Spartakist Nr. 194

Juli 2012

 

Nach den Wahlen in Griechenland:

Arbeitern steht mehr Sozialkahlschlag bevor

Nieder mit EU und deutschem Imperialismus! Für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa!

Als die konservative Nea Dimokratia am 17. Juni als Gewinnerin aus den Wahlen hervorging, verkündete ihr Führer Antonis Samaras: „Das griechische Volk hat heute dafür gestimmt, auf dem europäischen Weg und in der Eurozone zu bleiben“ (Guardian, 18. Juni). Nach ihrem äußerst knappen Wahlsieg steht Nea Dimokratia nun an der Spitze der Koalitionsregierung, die sie zusammen mit der Panhellenischen Sozialistischen Bewegung (PASOK), die gerade mal zwölf Prozent der Stimmen erhielt, und der kleineren Demokratischen Linken (DIMAR) gebildet hat. Die neue Regierung kann schwerlich den Anspruch erheben, ein Mandat der Bevölkerung zu besitzen – alle drei Parteien vereinigen zusammengenommen weniger als 50 Prozent der Stimmen auf sich und das bei einer sehr geringen Wahlbeteiligung. Nea Dimokratia und PASOK, die sich seit dem Sturz der Militärjunta 1974 an der Regierung abgewechselt haben, übernehmen nun gemeinsam das Zepter. Mit Samaras als Premierminister wird Griechenland einmal mehr von derselben korrupten Schurkenbande regiert, die die griechischen Werktätigen ins Verderben gestürzt hat, indem sie Löhne, Renten und Sozialleistungen im Interesse der imperialistischen Troika aus Europäischer Union, Europäischer Zentralbank und IMF demontierte.

Der Wahlsieg von Nea Dimokratia wurde von den imperialistischen Herrschern Europas und der USA mit Erleichterung aufgenommen, die für den Fall eines Wahlsiegs von SYRIZA eine Zurückweisung des Austeritätspakets und einen Zusammenbruch der Einheitswährung befürchtet hatten. Der unerwartete Erfolg von SYRIZA, vor allem in den Mai-Wahlen, war ein Maß für die Verzweiflung der Massen von Arbeitern und Kleinbürgern, die über die von der Troika verlangten drückenden Bedingungen für die Bankenrettung außer sich vor Wut sind. Doch SYRIZAs Programm akzeptiert die kapitalistische Ordnung und die von den imperialistischen Bankiers beherrschte EU und ist nur darauf aus, die Bedingungen, unter denen die Erpressung stattfindet, zu verbessern. SYRIZA, der ehemalige Eurokommunisten, Maoisten und eine Reihe von pseudotrotzkistischen Gruppen angehören, wurde bei den Wahlen vom Juni mit fast 27 Prozent der Stimmen bei nur geringem Abstand zweitstärkste Partei. Die stalinistische Kommunistische Partei (KKE) sah sich auf nur 4,5 Prozent der Stimmen zurückgeworfen.

Jeder weiß, dass die griechischen Wahlen die Krise in der Eurozone nicht gelöst, sondern nur hinausgeschoben haben. Während die Börsenkurse am Morgen nach den Wahlen anstiegen, fielen sie am Nachmittag wieder, als die Kapitalkosten für die spanischen Staatsschulden eine Rekordhöhe erreichten und eine Rettungsaktion für Spanien in aller Munde war. Gegen stärker werdende Euro-kritische Strömungen in Deutschland machte Markus Kerber, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), im Handelsblatt (3. Juli) klar, warum der Zerfall des Euros „auch für Deutschland“ „fatal“ wäre: „Wir sollten uns darüber klar werden, welche großen deutschen Vermögenspositionen, Früchte der Leistungsbilanzüberschüsse der vergangenen Jahre, zur Disposition stehen. Diese wechselseitige Verwundbarkeit ist vielen gar nicht bewusst.“ Allein die Forderungen der Bundesbank gegenüber anderen europäischen Zentralbanken beliefen sich im Januar dieses Jahres auf 500 Milliarden Euro, Tendenz rapide steigend.

Griechenland, Zypern, Irland, Portugal, Spanien und Italien – unnachgiebig dringt die deutsche Bourgeoisie auf die Umsetzung ihres Spardiktats. Doch die brutalen Einschnitte verschärfen die Schuldenkrise, indem sie staatliche Einnahmen dadurch schrumpfen lassen, dass sie die Wirtschaft der betroffenen Länder abwürgen – und damit auch die Absatzmärkte der exportabhängigen deutschen Bourgeoisie. Ohne eigene Währung der Möglichkeit der Abwertung beraubt, haben diese Länder – allen voran Griechenland – keinerlei Perspektive auf wirtschaftliche Erholung. Gleichzeitig leidet gerade Frankreich, das in den letzten zwei Jahrzehnten mit Deutschland die Hauptachse beim Vorantreiben von EU und Euro gebildet hat, unter den deutschen Exportüberschüssen und wies im Jahre 2010 mit 32 Milliarden Euro das größte Leistungsbilanzdefizit gegenüber dem deutschen Imperialismus auf, dessen Überschüsse sich im selbigen Jahr auf insgesamt 73 Milliarden Euro gegenüber dem gesamten Euroraum beliefen.

Auch der EU-Krisengipfel am 29. Juni machte eher die zunehmenden nationalen Spannungen deutlich, die früher oder später die EU zerreißen werden, als dass er einen Ausweg aus der Krise gewiesen hätte. So rangen Italien und Spanien, unterstützt von Frankreich, Deutschland scheinbar Zugeständnisse ab, so dass der Europäische Rettungsschirm ESM nun direkt Staatsanleihen aufkaufen und Banken direkt unterstützen kann. BDI-Präsident Hans-Peter Keitel lehnte in der FAZ (5. Juli) „einen europäischen Bankenrettungsfonds“ rundweg ab und bemerkte: „Dass sich Frankreich bei diesen Verhandlungen auf die Seite der Südländer Italien und Spanien geschlagen habe, mache deutlich, dass sich Deutschland auf neue Allianzen einstellen müsse. ,Die Gewichte haben sich ungut verschoben.‘ “

Tatsächlich gab Merkel keinen Millimeter nach: Geld für spanische Banken gibt es erst, wenn eine europäische Bankenaufsicht geschaffen wird, was wenigstens zwölf Monate dauern wird, wenn sie denn überhaupt zustande kommt. Allein Großbritannien wird den Teufel tun und die City of London Brüssels und damit auch Berlins Kontrolle zu unterstellen – und umgekehrt. Merkels angebliche Zugeständnisse führten zu einem chauvinistischen Aufheulen in Deutschland, wo eine Petition von 160 Ökonomen führender Wirtschaftsinstitute Merkel des Ausverkaufs deutscher Interessen bezichtigte und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer mit dem Bruch der Koalition drohte. Dies drückt zunehmende Spannungen innerhalb der deutschen Bourgeoisie aus und Merkel besitzt schon seit einiger Zeit keine eigene Mehrheit mehr für ihre Wirtschaftspolitik. Zunehmend ist sie auf die Stimmen von SPD und Grünen angewiesen.

Dem machtvollen multiethnischen deutschen Proletariat kommt eine Schlüsselrolle im Kampf gegen die zunehmende Ausbeutung und Verelendung der europäischen arbeitenden Bevölkerung zu, auf die die europäischen Bourgeoisien unter der Oberaufsicht des deutschen Kapitals die Kosten der Krise abwälzen. Der Kampf gegen die imperialistische EU und ihre Spardiktate ist dabei aufs engste mit der Verteidigung der ureigensten Klasseninteressen verbunden. Neben jahrelangen Tarifabschlüssen, die auf Reallohnkürzungen hinausliefen, abgeschlossen von den Gewerkschaftsspitzen im Namen des „Standort Deutschlands“, hat die von der SPD/Grünen-Bundesregierung vor zehn Jahren durchgepeitschte Agenda 2010 zentral dazu beigetragen, durch die Zerschlagung von Sozialleistungen und den massiven Ausbau des Billiglohnsektors die Profitabilität des deutschen Imperialismus gegenüber seinen europäischen Konkurrenten enorm zu erhöhen. Dies hat die durch die Finanzkrise ausgelöste Schuldenkrise verstärkt und führt jetzt zu massivem Sozialkahlschlag in den anderen europäischen Ländern, der wiederum, falls erfolgreich, morgen die nächste Runde sozialer Angriffe auf die arbeitende Bevölkerung in Deutschland auslösen wird.

Dass es bisher in Deutschland kaum zu Protesten gegen die unerhörte Auspressung der griechischen Arbeiterklasse und anderer kommt, ist der verrotteten Unterstützung der EU durch die Sozialdemokratie von SPD, Linkspartei und der mit ihnen verbundenen Gewerkschaftsbürokratie zu verdanken. Die SPD winkt Merkels Maßnahmen im Parlament mit durch und verkauft den Arbeitern Betrugsmanöver wie das 130-Milliarden-Wachstumspaket von Merkel und Hollande als Ausweg aus der Krise. Auch die Linkspartei unterstützt die EU. So erklärte die stellvertretende Linksparteivorsitzende Sahra Wagenknecht in einem Interview mit Welt Online (30. Juni): „Ich bin der Meinung, dass der Euro verteidigt werden sollte“, und warf Merkel vor, dass sie „mit ihrem Kurs Europa zerstört. Wenn Deutschland so weitermacht, wird Griechenland noch in diesem Jahr aus dem Euro gedrängt. Spanien und andere werden folgen. Wenn die EU als Einheit überleben soll, muss diese Politik dringend korrigiert werden.“

Bei den Wahlen in Griechenland wurde keines der grundlegenden Probleme der Gesellschaft angesprochen, und das Land bleibt tief gespalten. Auf der Welle einer gewalttätigen Kampagne von rassistischem Terror gegen Immigranten und Angriffen auf Linke erreichten die Faschisten von Chrysi Avgi (Goldene Morgenröte) bedrohliche sieben Prozent der Stimmen. Die letzten drei Jahre erlebte Griechenland soziale Massenproteste, an denen sich breite Schichten der Gesellschaft beteiligten. Es gab zahllose ein- und zweitägige Generalstreiks. Ein wichtiger proletarischer Kampf wird von den griechischen Stahlarbeitern des Werkes Chalyvourgia Ellados in einem Athener Industriegebiet geführt, die sich seit über 200 Tagen im Streik befinden (siehe KfsV-Erklärung auf Seite 11). Sollte die Regierung weiter Angriffe auf die Arbeiterklasse durchführen, ist eine Verschärfung derartiger Proteste vorprogrammiert.

Während das Sparprogramm in Griechenland von weiten Teilen der Bevölkerung abgelehnt wird, zeigen Umfragen durchweg eine starke Unterstützung für den Verbleib in der Eurozone und der EU, auch unter der Arbeiterklasse. Viele Arbeiter, darunter auch zweifellos Mitglieder der KKE, stimmten für SYRIZA in der Hoffnung auf eine Atempause bei den unablässigen Angriffen auf ihren Lebensstandard. Die Bourgeoisie führte eine Schreckenskampagne über die angeblich schlimmen Konsequenzen eines griechischen Austritts aus der Eurozone durch. In einem Land, in dem Hunger und schreckliche Armut für viele Menschen noch in lebhafter Erinnerung sind, sind Befürchtungen einer Verschlechterung der Lebensbedingungen sehr handgreiflich.

Als Marxisten sind wir aus Prinzip gegen die EU, die ein Instrument ist, mit dem die europäischen Kapitalisten die europäischen Arbeiter gemeinsam ausbeuten und mit dessen Hilfe sich die stärkeren imperialistischen Mächte die schwächeren kapitalistischen Länder unterordnen. Jeglicher Kampf gegen die Sparmaßnahmen und gegen die blutsaugerische griechische Bourgeoisie muss notwendigerweise auch ein Kampf gegen deren imperialistische Herren in der EU sein. Wir bemerkten Anfang dieses Jahres im Spartakist (Nr. 191, Januar 2012), dass Griechenland vielleicht besser dran wäre, wenn es die Eurozone verließe, und schrieben, dass es „unter der von der deutschen Bourgeoisie diktierten Politik [...] für die Schuldnerstaaten keinen Ausweg“ gibt. Gleichzeitig warnten wir: „Aber, obgleich dies möglicherweise eine Befreiung von der Abwärtsspirale mit sich brächte, so würde doch ein Verlassen der Eurozone das griechische Proletariat nicht vor dem weltweiten Wirtschaftsabschwung und vor kapitalistischer Verwüstung schützen.“

Griechische Trotzkisten sagten: Wählt KKE! Keine Stimme für SYRIZA!

Unsere Genossen von der Trotzkistischen Gruppe Griechenlands (TOE) gaben bei diesen Wahlen der Kommunistischen Partei kritische Unterstützung. Im Gegensatz zu SYRIZA setzte sich die KKE für einen Austritt aus EU und NATO ein. Darüber hinaus weigerte sich die KKE standhaft, irgendeiner Koalition mit bürgerlichen Parteien beizutreten, trotz enormen Drucks, mit SYRIZA eine Koalition der „Einheit der Linken“ einzugehen. Die KKE verurteilte zu Recht SYRIZAs Unterstützung für die imperialistische EU – eine entscheidende Frage bei den Wahlen. Ebenfalls zu Recht kritisierte sie SYRIZA, nebst dem zusammengewürfelten Haufen griechischer pseudotrotzkistischer Gruppen, heftig für ihre Unterstützung der kapitalistischen Konterrevolution in der Sowjetunion und in Osteuropa.

Durch unsere kritische Unterstützung der KKE fanden wir für unsere trotzkistischen Auffassungen ein breiteres Gehör. Unsere Genossen in Griechenland verteilten massenhaft das Flugblatt mit dem Titel „Wählt KKE! Keine Stimme für SYRIZA!“ (abgedruckt auf Seite 17) – an Studenten, streikende Arbeiter, Mitglieder von KKE und anderen linken Parteien. Begleitend verteilten wir die griechische Übersetzung des im Workers Hammer (Nr. 218, Frühjahr 2012) erschienen Artikels „Banken hungern griechische Arbeiter aus“, der dem reformistischen Programm der griechischen Stalinisten das revolutionäre trotzkistische Programm der IKL entgegensetzt (abgedruckt auf Seite 10). Trotz ihrer jüngsten linken Rhetorik bleibt die KKE eine dem Parlamentarismus verhaftete reformistische Partei. Ihre häufige Berufung auf „das Volk“ schadet dem Klassenbewusstsein und zeugt von dem zutiefst nationalistischen und auf Klassenzusammenarbeit ausgerichteten Programm der KKE.

Der Reformismus der KKE zeigt sich ganz deutlich in ihrer Reaktion auf das Anwachsen der Faschisten von Chrysi Avgi. Das TOE-Flugblatt prangerte die Weigerung der Stalinisten an, die Arbeiterklasse zur Bekämpfung von Chrysi Avgi zu mobilisieren. In Städten in ganz Griechenland greifen rassistische Banden, ermutigt durch die verbreitete Unterstützung, die die Faschisten bei Polizei und Armeeoffizieren genießen, straflos Immigranten und Linke an. Am 7. Juni griff ein Schläger von Chrysi Avgi, Ilias Kasidiaris, die KKE-Abgeordnete Liana Kanelli in einer Fernseh-Livesendung tätlich an, nachdem er einer anderen Frau – Rena Dourou von SYRIZA – ein Glas Wasser ins Gesicht geschüttet hatte. Andere KKE-Mitglieder wurden auf der Straße von faschistischen Schlägern überfallen. Doch in einem Presseinterview nach der Attacke auf Kanelli schloss die Generalsekretärin Aleka Papariga Mobilisierungen, um die Angriffe von Chrysi Avgi zu stoppen, aus. Stattdessen wetteiferte sie mit ihnen um die Wahlstimmen rückständiger Arbeiter, als sie sagte:

„Wir stellen unsere Position klar: Die Antwort gegenüber ,Goldene Morgenröte‘ kann weder ein ,Auge um Auge‘ noch eine Politik der Revanche sein. Die Antwort sollte vor allem vom Volk in den Wahlen gegeben werden. Wir beschuldigen natürlich nicht jene, die für ,Goldene Morgenröte‘ gestimmt haben, wegen der Umtriebe und der Orientierung jener Partei. Dennoch sollten sie einsehen, dass sie über die Waffe ihrer Stimmabgabe verfügen und dass sie ,Goldene Morgenröte‘ an den Rand drängen sollten, weil es genau das ist, was sie verdient.“ (kke.gr, 7. Juni)

Die Auffassung, Stimmabgabe sei die Lösung für faschistische Angriffe, ist parlamentarischer Kretinismus. Faschisten können nicht an der Wahlurne „besiegt“ werden. Chrysi Avgi ist nicht in erster Linie ein Phänomen parlamentarischer Wahlen, sondern es sind rassistische Terroristen. Die Schläger von Chrysi Avgi sind die Erben der faschistischen Banden, die in den 1940er-Jahren den weißen Terror gegen KKE-Mitglieder ausübten – die Nazifreunde der Sicherheitsbataillone und die Organisation X von General Grivas. Der Chrysi-Avgi-Führer Michaloliakos ist ein Schützling von Georgios Papadopoulos, dem Chef der Militärjunta, die 1967 die Macht ergriff.

Um ihre kriminelle Untätigkeit gegenüber Chrysi Avgi zu rechtfertigen, führt die KKE die Arbeiterklasse in die Irre und bestreitet die Notwendigkeit, die Faschisten im Keim zu zerschlagen. Chrysi Avgi stellt für Immigranten und letztendlich für die gesamte Arbeiterbewegung eine tödliche Gefahr dar. Es ist dringend notwendig, ihnen durch Einheitsfrontmobilisierungen von organisierter Arbeiterbewegung und Immigranten Einhalt zu gebieten. Die Faschisten wollen nichts weniger als die physische Zerschlagung der Gewerkschaften und der Arbeiterparteien. Diese Rassenterroristen müssen zerschlagen werden, solange sie noch schwach sind. Andernfalls werden sie in dieser Periode der Reaktion immer größer und dreister werden. Letztendlich wird der Faschismus erst mit dem Sturz des kapitalistischen Systems hinweggefegt, das die entsetzlichen Krisen hervorbringt, durch die die Faschisten gedeihen.

Der nationalistische Populismus der KKE zeigt sich in ihrem Programm, das verkündet: „Die KKE, eine zutiefst patriotische Partei, ist der wahre und würdige Erbe der nationalen, demokratischen und revolutionären Traditionen des griechischen Volkes“, und das zu einer „nationalen Verteidigungspolitik, die die Sicherheit Griechenlands garantiert“ (kke.gr) aufruft.

Die Unterstützung von Patriotismus und nationaler Verteidigung ist mit dem Anspruch der KKE, sie „kämpfe gegen jegliche Manifestation von Faschismus, Nationalismus, Chauvinismus und Rassismus“, unvereinbar und widerspricht der marxistischen Losung „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“, die den Titelkopf ihrer Zeitung schmückt. Der Nationalismus der KKE steht auch im Gegensatz zum Kampf für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa – das einzige Programm, das die Interessen der Arbeiterklasse Gesamteuropas zum Ausdruck bringt sowohl in den imperialistischen Ländern wie Deutschland, Frankreich und Britannien als auch in den abhängigen Ländern wie Irland und Griechenland.

Trotz ihrer gegenwärtigen Weigerung, einer Koalitionsregierung beizutreten, bleibt die KKE dem Programm der Klassenzusammenarbeit verhaftet – das in der Vergangenheit zu Bündnissen mit der Bourgeoisie und zur Beteiligung an deren Regierungen geführt hat. Im Artikel „Banken hungern griechische Werktätige aus“ auf Seite 10 dieser Ausgabe gehen wir in einem Abschnitt auf „Die Geschichte des Verrats der KKE“ an den Interessen der Arbeiterklasse ein.

Für eine leninistisch-trotzkistische Partei in Griechenland!

In den Wochen vor den Wahlen vom 17. Juni brachten viele Leute in Griechenland ihre Verwunderung darüber zum Ausdruck, dass Trotzkisten einer stalinistischen Partei kritische Wahlunterstützung geben. Dass dies so erstaunt, ist ein Armutszeugnis für die antikommunistische, sozialdemokratische „Familie“ des Pseudotrotzkismus in Griechenland, die den Namen des Trotzkismus beschmutzt und die Konterrevolution in der Sowjetunion bejubelt hat. Wir in der IKL dagegen kämpften bis zum Schluss – in Ostdeutschland und später in der Sowjetunion selbst – für das Programm des authentischen Trotzkismus. Ein zentraler Bestandteil dieses Programms ist die militärische Verteidigung der degenerierten und deformierten Arbeiterstaaten gegen Imperialismus und innere Konterrevolution und der Kampf für proletarisch-politische Revolution zum Sturz der stalinistischen Bürokratien, deren Beschwichtigungspolitik gegenüber dem Imperialismus die Verteidigung des Arbeiterstaates untergrub und letztendlich zur Konterrevolution führte.

Dem Spektrum pseudotrotzkistischer und anderer reformistischer Organisationen in Griechenland lief angesichts der Aussicht auf einen Wahlsieg von SYRIZA und der Bildung einer kapitalistischen Regierung „der Linken“ das Wasser im Munde zusammen. Gruppen, die sich in dem EU-freundlichen SYRIZA-Bündnis eingenistet haben, sind unter anderem die der Internationalen Marxistischen Tendenz angeschlossene Marxistiki Foni (Marxistische Stimme) und die Internationalistische Arbeiterlinke (DEA), griechische Gesinnungsgenossen der International Socialist Organization in den USA. Antonis Davanellos von DEA schwärmte in einem Interview mit Socialist Worker [USA] („A new stage of the resistance in Greece“ [Eine neue Etappe des Widerstands in Griechenland], 23. Mai):

„Wir haben eine unglaubliche Situation. Diese ist nicht revolutionär, nicht vorrevolutionär, doch wir sind mit der Tatsache konfrontiert, dass innerhalb eines Monats SYRIZA die führende Partei im Lande sein wird. Dann werden wir aufgefordert sein, eine Regierung zu bilden, die die Dinge für das griechische Volk verändern kann.“

Die Organisation Xekinima des Komitees für eine Arbeiterinternationale (KAI – in Deutschland die Sozialistische Alternative, SAV) engagierte sich für „eine Regierung der Linken“ und schickte ihren irischen EU-Abgeordneten Paul Murphy nach Athen, um für SYRIZA Wahlkampf zu machen.

Derweil stellte die Antarsya-Koalition, an der die griechische Sozialistische Arbeiterpartei (SEK – der britischen SWP angeschlossen) und die der selbsternannten Vierten Internationale angeschlossene Gruppe OKDE-Spartakos beteiligt sind, eigene Kandidaten auf. Dass es die Absicht von Antarsya war, einfach nur SYRIZA von außen nach links zu drängen, wurde aus zahlreichen Erklärungen deutlich, darunter der folgenden von Alex Callinicos im Socialist Worker [Britannien] vom 2. Juni:

„Antarsya hat klargestellt, dass sie sich an der Seite von und im Dialog mit denjenigen sieht, die Syriza unterstützen. Je stärker ihre Stimme ist, desto größer wird der Druck auf Syriza sein, angesichts der Kräfte, die Griechenland eine permanente Austerität auferlegen wollen, standhaft zu bleiben.“

Trotz Antarsyas formeller Opposition zur EU betrachten diese reformistischen Linken im Gefolge der Wahlen die knappe Niederlage von SYRIZA als eine Aufforderung, ihre Anstrengungen zu verdoppeln, um eine auf der parlamentarischen Opposition von SYRIZA basierende Widerstandsbewegung gegen die neue Regierung aufzubauen. Tatsächlich wird SYRIZA den Arbeitern und Unterdrückten ganz Europas als Modell für ihre Kämpfe gegen die kapitalistische Austeritätspolitik verkauft.

Ob sie nun von innen oder von außen Druck auf SYRIZA auszuüben versuchen, diese Reformisten haben sich als Unterstützer einer Formation entlarvt, die für die Aufrechterhaltung der kapitalistischen EU eintritt – oder anders gesagt für die fortgesetzte Unterordnung abhängiger Länder wie Griechenland unter die Imperialisten. Die historische Abhängigkeit des rückständigen griechischen Kapitalismus von den Imperialisten und die schonungslosen Angriffe, die die griechischen Kapitalisten weiterhin gegen die Arbeiterklasse und die Unterdrückten ausführen werden, können nicht durch die reformistische Politik des Druckausübens, wie sie von SEK, DEA, Xekinima, OKDE-Spartakos und Marxistiki Foni vertreten wird, beendet werden. Der einzige Weg vorwärts ist der Kampf für die Machtübernahme der Arbeiter in ihrem eigenen Namen. Dies erfordert eine leninistisch-trotzkistische Partei auf der Grundlage eines Programms für die sozialistische Revolution, die die Kapitalistenklasse enteignet und den kapitalistischen Staat hinwegfegt und ihn durch eine Arbeiterregierung ersetzt. Der internationale Charakter der Krise macht unmissverständlich klar, dass ein solcher proletarischer Kampf international ausgeweitet werden muss, gerade auch auf die imperialistischen Zentren.

Als Konsequenz ihrer offenen oder verkappten Unterstützung für SYRIZA war sich die reformistische Linke auch in ihrer Verurteilung der KKE für deren Weigerung, nach den Mai-Wahlen zusammen mit SYRIZA eine kapitalistische Regierung der Linken zu bilden, einig. In ihren schrillen Anklagen gegen die stalinistische KKE wegen Sektierertums macht sich mehr als nur ein Hauch von Antikommunismus bemerkbar, was kaum überrascht, da dies dieselben Organisationen sind, die 1991/92 die Zerstörung der Sowjetunion bejubelten. Man könnte darauf hinweisen, dass die KKE wenigstens den Kapitalismus hasst: Die SWP und ihre ägyptischen Gesinnungsgenossen gaben kritische Unterstützung für die Muslimbruderschaft, die den Kapitalismus liebt!

Diese vorgeblichen Trotzkisten schwimmen mit den kleinbürgerlichen politischen Strömungen und säen Illusionen in die Möglichkeit eines menschlicheren und demokratischeren Kapitalismus. Sowohl DEA als auch Xekinima stellen ihre Unterstützung für die EU-freundliche SYRIZA als eine Form von proletarischem Internationalismus hin, während sie die KKE als nationalistisch denunzieren, weil sie sich zu Recht der Unterstützung der kapitalistischen EU durch SYRIZA widersetzt. So schreibt das KAI in „Griechenland: Verschärfung der Euro-Krise“ (sozialismus.info, 27. Mai):

„Die KKE hingegen lehnt den Euro und die EU ab und greift SYRIZA für die positive Position gegenüber der EU und dem Euro an. Politisch ist das eine der Rechtfertigungen, warum sie keinen linken Block mit SYRIZA eingehen möchten… Ihr Verständnis von Opposition zur EU und dem Euro auf einer nationalen Grundlage spiegelt wider, dass sie nur innerhalb des Kapitalismus denken können. Was notwendig ist, ist eine internationalistische Perspektive, die den Kampf der griechischen Arbeiterklasse mit dem Kampf der Arbeiterklasse in den anderen EU-Ländern verknüpft.“

Es ist einfach nur lächerlich, wenn Xekinima und DEA argumentieren, sie seien für die Verknüpfung der Kämpfe der griechischen Arbeiter mit denen der Arbeiter in den anderen EU-Ländern, während sie gleichzeitig eine Koalition unterstützen, die bestenfalls die Bedingungen der Unterordnung unter die Diktate des Imperialismus für Länder wie Griechenland neu verhandeln will. Pro-EU-Gruppen wie das KAI tragen ihren Teil der Verantwortung für die Anfachung des grotesken Nationalismus durch die EU. Das Abhängigkeitsverhältnis innerhalb der EU verstärkte bei den dominierenden Mächten wie Deutschland den Großmachtchauvinismus und führte entsprechend in verschuldeten Ländern wie Griechenland zu einem Aufstieg des Nationalismus. Das Ergebnis ist ein dramatisches Wachstum faschistischer und fremdenfeindlicher Kräfte in ganz Europa.

Im Gegensatz zu diesen Organisationen mit ihrer antikommunistischen Feindschaft gegenüber der KKE und den Arbeitern, die sie anführt, versuchten unsere Genossen von der TOE mittels der Taktik der kritischen Wahlunterstützung für die KKE unserem Programm in einem Schlüsselsektor der Arbeiterklasse Gehör zu verschaffen. Während sich die KKE gegen die EU und die Spardiktate stellt, hat sie jedoch kein Programm, das über kämpferisches Druckausüben auf das Parlament durch eintägige Generalstreiks usw. hinausgeht. Ohne ein Programm zur Herrschaft der Arbeiterklasse hat sie sich dem Nationalismus verschrieben, der das Haupthindernis für den Aufbau einer revolutionären Arbeiterpartei in Griechenland ist. Es ist eine strategische Aufgabe beim Aufbau einer revolutionären Partei, die Arbeiterbasis der KKE für das internationalistische Programm von Lenins und Trotzkis Bolschewiki zu gewinnen.

Durch die Kampagne der TOE für kritische Unterstützung der KKE haben nicht wenige Arbeiter und Jugendliche zur Kenntnis genommen, dass die TOE nicht die kleinbürgerlichen, antikommunistischen Vorurteile anderer Organisationen teilt, die sich in Griechenland auf den Trotzkismus berufen. Dies ist ein kleiner, doch wichtiger erster Schritt im Kampf, den politisch fortgeschrittensten Schichten der Arbeiterklasse das Programm des authentischen Bolschewismus nahezubringen.

Adaptiert aus Workers Hammer Nr. 219, 6. Juli, Zeitung der Spartacist League/Britain