischen Staates unterstützt, welche sie als „Arbeiter in Uniform“ ansehen. Jahrelang war das DSM im bürgerlich-nationalistischen ANC vergraben, bevor es vor nicht allzu langer Zeit den ANC verließ, um sich an die Nationalisten des Pan Africanist Congress anzuhängen. Die gegenwärtigen Aufrufe der DSM-Reformisten zum „Bruch“ mit der Dreierallianz und zur Gründung einer „neuen Arbeiterpartei“ haben nichts mit einem Kampf für die unabhängigen Klasseninteressen des Proletariats zu tun. Sie zielen auf die Gründung einer „neuen“ reformistischen Partei ab, die die Unterordnung der Arbeiterklasse unter Nationalismus und den rassistischen kapitalistischen Staat unter neuem Etikett einfach weiterführen würde.
Anfang 2009 unterstützte die führende Sektion des KAI, Peter Taaffes Socialist Party in Britannien, skandalöserweise die Welle übler chauvinistischer Streiks, die über Baustellen an britischen Ölraffinerien und Kraftwerken hinwegschwappte. Über den Streiks wehte der blutige Union Jack, sie forderten „britische Jobs für britische Arbeiter“, eine Losung, die seit langem mit den Faschisten in Verbindung gebracht wird. Das KAI stellte diesen reaktionären Mobilisierungen einen Persilschein aus mit der lügenhaften Behauptung, sie seien nicht gegen Arbeiter aus anderen Ländern gerichtet, und ein Unterstützer der Socialist Party spielte sogar eine Schlüsselrolle im Streikkomitee an der Lindsey-Raffinerie! (Siehe „Nieder mit reaktionären Streiks gegen ausländische Arbeiter!“, Spartakist Nr. 176, März 2009.)
Wie die Erfahrung beweist, greifen Zeitarbeitsfirmen sowohl einheimische als auch ausländische Arbeiter an, dies zeigt die starke objektive Notwendigkeit von vereintem Klassenkampf gegen die gemeinsamen kapitalistischen Feinde. Einheimische Arbeiter müssen Immigranten in ihre Gewerkschaften rekrutieren, mit denselben Rechten und Arbeitsbedingungen – dies ist der einzige Weg, die Teile-und-herrsche-Politik der Unternehmer zu bekämpfen. So hat etwa die National Union of Mineworkers – die größte an COSATU angegliederte Gewerkschaft – eine Mitgliedschaft, die die starke Konzentration eingewanderter Arbeiter in dieser strategischen Industrie widerspiegelt. Und das trotz des Immigration Act [Einwanderungsgesetz] der ANC-geführten Regierung von 2003, das es verbietet, Einwanderungs-„Neulinge“ in den Minen zu beschäftigen und so die Zahl der dieser Branche zuströmenden immigrierten Arbeiter begrenzt. Ausländische Arbeiter bringen aus ihren Ländern reichhaltige Kampftraditionen mit und ergänzen so die ihrer einheimischen Genossen. Südafrikanische Arbeiter müssen fordern: Volle Staatsbürgerrechte für alle Immigranten! Wir kämpfen darum, dass die Arbeiterklasse diese Forderung aufgreift – dies ist Teil unserer Perspektive des Kampfes für eine sozialistische Föderation des südlichen Afrikas, die die existierenden vom Kolonialismus aufgezwungenen Grenzen überschreitet und überwindet. Diese Grenzen haben für die afrikanischen Völker, die kolonialisiert wurden, keine nationale Legitimität.
Intensivierte Ausbeutung in der nachsowjetischen Welt
Der zunehmende Einsatz von Zeitarbeitsfirmen ist Teil einer ganzen Reihe verschärfter Austeritätsmaßnahmen – darunter umfassende Privatisierungen öffentlicher Unternehmen, Entlassungen, Outsourcing, Zwei-Stufen-Tarife, Kurzarbeit und andere Angriffe auf die Arbeiter –, die von den internationalen kapitalistischen Herrschern besonders nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, eines bürokratisch degenerierten Arbeiterstaates, aggressiv vorangetrieben werden. In den westeuropäischen imperialistischen Ländern hatten diese Angriffe die Demontage des Sozialstaats zur Folge, da es die Bourgeoisien dieser Länder nicht mehr für nötig erachten, für diese Zugeständnisse an die Arbeiterklassen ihrer jeweiligen Länder Geld auszugeben. Diese verschärfte Ausbeutung erlaubte es den Kapitalisten, enorme Profite aufzuhäufen, die sie dem Blut der Arbeiterklasse und der Armen abgepresst haben. Das ist einer der vielen Gründe, weshalb wir sagen, dass die kapitalistische Konterrevolution in der ehemaligen Sowjetunion eine welthistorische Niederlage für das internationale Proletariat war.
In Südafrika schuf der Zusammenbruch der Sowjetunion – von der die hauptsächliche finanzielle, militärische und diplomatische Unterstützung für die von ANC und SACP geführten Anti-Apartheid-Kräfte gekommen war – die Bedingungen für die Verhandlungslösung mit den weißen Herrschern. Dieser 1994 zu einem Abschluss gebrachte Ausverkauf war ein Verrat an der Befreiung der Schwarzen und führte zur Errichtung der Neo-Apartheid-Ordnung. Das Dreierallianz-Regime aus ANC, SACP und COSATU wurde an die Macht gebracht (zunächst in einer kurzlebigen Koalition mit ihren ehemaligen Kerkermeistern der weißen Rassisten von der Nationalpartei), um die Interessen der noch immer überwiegend weißen Kapitalistenklasse gegen die mehrheitlich schwarze Masse der Armen zu verteidigen.
Der Einsatz von Zeitarbeitern und befristet Beschäftigten nahm hierzulande nach der Verabschiedung des Labour Relations Act [Gesetz über Arbeitsverhältnisse] 1995 durch die Allianz-Regierung stark zu. Die COSATU-Führer hatten am Verhandlungsprozess teilgenommen, der zur Verabschiedung dieses Gesetzes führte, das zum ersten Mal Zeitarbeitsfirmen als Arbeitgeber der von ihnen für die sogenannten „Klienten“-Unternehmen angeheuerten Arbeiter anerkannte.
Und um noch eins draufzusetzen, betreibt die Regierung nun ein Konzept der sogenannten Lohnzuschüsse für jugendliche Arbeitslose, was den Arbeitsmarkt noch weiter aufsplittern würde, da ältere unbefristet Beschäftigte durch noch schlechter bezahlte und superausgebeutete junge Arbeiter ohne Rechte ersetzt würden. In den vergangenen Jahrzehnten gab es erbitterte Kämpfe von Jugendlichen und Arbeitern gegen ähnliche Angriffe. Zum Beispiel gingen 2006 französische Jugendliche auf die Straße, um gegen das CPE-Gesetz zu protestieren, das Löhne und Arbeitsplatzsicherheit für Jugendliche drastisch einschränken sollte; sie bekamen Unterstützung durch eine Reihe eintägiger Generalstreiks der wichtigsten Gewerkschaftsverbände. 1999 führten mexikanische, vornehmlich aus der Arbeiterklasse stammende Studenten an der Universität UNAM einen langen und aufreibenden Kampf gegen den Angriff der kapitalistischen Herrscher des Landes auf ihr Recht auf Ausbildung.
Für den Aufbau einer revolutionären Partei, die für eine Arbeiterregierung kämpft
Für die schwarze Mehrheit war der Apartheid-Staat so was wie ein gigantischer Zeitarbeitsvermittler, verantwortlich für elende Arbeits- und Lebensbedingungen geprägt durch Sklavenlöhne. Wanderarbeitskräfte aus Bantustans und benachbarten Ländern mussten nach Geschlechtern getrennt in Unterkünften leben, die man kaum Tieren zumuten würde; Passgesetze kontrollierten den Einlass von Schwarzen in die Städte; gewerkschaftliche und politische Rechte waren verweigert etc. Nach dem Ende der weißen politischen Minderheitsherrschaft fiel die Einführung von Zeitarbeit und anderer verstärkter Prekarisierung mit verstärkten Erwartungen der armen Mehrheit nach sozialer Gerechtigkeit und Entschädigung zusammen. Doch seit ihrer Machtübernahme vor 17 Jahren hat die kapitalistische Regierung der ANC/SACP/COSATU-Allianz zielstrebig eine Politik des sozialen Niedergangs der Mehrheit der Bevölkerung verfolgt. Die gelegentliche Kritik von COSATU und in geringerem Maße der SACP dient nur dazu, ihre Komplizenschaft zu verschleiern und unzufriedene Arbeiter innerhalb des politischen Rahmens des bürgerlichen Nationalismus zu halten. Brecht mit der bürgerlichen Dreierallianz!
Die Verelendung der Arbeiterklasse ist ein Wesensmerkmal des Kapitalismus, insbesondere in der Epoche seines imperialistischen Niedergangs. Vor 1994 gibt es eine sehr reichhaltige Geschichte von Klassenkämpfen gegen Prekarisierung, vor allem seitens der COSATU-Gewerkschaften. Zum Beispiel Kämpfe zum Verbot von Überstunden, für eine 40-Stunden-Woche ohne Lohnverlust und für die Forderung, alle Zeitarbeiter nach einer Beschäftigungszeit von drei Monaten fest anzustellen.
Doch die wachsende soziale und politische Macht von COSATU nach ihrer Gründung in den 1980ern wurde durch ihre zunehmende politische Unterordnung unter den ANC gelähmt. Da es keine Intervention einer leninistisch-trotzkistischen Partei gab, bewaffnet mit einem Programm zur proletarischen Machtergreifung, war keine der politischen Strömungen innerhalb der COSATU, einschließlich der sogenannten „workeristischen“ Opposition, in der Lage, den Sprung hin zu einer Perspektive des Kampfes für proletarische Führung des Anti-Apartheid-Kampfes zu machen. Zur Zeit des Ausverkauf-Deals von 1994 war die COSATU-Bürokratie schon in die bürgerliche Dreierallianz integriert und ergriff geschwind die Gelegenheit, der kapitalistischen Regierung beizutreten; sie schickte 20 ihrer Führer über die Wahlliste des ANC ins Parlament. Dies zementierte die Unterordnung der Arbeiterklasse unter den bürgerlichen Nationalismus noch weiter.
Arbeiter müssen sich weigern, für die Wirtschaftskrise des kapitalistischen Systems ihrer Ausbeuter zu bezahlen. Im Kampf für Arbeitsplätze und einen anständigen Lebensstandard für alle muss eine revolutionäre Avantgardepartei der Arbeiterklasse eine Reihe von Übergangsforderungen aufstellen, um eine Brücke zu schlagen zwischen gegenwärtigen Kämpfen und Bewusstsein und dem Kampf für Arbeitermacht. Solche Forderungen wurden von Leo Trotzki, der zusammen mit Lenin die Russische Revolution vom Oktober 1917 führte, im Übergangsprogramm von 1938 formuliert – dem Gründungsdokument der Vierten Internationale, der Weltpartei der sozialistischen Revolution.
Gewerkschaften und andere Massenorganisationen der Arbeiterklasse müssen für eine gleitende Lohnskala kämpfen. „Die Tarifverträge müssen eine dem Steigen der Verbrauchsgüterpreise entsprechende automatische Anhebung der Löhne gewährleisten“, schrieb Trotzki. Im Kampf gegen Arbeitslosigkeit müssen Organisationen der Arbeiterklasse für eine gleitende Skala der Arbeitszeit kämpfen, die Verteilung der vorhandenen Arbeit auf alle vorhandenen Arbeitskräfte ohne Lohnverlust. Diese Forderungen müssen zur einzig revolutionären Schlussfolgerung führen, in Trotzkis Worten: „Kann der Kapitalismus die Ansprüche nicht befriedigen, die sich unvermeidlich aus den von ihm erzeugten Übeln ergeben, dann mag er zugrunde gehen.“
Dies ist das einzige Programm, das den Kampf für eine klassenkämpferische Führung der Gewerkschaften anleiten kann. Diese Aufgabe ist untrennbar verbunden mit dem Kampf für eine leninistisch-trotzkistische Avantgardepartei – das Instrument, das nötig ist, um das Proletariat in einer sozialistischen Revolution zum Sieg zu führen. Solch eine Partei muss im politischen Kampf gegen reformistische Organisationen wie die SACP geschmiedet werden, um klassenbewusste Kämpfer der proletarischen Basis dieser Organisationen für ein wirklich kommunistisches Programm zu gewinnen. Eine revolutionäre Avantgardepartei muss sich nach den Worten von Karl Marx und Friedrich Engels in ihrer „Ansprache der Zentralbehörde an den [Kommunistischen] Bund“ vom März 1850 richten:
„Es kann sich für uns nicht um Veränderung des Privateigentums handeln, sondern nur um seine Vernichtung, nicht um Vertuschung der Klassengegensätze, sondern um Aufhebung der Klassen, nicht um Verbesserung der bestehenden Gesellschaft, sondern um Gründung einer neuen.“