Spartakist Nr. 198

Mai 2013

 

Chinesische Stalinisten: Handlanger beim imperialistischen Kreuzzug gegen Nordkorea

Verteidigt die deformierten Arbeiterstaaten China, Nordkorea, Kuba, Vietnam und Laos!

Der nachfolgende Artikel ist übersetzt aus Workers Vanguard Nr. 1020, 22. März, Zeitung unserer Genossen der Spartacist League/U.S.

Als Nordkorea im Februar seinen dritten Atomversuch erfolgreich durchführte, antworteten die USA erwartungsgemäß mit Säbelrasseln und noch mehr. Während der neue US-Verteidigungsminister Chuck Hagel ankündigte, dass die „Raketenabwehr“stellungen an der Westküste erweitert würden, um der nordkoreanischen „Gefahr“ entgegenzutreten, sind gemeinsame Militärmanöver Tausender US- und südkoreanischer Soldaten, die an Übungen von Land-, Luft-, See- und Spezialoperationen teilnehmen, bereits im Gange. Des Weiteren haben die Imperialisten eine neue Runde von UN-Wirtschaftssanktionen durchgesetzt, zusätzlich zu den vergangenen Maßnahmen, die dazu beitrugen, einen Großteil der nordkoreanischen Bevölkerung auszuhungern. Verräterischerweise hat das Regime der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) vorangegangene Sanktionen unterstützt und dabei geholfen, Sechs-Parteien-„Gespräche“ zur atomaren Entwaffnung Nordkoreas zu vermitteln, das wie China ein bürokratisch deformierter Arbeiterstaat ist. Dieses Mal half Beijing sogar bei der Ausformulierung der Sanktionen, was ein erbärmlicher Ausdruck der stalinistischen Politik der „friedlichen Koexistenz“ mit dem Imperialismus ist.

Die UN-Resolution bittet nicht nur, sondern verpflichtet sogar die Mitgliedsländer, das Embargo gegen Nordkorea aktiv durchzusetzen. Durch eine Art Balanceakt hat Beijing bisher nie solche Maßnahmen gegen Pjöngjang ergriffen. China ist Nordkoreas einziger bedeutender Handelspartner und hilft eine Wirtschaft aufrechtzuerhalten, die 1991/92 durch die konterrevolutionäre Zerstörung der Sowjetunion – Nordkoreas ehemaligem wirtschaftlichem Rettungsanker – weit zurückgeworfen wurde. Doch es gibt Stimmen in der KPCh, die sagen, China solle für seinen einstigen Verbündeten keine Verantwortung mehr übernehmen. Die Londoner Financial Times (27. Februar) veröffentlichte einen Artikel von Deng Yuwen, dem stellvertretenden Chefredakteur der Study Times, Zeitschrift der Zentralen Parteischule der KPCh, der unumwunden erklärte: „Beijing sollte Pjöngjang fallen lassen und eine Wiedervereinigung der koreanischen Halbinsel vorantreiben.“ Chinas neuer Außenminister Wang Yi, der bei den 2008 gescheiterten Abrüstungsgesprächen als Chefunterhändler dabei war, ist dafür bekannt, dass er die Bindungen zwischen China und Nordkorea kappen möchte.

In dem Artikel gab Deng Yuwen zu, dass die Menschen in China allgemein „ihre Beziehung zu Pjöngjang aus dem Blickwinkel ihrer gemeinsamen Opfer während des Koreakrieges“ von 1950–53 betrachten. Dieser Krieg begann mit einer imperialistischen Invasion unter Führung der USA, um eine soziale Revolution zu zerschlagen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde unter militärischem Schutz der Sowjetunion im Norden unter Kim Il Sung ein Arbeiterstaat nach dem Vorbild der UdSSR unter der stalinistischen Bürokratie geschaffen, und die Arbeiter und Bauern führten einen Kampf zur Zerschlagung der Kapitalisten und Grundherren auf der gesamten Halbinsel. Die USA, in ihrer Nachkriegsrolle als imperialistischer Weltpolizist, benutzten die UNO als Feigenblatt, um ihre Kriegsmaschinerie gegen die koreanischen Massen loszulassen, und die Halbinsel wurde zur Frontlinie im Kalten Krieg gegen die Sowjetunion. Nach anfänglichen bedeutenden Geländegewinnen der Nordkoreaner gelang es dem US-Militärapparat, sie bis nahe an die koreanisch-chinesische Grenze, den Fluss Yalu, zurückzudrängen.

Erst das massive Eingreifen der Chinesischen Volksbefreiungsarmee (VBA) wendete das Blatt. Eine Reihe von Angriffswellen unter Einsatz von Menschenmassen – eine heroische Anstrengung, die eine Million Chinesen das Leben kostete –, warf die imperialistischen Streitkräfte über den 38. Breitengrad zurück. Mao Zedongs KPCh-Regime, das im Jahr zuvor die Macht erobert hatte, begriff, dass es die Imperialisten darauf abgesehen hatten, die soziale Revolution nicht nur in Korea, sondern auch in China rückgängig zu machen. Tatsächlich erwogen damals etliche Vertreter von Politik und Militär in den USA den Einsatz von Atombomben gegen China.

1953 besiegelte ein Waffenstillstand die Teilung der koreanischen Halbinsel zwischen dem deformierten Arbeiterstaat im Norden und dem kapitalistischen Staat im Süden. Die Imperialisten hatten Korea dem Erdboden gleichgemacht, und es ist erschütternd, dass dabei vier Millionen Koreaner starben. Seitdem haben die USA im Süden eine massive Militärpräsenz aufrechterhalten, die heutzutage 28 500 Soldaten ausmacht. Jahrzehntelang stützte diese Streitmacht verhasste Diktaturen. Die US-Militärstationierung war stets ein Dolch an der Kehle sowohl des chinesischen als auch des nordkoreanischen Arbeiterstaates und ebenso des gegen Ausbeutung und Unterdrückung kämpfenden südkoreanischen Proletariats.

Es ist die Pflicht des Proletariats weltweit, Nordkorea wie auch China gegen Imperialismus und kapitalistische Konterrevolution zu verteidigen – nicht zuletzt in den USA. Doch derartiges wird man gewiss nicht von der International Socialist Organization (ISO), Anhänger des verstorbenen Tony Cliff, hören. In „Why Are Tensions Rising in Korea?“ [Warum nehmen in Korea die Spannungen zu?] (socialistworker.org, 15. März) gibt David Whitehouse von der ISO zu: „Die gegenwärtige Krise ist Made in USA.“ Doch er ist auch bemüht, Nordkorea als „eine Tyrannei, in der der größte Teil der Bevölkerung in Armut lebt“, zu brandmarken. Der nicht mehr aktive Basketball-Superstar Dennis Rodman zeigte da einen weit besseren Impuls: Er traf den nordkoreanischen stalinistischen Führer Kim Jong Un bei einem Basketballspiel in Pjöngjang und berichtete, dass Kim eine Botschaft für Obama habe: Ruf mich an. Für diese schlichte Handlung wurde Rodman vom Pressesekretär des Weißen Hauses bis hin zu den örtlichen Medien allseits geschmäht, verspottet und verleumdet. Zu seiner Ehre hat er sich nicht einschüchtern lassen.

Der ISO-Artikel warnt vor möglichen Plänen einer Landinvasion Nordkoreas durch die USA und Südkorea. Das ist ziemlich dreist angesichts der Tatsache, dass bei der letzten derartigen Invasion im Jahre 1950 Cliff und seine Gefolgsleute vor den US- und britischen Imperialisten kapituliert hatten, indem sie es ablehnten, Nordkorea zu verteidigen. Dies markierte ihren endgültigen Bruch mit dem Trotzkismus. Seitdem haben die Cliff-Leute jede vom Imperialismus gesponserte konterrevolutionäre Bewegung unterstützt, die sich gegen die ehemalige Sowjetunion, China und andere nicht-kapitalistische Länder richtete. Die südkoreanischen Cliff-Anhänger, die näher an der entmilitarisierten Zone operieren, lassen an ihrer antikommunistischen Haltung keinen Zweifel aufkommen. Ein Artikel von Young-Ik Kim vom 23. Februar auf der Website socialistworker.co.uk mit dem Titel „North Korea: A Nuclear Bogeyman Created by the US“ [Nordkorea: Ein von den USA geschaffener atomarer Buhmann] prangert den nordkoreanischen Atomtest an, weil er „nichts mit Antiimperialismus oder Sozialismus zu tun“ habe. Des Weiteren vertritt er die Auffassung, dass das nordkoreanische „Atomprogramm – das auf Kosten der Existenzgrundlagen der Bevölkerung betrieben wird – nur die Spannungen in der Region verschärfen wird“. Dieser Satz hätte Wort für Wort im Wall Street Journal stehen können.

Diejenigen, die anders als die Cliff-Anhänger derartige Kriechereien ablehnen und die Notwendigkeit sehen, gegen den kapitalistischen Klassenfeind auf der Seite der Arbeiterstaaten zu stehen, müssen sich klar darüber sein, dass dies die Unterstützung für deren Entwicklung von Atomwaffen und geeigneten Trägersystemen einschließt – ein entscheidendes Abschreckungsmittel gegen imperialistische Angriffe. Chinesische Linke täten gut daran, sich an Chinas eigenen Kampf zur Erlangung von Atomwaffen zu erinnern. Wie wir in „Bureaucracy and Revolution in Moscow and Peking“ (Spartacist Nr. 3, Januar/Februar 1965) schrieben: „Dass China die Atombombe entwickelt hat, muss von allen revolutionären Marxisten als willkommene Stärkung der chinesischen Verteidigungseinrichtungen begrüßt werden, in einer Zeit, wo die Chinesische Revolution nicht nur vom US-Imperialismus aggressiv bedroht, sondern auch von der Sowjetbürokratie bei deren Suche nach ,friedlicher Koexistenz‘ systematisch verraten wird.“

Einige mögen einen tiefgreifenden Bruch zwischen dem heroischen Kampf der VBA in den Jahren 1950–53 und Beijings Kriecherei vor den Imperialisten bezüglich nordkoreanischer Atombomben heutzutage entdecken. In Wirklichkeit zeugen diese Fälle von dem widersprüchlichen Charakter der parasitären stalinistischen Bürokratie. Die Bürokratie ist, weil sie ihre Privilegien von der kollektivierten Wirtschaft bezieht, die die Grundlage des Arbeiterstaates bildet, zeitweise gezwungen, diesen Arbeiterstaat gegen kapitalistische Kräfte zu verteidigen. Gleichzeitig bedeutet das stalinistische Dogma des „Sozialismus in einem Lande“, dass die Bedürfnisse des eigenen Staates vorrangig sind. Dies führt unausweichlich zu dem Versuch, sich an den Weltimperialismus anzupassen, indem man anderen von Kommunistischen Parteien geführten Regimen in den Rücken fällt und Revolutionen in anderen Ländern ausverkauft.

Nach dem Bruch zwischen der sowjetischen und der chinesischen Bürokratie Ende der 1950er- und in den 1960er-Jahren schmiedete Maos China eine konterrevolutionäre Allianz mit dem US-Imperialismus gegen die UdSSR. In scharfer Opposition zu beiden Regimen erklärten wir Trotzkisten: Für kommunistische Einheit gegen den Imperialismus! Die Kontinuität zwischen Maos KPCh und dem heutigen Regime mit seiner „sozialistischen Marktwirtschaft“ liegt in ihrer gemeinsamen Ablehnung des marxistischen Programms der proletarischen Weltrevolution. Letztendlich, so betonte der bolschewistische Führer Leo Trotzki in Verratene Revolution (1936) und anderen Werken, werden bürokratische Privilegien, politische Unterdrückung der Arbeiterklasse und Beschwichtigungspolitik gegenüber dem Imperialismus die Existenz des Arbeiterstaates selbst bedrohen, wenn die stalinistische Kaste nicht von den Arbeitern weggefegt wird. Diese Voraussage bestätigte sich in der Sowjetunion auf tragische Weise.

Der nordkoreanische „Sozialismus in einem halben Land“ nach Art der Kims ist mit seiner Vetternwirtschaft und seinem Personenkult besonders primitiv. Trotz scharfer Rhetorik gegen die USA und ihre südkoreanischen Lakaien lehnt das Regime in Pjöngjang aber jegliche Perspektive für den revolutionären Sturz der südkoreanischen Kapitalistenklasse ab. Wir rufen zur revolutionären Wiedervereinigung Koreas durch proletarisch-politische Revolution im Norden und sozialistische Arbeiterrevolution im Süden auf. Dies ist Teil der Perspektive der Internationalen Kommunistischen Liga für ein sozialistisches Asien, das auch eine politische Revolution in China, die das stalinistische Regime hinwegfegt, und vor allem den proletarischen Sturz des japanischen Imperialismus erfordert. Die IKL hat sich zur Aufgabe gemacht, leninistisch-trotzkistische Parteien zu schmieden, die solche Kämpfe weltweit anführen.