Spartakist Nr. 209

August 2015

 

Für Klassenkampf gegen die eigenen kapitalistischen Herrscher!

Griechenland: „Nationale Einheit“ ist Betrug!

Nachfolgender Artikel unserer Genossen der Trotzkistischen Gruppe Griechenlands (TGG) vom 22. April wurde auf Mai-Kundgebungen in Athen und Thessaloniki verbreitet.

Syrizas Wahlsieg vom 25. Januar weckte bei vielen arbeitenden Menschen die Hoffnung, die Last der Verwüstungen durch die Wirtschaftskrise und die von EU und IWF aufgebürdete Austerität würden etwas erleichtert. Weniger als einen Monat später kapitulierte Syriza vor einer viermonatigen Verlängerung der Bedingungen des [EU-IWF-Austeritäts-]Memorandums und machte zahlreiche Wahlversprechen rückgängig. Dennoch machen sich immer noch viele arbeitende Menschen Hoffnung auf einige Verbesserungen – was Arbeitsplätze, Löhne und Renten angeht – und haben die Vorstellung, dass Syriza zumindest versucht, der Troika die Stirn zu bieten. Aber früher oder später wird klar werden, dass Syriza ihre Versprechen nicht erfüllen kann. Und zwar, wie wir in unserer Wahlkampferklärung erläuterten, nicht nur „weil sie für den Verbleib Griechenlands in der EU steht, was noch mehr Hunger und Arbeitslosigkeit bedeutet, sondern auch, weil sie in keiner Weise die Interessen der Arbeiterklasse vertritt“ („Keine Stimme für Syriza! Wählt KKE!“ – Erklärung der Trotzkistischen Gruppe Griechenlands, 15. Januar, abgedruckt in Spartakist Nr. 207, März 2015).

Syriza stand schon immer für die Aufrechterhaltung des kapitalistischen Systems und für eine weitere Mitgliedschaft Griechenlands in EU und Eurozone. Das bedeutet, sich dem Zweck der EU zu unterwerfen, der darin besteht, den kapitalistischen Profit zu maximieren durch Verschlechterung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeiter und Unterdrückten ganz Europas, auch der in imperialistischen Ländern wie Deutschland. Es bedeutet auch, die arbeitenden Menschen für die Schulden zahlen zu lassen, die die Kapitalisten und ihre blutsaugerischen Banken aufgehäuft haben. Von der Zerschlagung der Arbeiterrechte und dem Aufzwingen von Austerität durch die EU profitieren nicht nur die Imperialisten, sondern auch die griechische Kapitalistenklasse.

Unsere Partei, die Internationale Kommunistische Liga, steht schon immer in Opposition zur imperialistischen EU und dem Euro – auch unsere Sektionen in imperialistischen Ländern wie Deutschland, Frankreich und Britannien. Wir wissen, dass die EU ein instabiles – weil auf bürgerlichen Nationalstaaten aufgebautes – Konsortium kapitalistischer Mächte ist und von den Imperialisten, hauptsächlich von Deutschland, dominiert wird. Daher ist die EU ein Zusammenschluss kapitalistischer Ausbeuter gegen die Arbeiter mit dem Zweck, einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den imperialistischen Rivalen wie USA und Japan zu erlangen. Die EU kann deshalb nicht zu einem „sozialen“ Europa reformiert werden, das den Interessen der arbeitenden Menschen dient, wie es Syriza und andere behaupten. Nieder mit der imperialistischen EU!

Wegen unserer prinzipienfesten Klassengegnerschaft zur bürgerlichen Syriza-Partei und der imperialistischen EU gaben wir bei den Wahlen vom 25. Januar der reformistischen KKE [Kommunistische Partei Griechenlands] kritische Wahlunterstützung. Doch, wie unsere Propaganda erläuterte, riefen wir zwar zur Stimmabgabe für die KKE auf, kritisierten aber scharf deren nationalistisch-populistisches Programm, das ein Hindernis für den Kampf für die sozialistische Revolution ist. Wir lehnten jegliche Stimmabgabe für Syriza und auch alle reformistischen Linken in ihrem Schlepptau, wie Antarsya, ab. Und wir stehen in unversöhnlicher Opposition zu dieser sogenannten „linken“ kapitalistischen Regierung. Keine Unterstützung für die Syriza-Regierung!

Marxisten geben keiner kapitalistischen Regierung irgendeine Unterstützung, egal ob sie von einer bürgerlichen Partei wie Syriza oder sogar von einer reformistischen Arbeiterpartei wie der KKE geführt wird. Das gilt sowohl auf nationaler als auch auf lokaler Ebene. Im Gegensatz zu vorgeblichen Marxisten, die die Auffassung verbreiten, die Arbeiter könnten den vorhandenen Staat übernehmen, erklärte Marx in Der Bürgerkrieg in Frankreich (1871), „die Arbeiterklasse kann nicht die fertige Staatsmaschinerie einfach in Besitz nehmen und diese für ihre eignen Zwecke in Bewegung setzen“. Und wie Lenin in Staat und Revolution (1917) erläuterte, müssen die Arbeiter „die bürgerliche Staatsmaschine“ durch eine Revolution „zerschlagen“ und sie durch ihre eigene Klassendiktatur ersetzen, durch die „Diktatur des Proletariats“, die auf Machtorganen der Arbeiterklasse wie den Sowjets basiert. Im Gegensatz zu dieser Einsicht verbreiten Antarsya und andere Reformisten die Illusion, man könne diese bürgerliche Regierung dazu drängen, den griechischen Kapitalismus in Richtung Sozialismus zu reformieren. Die von der Linken, einschließlich der KKE, propagierten nationalistisch-populistischen Illusionen sind dem Marxismus und Leninismus auch deshalb entgegengesetzt, weil sie die soziale Macht der Arbeiterklasse in einem griechischen „Volk“ auflösen, das angeblich gemeinsame nationale Interessen gegen die Imperialisten und die großen Monopole hat.

Der leninistische Kampf für proletarische Klassenunabhängigkeit

Die Voraussetzung für den Sieg der Oktoberrevolution von 1917, der einzigen erfolgreichen Arbeiterrevolution der Welt, war die Schmiedung einer leninistischen Avantgardepartei, die dafür kämpfte, völlige politische und organisatorische Unabhängigkeit der Arbeiterpartei von allen bürgerlichen und kleinbürgerlichen politischen Kräften sicherzustellen. In einer Polemik gegen die Menschewiki stellte Lenin fest: „Denn der denkende Arbeiter weiß, dass in der Rolle von Ratgebern am gefährlichsten gerade jene liberalen Arbeiterfreunde sind, die die Interessen der Arbeiter zu verfechten vorgeben, in Wirklichkeit aber die Selbständigkeit des Proletariats als Klasse und seine Organisation zerstören“ („Liberale Demoralisierung der Arbeiter“, 31. Januar 1914). So ist die Frage, wessen Klasseninteressen eine Partei oder eine Bewegung wirklich vertritt, auch wenn sie ein bisschen linke Rhetorik von sich gibt, für Revolutionäre eine entscheidende Frage.

Große Teile der griechischen Linken, auch die KKE, bezeichnen Syriza fälschlicherweise als reformistische oder sozialdemokratische Arbeiterpartei. Aber solche Parteien haben eine Basis in der Arbeiterklasse und eine prokapitalistische Führung. Syriza war nie in der Arbeiterklasse verankert und vertritt offen die Klasseninteressen der Bourgeoisie. Syrizas Basis war schon immer das Kleinbürgertum: Studenten, Kleinunternehmer, Bauern und Leute in gehobenen Berufen wie Ärzte, Rechtsanwälte und Professoren. Warum ist das wichtig? Weil dieser heterogene Teil der Gesellschaft, anders als das Proletariat, keine unabhängigen Klasseninteressen besitzt. Die oberen Schichten des Kleinbürgertums sind direkt mit der Großbourgeoisie verbunden, während seine Mittelschichten von den Großkapitalisten ausgepresst werden. Die unteren Schichten des Kleinbürgertums werden unter dem Kapitalismus zwar oft unterdrückt, doch haben sie kein unmittelbares Klasseninteresse am Sturz des Kapitalismus und neigen deshalb dazu, in ihren politischen Anschauungen der Bourgeoisie zu folgen.

Davon unterscheidet sich das Proletariat in einer kapitalistischen Gesellschaft durch sein Verhältnis zu den Produktionsmitteln: Seine Arbeit in der Großindustrie ist die Quelle enormer Profite der Kapitalistenklasse, die aus der Ausbeutung der Arbeiter stammen, denen nichts als ihre Arbeitskraft gehört. Das gibt dem Proletariat die Macht, die Profite der Bourgeoisie durch Streiks zu stoppen. Darüberhinaus kann das Proletariat seine Ausbeutung nur durch die Zerschlagung des Privateigentums an den Produktionsmitteln beenden – indem es den Kapitalisten die Fabriken, Bergwerke und Banken entreißt und sie zum gemeinsamen Besitz der gesamten Gesellschaft macht: Kollektivierung. Daher hat nur das Proletariat sowohl die Macht als auch das historische Interesse, eine sozialistische Revolution durchzuführen. Eine solche Revolution würde nicht nur die Klassenausbeutung beenden, sondern auch die Grundlage schaffen für die Abschaffung aller möglichen Formen kapitalistischer Unterdrückung, unter denen die Massen leiden, wie zum Beispiel Frauen-, Rassen- und nationale Unterdrückung. Eine sozialistische Revolution würde also auch die unterdrückten Schichten des Kleinbürgertums befreien.

Im Gegensatz zu dem von der griechischen Linken verbreiteten Mythos, eine Revolution werde vom „Volk“ gemacht, schrieb Marx im Kommunistischen Manifest (1848):

„Von allen Klassen, welche heutzutage der Bourgeoisie gegenüberstehen, ist nur das Proletariat eine wirklich revolutionäre Klasse…

Die Mittelstände, der kleine Industrielle, der kleine Kaufmann, der Handwerker, der Bauer, sie alle bekämpfen die Bourgeoisie, um ihre Existenz als Mittelstände vor dem Untergang zu sichern. Sie sind also nicht revolutionär, sondern konservativ. Noch mehr, sie sind reaktionär, sie suchen das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Sind sie revolutionär, so sind sie es im Hinblick auf den ihnen bevorstehenden Übergang ins Proletariat, so verteidigen sie nicht ihre gegenwärtigen, sondern ihre zukünftigen Interessen, so verlassen sie ihren eigenen Standpunkt, um sich auf den des Proletariats zu stellen.“

So ist der Kampf zum Sturz des Kapitalismus keine Schlacht zwischen einem revolutionären „Volk“ und den Monopolen, sondern zwischen den beiden grundlegenden, antagonistischen Klassen im Kapitalismus – dem Proletariat und der Bourgeoisie. In diesem Kampf muss es das Ziel des Proletariats sein, unterdrückte Schichten des Kleinbürgertums für seine Seite zu gewinnen. Dies kann es aber nur tun, indem es für eine revolutionäre Lösung der kapitalistischen Krise kämpft, indem es zeigt, dass die Unterdrückung der Massen nur durch die Machtergreifung des Proletariats und die Enteignung der Bourgeoisie ein Ende findet.

Reformistische Linke beteiligt sich an Orgie der „Nationalen Einheit“

Bisher hat die Troika Syrizas Plan vereitelt, zur Stabilisierung der kapitalistischen Ordnung in Griechenland den arbeitenden Menschen einige Krumen hinzuwerfen. So musste Syriza zunehmend zur Ideologie des Nationalismus Zuflucht nehmen, um die arbeitenden Menschen hinter der griechischen Bourgeoisie zu vereinen. Nationalismus ist eine bürgerliche Ideologie, die die Lüge verbreitet, dass Arbeiter und ihre kapitalistischen Herrscher ein gemeinsames nationales Interesse teilen. Syriza propagiert dieses Gift. Sie gab nicht nur den immigranten-, juden- und schwulenfeindlichen Unabhängigen Griechen (ANEL) das Verteidigungsministerium, sondern die neue Regierung legte schon in den ersten Tagen ihrer Machtübernahme Wert darauf, nationalistischen Hass gegen die Türkei zum großen Thema zu machen – [Verteidigungsminister Panos] Kammenos reiste nach Imia [umstrittene Inseln vor der türkischen Küste] und Tsipras besuchte Zypern, um türkische „Provokationen“ zu verurteilen.

Syrizas Zusicherung, in der EU zu bleiben, war auch eine Zusicherung, weiterhin die Grenzen der rassistischen „Festung Europa“ zu überwachen und die verzweifelten Opfer der vom Imperialismus verursachten Hungersnöte und Kriege auszusperren, die ihr Leben riskieren, um aus Asien, dem Nahen Osten und Afrika hierher zu gelangen. Syrizas Behauptung, sie helfe die Not der Immigranten zu lindern, wird vollends Lügen gestraft: Sie führen weiterhin Polizeirazzien gegen Immigranten durch und arbeiten mit imperialistischen Agenturen wie Frontex zusammen. Die Arbeiterklasse muss gegen die Teile-und-herrsche-Politik der griechischen Bourgeoisie kämpfen, die versucht Immigranten zu Sündenböcken zu machen. Wir sagen: Volle Staatsbürgerrechte für alle Immigranten! Keine Abschiebungen!

Weit davon entfernt, sich der Kampagne der Regierung für „nationale Einheit“ zur Rettung des griechischen Kapitalismus entgegenzustellen, strömte ein Großteil der Linken zu regierungsfreundlichen Demonstrationen wie der vom 11. Februar auf dem Syntagma-Platz [in Athen]. Unter Losungen, die Tsipras’ Parlamentsreden aufgriffen, wie zum Beispiel „Wir lassen uns nicht erpressen!“, versammelten sich Tausende unter griechischen Fahnen zu Demonstrationen, um den Imperialisten zu zeigen, dass das griechische „Volk“ die Regierung bei ihren Verhandlungen mit der Troika unterstützt. Aber bei den Verhandlungen Griechenlands mit der Troika geht es darum, die Unterordnung Griechenlands unter die Imperialisten aufrechtzuerhalten und nicht darum, sie zu beenden. Syriza möchte nur die Bedingungen der Unterdrückung neu verhandeln.

Antarsya zeigte mit ihrem Aufruf zur Teilnahme an den Demonstrationen vom 11. Februar ganz offen ihre Illusionen in die Syriza-Regierung: „Die Regierung muss umgehend die Forderungen der Massenbewegung erfüllen.“ Auch die Revolutionäre Arbeiterpartei (EEK) beteiligte sich an der Orgie der „nationalen Einheit“ mit Syriza und begrüßte die regierungsfreundlichen Proteste vom Februar als „eine stolze kämpferische Antwort an die kapitalistische Troika“ („Nein zur Erpressung durch die imperialistischen Diebe!“, Nea Prooptiki [Neue Perspektive], 15. Februar). Die EEK beruft sich zu Unrecht auf das Erbe von Trotzkis Vierter Internationale, die seit ihrer Gründung „Volksfront“-Bündnisse zwischen Arbeiterparteien und bürgerlichen Kräften ablehnte. Doch genau zu so einer Volksfront rief die EEK auf, als sie forderte, die bürgerliche Syriza solle zusammen mit der KKE, einer reformistischen Arbeiterpartei, eine Regierung bilden („Das griechische Volk hat die Welt erschüttert“, 3. Februar).

Die KKE nahm an dieser Orgie der nationalen Einheit nicht teil und verurteilte die Demonstrationen der Koalitionsregierung für „nationale Eintracht“. Doch wenn es um die Verteidigung der Grenzen des kapitalistischen Griechenland geht, selbst jetzt, wo ein extrem Rechter als Minister für nationale Verteidigung an der Macht ist, lässt die KKE ihre Sprüche gegen nationale Einheit wieder in der stalinistischen Versenkung verschwinden. In Rizospastis vom 8. März beklagt sie sich, die Regierung würde Griechenlands nationale Interessen gegenüber der Türkei schwächen („Der türkische Bescheid (NOTAM) und die Regierung“). Das ist Gift für das Bewusstsein der Arbeiterklasse und lenkt nur die Wut und die Verzweiflung der arbeitenden Massen vom wirklichen Feind, der griechischen Bourgeoisie, auf die Arbeiter von Nachbarländern wie der Türkei ab.

Für proletarischen Internationalismus!

Die Syriza-Regierung hat die Kampagne angeheizt, von der deutschen Bourgeoisie von Auschwitz die Zahlung von Milliardenreparationen für die Greuel zu erbetteln, die der Bevölkerung Griechenlands unter der Nazibesatzung zugefügt wurden. Die griechische Bourgeoisie benutzt diese Kampagne, um unter den Griechen nationalistische Feindschaft gegenüber allen Deutschen zu schüren. Wir weisen die Lüge zurück, das deutsche „Volk“ sei für die Verbrechen der deutschen Imperialisten kollektiv verantwortlich. Deutschland ist eine in Klassen geteilte Gesellschaft, wo die kapitalistischen Herrscher ihre „eigenen“ Werktätigen ausbeuten und unterdrücken, wie es kapitalistische Herrscher überall tun.

Es ist pure Heuchelei, wenn die griechische Bourgeoisie Reparationen fordert. Ein großer Teil der Bourgeoisie kollaborierte mit den Nazibesatzern, während sich der andere Flügel der Bourgeoisie mit den „demokratischen“ britischen und US-Imperialisten verbündete, die die revolutionären Arbeiter- und Bauernmassen Griechenlands abschlachteten, wobei sie auch faschistische Sicherheitsbataillone einsetzten. Syrizas Kampagne ist ein nationalistisches Manöver, um die Aufmerksamkeit vom Bankrott ihrer „Anti-Austeritäts“- Politik abzulenken, und hat nichts mit wirklicher Gerechtigkeit für die Opfer imperialistischer Kriegsverbrechen zu tun. Zu solchen Verbrechen gehören nicht nur Massaker wie in [den griechischen Kleinstädten] Distomo und Kalavryta, sondern auch der Holocaust, bei dem der größte Teil der jüdischen Bevölkerung Griechenlands ermordet wurde. Die Opfer von Zwangsarbeit und die Angehörigen von Opfern der Massaker müssen selbstverständlich jegliche von ihnen beanspruchte finanzielle Entschädigung erhalten.

Auch die Arbeiter in Deutschland haben in den vergangenen Jahren im Namen der Profitabilität große Lohnkürzungen und eine Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen hinnehmen müssen, und die schwindelerregend hohe Anzahl von 12,5 Millionen Menschen wird dort als arm eingestuft. Im Kampf gegen die imperialistische EU und alle Ausbeuter müssen die griechischen Arbeiter auf die Arbeiterklassen imperialistischer Länder wie Deutschland als Verbündete setzen. Wie unsere Genossen in Deutschland schrieben: „Klassenkampf in Deutschland und in Frankreich in Solidarität mit den griechischen, italienischen, spanischen und portugiesischen Arbeitern würde nicht nur deren Kämpfe gegen die Austeritätspolitik auf eine breitere Basis stellen, sondern auch den Arbeitern in ganz Europa helfen, sich vom Nationalismus zu befreien und mit ihrer eigenen Bourgeoisie zu brechen“ („Nieder mit der EU! Für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa!“, Spartakist Nr. 191, Januar 2012).

Insoweit Organisationen der Linken hier zum Austritt Griechenlands aus Eurozone und EU aufrufen, tun sie dies von einem nationalistischen und reformistischen Standpunkt aus. Würde Griechenland die EU als Folge militanter Arbeiterkämpfe verlassen, wäre dies ein wichtiger Schritt nach vorn, der erlauben würde, die griechische Währung abzuwerten, und der zur Erschütterung der imperialistischen Ordnung in Europa beitragen würde. Aber das allein ist noch keine Lösung. Unter dem Kapitalismus wird Griechenland, ein kleines Land mit wenig Industrie und Ressourcen, immer vom Imperialismus abhängig bleiben. Darüberhinaus ist die Wirtschaftskrise, unter der Griechenland leidet, Teil einer weltweiten wirtschaftlichen Krise des imperialistischen Systems. Der einzige Ausweg für die Arbeiter und die Unterdrückten ist der Kampf für eine sozialistische Revolution hier und international, einschließlich in den imperialistischen Zentren. Für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa!

Die Forderung der KKE nach dem EU-Austritt Griechenlands beruht nicht auf Internationalismus, sondern auf Nationalismus. Im Gegensatz zu einer revolutionären internationalistischen Perspektive behauptet die KKE: „In Griechenland bestehen die materiellen Bedingungen für den sozialistischen Aufbau“, und dieser „kann die Befriedigung der Bedürfnisse des Volkes gewährleisten“ („Programm der KKE“, 19. Kongress, April 2013). Für Marxisten bedeutet Sozialismus eine Gesellschaft materiellen Überflusses basierend auf der Kollektivierung und qualitativen Weiterentwicklung der fortgeschrittensten Produktivkräfte, die heute in den imperialistischen Ländern konzentriert sind. Wie Engels in „Grundsätze des Kommunismus“ (1847) schrieb:

19. Frage: Wird diese Revolution in einem einzigen Lande allein vor sich gehen können?

Antwort: Nein. Die große Industrie hat schon dadurch, dass sie den Weltmarkt geschaffen hat, alle Völker der Erde, und namentlich die zivilisierten, in eine solche Verbindung miteinander gebracht, dass jedes einzelne Volk davon abhängig ist, was bei einem andern geschieht… Die kommunistische Revolution wird daher keine bloß nationale … sein… Sie ist eine universelle Revolution und wird daher auch ein universelles Terrain haben.“

Das Programm der KKE verwirft somit einen Grundpfeiler des Marxismus.

Für proletarische Massenmobilisierungen, um die Faschisten zu stoppen!

Durch die Verbreitung von reaktionärem griechischem Nationalismus stärken Syriza und die Reformisten die Ideologie, von der sich die Faschisten nähren. Jeder, der Augen hat, kann sehen, dass sich die [faschistische] Goldene Morgenröte und andere rechte Kräfte auf Syrizas Scheitern vorbereiten, um als „Retter“ der Nation vor der EU und der Zerstörung durch die „Linke“ einzuspringen.

Wenn das finanziell ruinierte Kleinbürgertum und die arbeitslosen Massen nicht erkennen, dass die Arbeiterklasse für ein Programm radikaler Forderungen zur Beendigung von Arbeitslosigkeit und Armut kämpft, dann werden ihnen zunehmend die „radikalen“ Lösungen der Faschisten attraktiv erscheinen. Die Faschisten lenken Empörung und Verzweiflung des Kleinbürgertums vom Großkapital ab und machen sich den Abscheu der Massen vor der parlamentarischen Politik der „Linken“ zunutze. Wie der bolschewistische Führer Leo Trotzki in den 1930er-Jahren schrieb, als die Faschisten in Frankreich auf dem Vormarsch waren: „Erst ruiniert das Großkapital die Mittelklassen und hetzt dann mit Hilfe bezahlter faschistischer Demagogen den verzweifelten Kleinbürger auf den Arbeiter“ (Wohin geht Frankreich?, Oktober 1934).

Dies unterstreicht, wie dringlich es ist, dass die organisierte Arbeiterbewegung kämpft, um die faschistische Bedrohung zu stoppen, bevor sie noch größer wird. Trotz ihrer antifaschistischen Sprüche entwaffnet die griechische Linke in der Praxis die Arbeiter und Unterdrückten in ihrem Kampf gegen den Faschismus politisch. Da ist zum Beispiel die kriminelle Passivität gegenüber den Faschisten von Seiten der verräterischen Gewerkschaftsführer, auch jenen von der KKE-Gewerkschaftsfront PAME. Die historische Aufgabe der Faschisten ist es, die organisierte Arbeiterbewegung zu zerschlagen und politische Freiheiten zu unterdrücken, wenn die Kapitalisten nicht mehr mittels der „demokratischen“ Staatsmaschinerie regieren können. Zehn- und Hunderttausende werden von den Gewerkschaften und PAME regelmäßig für alle möglichen Demonstrationen auf die Straße geholt. Doch diese soziale Macht wird nicht mobilisiert, wenn es am meisten zählt – um zu verhindern, dass die viel kleineren Kräfte der Goldenen Morgenröte ihre Massenkundgebungen abhalten, die dazu dienen, den Faschisten das Selbstvertrauen zu geben, brutale Angriffe auf Immigranten, Linke und Schwule durchzuführen.

Eine massive Machtdemonstration durch eine Einheitsfront der Arbeiter, die den Kapitalisten die Profite abdrehen können, würde nicht nur die Faschisten in ihre Löcher zurücktreiben, sondern auch den Arbeitern ein Gefühl ihrer eigenen Stärke geben. Auf diese Weise kann das Proletariat in der Aktion beweisen, dass es Selbstvertrauen hat, und es kann Teile des unterdrückten Kleinbürgertums auf seine Seite ziehen. Auch zum Schutz der Opfer der faschistischen Banden in den Stadtvierteln müssen Tausende von Arbeitern durch ihre Gewerkschaften in Verteidigungsgruppen organisiert werden. Die Arbeitereinheitsfront stellt die Tatsache heraus, dass es bei dem Kampf nicht um „Demokratie“ kontra Faschismus geht, sondern um Klasse gegen Klasse. Sie gibt Revolutionären ein Instrument an die Hand, um die Führung der Arbeiterklasse zu kämpfen und muss deshalb auf dem von Lenin erläuterten Prinzip „getrennt marschieren, vereint schlagen“ beruhen. Das bedeutet, dass Revolutionäre ihren polemischen Kampf innerhalb der Einheitsfront weiterführen, um die Reformisten und Gewerkschaftsbürokraten zu entlarven.

Haupthindernis für einen machtvollen Einheitsfrontkampf gegen die Faschisten sind die tiefsitzenden Illusionen in den „demokratischen“ kapitalistischen Staat, die von den Linken verbreitet werden. Den explizitesten Ausdruck finden diese Illusionen bei der Sozialistischen Arbeiterpartei (SEK) und ihrer Bewegung gegen Rassismus und die faschistische Bedrohung (KEERFA), die unablässig „Gefängnis für die mordenden Neonazis“ fordern. Die SEK fordert sogar den Minister, dem die Polizei unterstellt ist, dazu auf, „die Enklaven der Goldenen Morgenröte, die es innerhalb der Polizei gibt, zu beseitigen“ (Arbeitersolidarität, 11. März). Das ist ein Aufruf an das kapitalistische System, es solle die Faschisten stoppen, die es selber ausbrütet. Gegen solche reformistischen Illusionen in den Staat schrieb Trotzki:

„Aber machen wir noch eine fantastische Annahme: Daladier-Frossards [die Führer der französischen Radikalen und der Sozialistischen Partei] Polizei ,entwaffnet‘ die Faschisten. Wäre damit die Frage etwa gelöst? Wer wird denn die Polizei selbst entwaffnen, die mit der Rechten den Faschisten zurückerstatten wird, was sie ihnen mit der Linken nahm? Die Komödie der Entwaffnung durch die Polizei würde nur die Autorität der Faschisten als Kämpfer gegen den kapitalistischen Staat erhöhen“ (Wohin geht Frankreich?)

SEK und Antarsya mögen vom Aufbau einer „Einheitsfront“ reden, was sie aber meinen, ist eine Bewegung der Klassenzusammenarbeit mit der bürgerlichen Syriza. Eine Massen-Einheitsfront der Arbeiterklasse muss zwar alle antifaschistischen Arbeiter umfassen, auch die, die immer noch Syriza, PASOK oder andere bürgerliche Parteien unterstützen, aber wir rufen diese Parteien nicht dazu auf, am Kampf gegen den Faschismus teilzunehmen. Denn es ist uns bewusst, dass der Faschismus eine Ausgeburt des kapitalistischen Systems selbst ist und Aufrufe an die Kapitalisten, die Faschisten zu stoppen, nur dazu dienen können, Arbeiter vom revolutionären Kampf abzulenken. Die Einheitsfront ist eine Taktik zur Durchführung einer gemeinsamen Aktion für bestimmte konkrete Forderungen – wie zum Beispiel eine faschistische Provokation zu verhindern – und nicht ein andauernder politischer Block jener Art, wie ihn SEK und Antarsya aufbauen.

Nicht „Volksmacht“, sondern Arbeitermacht!

Die KKE rechtfertigt sich für ihre Passivität gegenüber den Faschisten unter anderem mit dem Argument, der „einzige Weg zur Beseitigung des Faschismus“ sei eine sozialistische Revolution, was stimmt. Aber heißt das, dass Arbeiter sich selbst und die Unterdrückten bis dahin nicht verteidigen müssen? Liegen nicht Arbeitslosigkeit, Frauenunterdrückung und Rassismus ebenso im Wesen des Kapitalismus begründet? Sollen die Arbeiter dagegen nicht hier und jetzt kämpfen? Sollen die Arbeiter sich von den Faschisten abschlachten lassen? Wer wird dann die sozialistische Revolution anführen? Der Kampf gegen den Faschismus heute muss notwendigerweise mit dem Kampf verknüpft werden, den Faschismus durch den Sturz des Kapitalismus ein für alle Mal zu beseitigen. Die Weigerung der KKE, für die Verteidigung der Arbeiterbewegung gegen die faschistische Bedrohung zu kämpfen, beweist, dass ihr Programm nicht darin besteht, die Arbeiter für eine revolutionäre Machtergreifung zu organisieren.

Mag die KKE auch sagen, sie sei dafür, die Faschisten ideologisch zu „isolieren“, doch wenn sie an ein nationales Volksinteresse appelliert, greift sie den Populismus der Rechten auf: „Männer und Frauen des Militärs und der Sicherheitskräfte, wir rufen euch auf, die KKE zu unterstützen, für die Interessen des Volkes, für die Interessen unseres Landes“ (Erklärung der KKE vom April 2014 zu den Europawahlen). Hieß es nicht im Kommunistischen Manifest: „Die Arbeiter haben kein Vaterland“ [unsere Hervorhebung]? Die nationalistischen Appelle der KKE an den Unterdrückungsapparat des kapitalistischen Staates haben nichts mit Marxismus oder Leninismus zu tun. Die KKE-Zeitung Kommunistische Rundschau Nr. 1 (2015) enthält einen langen Artikel über „bürgerlichen Staat und Regierung“, worin endlos Lenin zitiert wird über das repressive Wesen des Staates und die Notwendigkeit, ihn zu stürzen. Doch diese Worte werden durch die Taten der KKE Lügen gestraft. Stellte die KKE nicht Giannis Douniadakis als Wahlkandidaten auf, einen ehemaligen griechischen Flottenadmiral und ein Mitglied der Nationalen Verteidigungsbewegung (KETHA), die für „die patriotische Ausrichtung der Streitkräfte“ des kapitalistischen Griechenlands kämpft? Und hat die KKE nicht wiederholt Delegationen geschickt, um reaktionären Polizeiorganisationen, die fälschlicherweise „Gewerkschaften“ genannt werden, ihre Solidarität zu bekunden?

Bullen sind nicht Teil der Arbeiterbewegung. Sie sind die bezahlten Schläger des kapitalistischen Staates, und ihre Rolle besteht nicht darin, „die Bürger zu schützen“, sondern die Sicherheit der Bourgeoisie vor den Kämpfen des Proletariats zu gewährleisten. Ihre Rolle ist es, Immigranten zu verhaften und zu foltern, Streikpostenketten zu zerschlagen zusammen mit Streikbrechern, die von den großen und kleinen Kapitalisten zur Verteidigung ihres Privateigentums angeheuert werden, Streiks zu brechen und Studentenproteste niederzuschlagen. Genau wie am 17. April, als an der Universität von Athen auf Anordnung von Tsipras Anarchisten verhaftet wurden. Hände weg von den anarchistischen Demonstranten! Ein Musterbeispiel für die Streikbrecherrolle der Bullen war ihr Angriff auf den monatelangen Streik am Stahlwerk von Aspropyrgos. Doch die KKE-Führung hat kein Problem damit, den Polizeiorganisationen, deren Bullen diesen Streik zerschlugen, ihre „Solidarität“ zu bekunden – ein Streik, bei dem PAME Teil der Führung war! Bullen, Gefängniswärter und Sicherheitsleute raus aus den Gewerkschaften!

Was wirklich hinter dem Gerede der KKE von „Volk“ kontra „Monopole“ steckt, ist eine Anpassung an das „Kleinkapital“ gegenüber dem „Großkapital“. Griechenland hat ein sehr kleines Industrieproletariat und eine entsprechend große städtische Kleinbourgeoisie. Griechenlands privater Sektor besteht vor allem aus Kleinunternehmen, in denen die Arbeiter größtenteils nicht gewerkschaftlich organisiert sind. Revolutionäre müssen dafür kämpfen, die Gewerkschaften für eine Massenkampagne zur Organisierung dieser Arbeiter zu gewinnen sowie zur Aufhebung des Gesetzes, das an Arbeitsplätzen mit weniger als 21 Beschäftigten die Gründung von Gewerkschaften untersagt. Aber die KKE sagt in ihrem Papier „Für die Selbstständigen, kleinen Unternehmer, Handwerker und Händler – Thesen des Zentralkomitees der KKE“, dass die Partei „die Selbstständigen mit Belegschaft“ organisieren muss, d. h. die Ausbeuter dieser Arbeiter! Diese politische Ausrichtung auf die kleinen Ausbeuter ist ein konkretes Beispiel dafür, wie die KKE die Arbeiterklasse im „Volk“ aufgehen lässt.

In Griechenland liegt die wirkliche soziale Macht für eine revolutionäre Umwandlung nicht in einer breiten Front des Volkes, wie die KKE behauptet, sondern bei dem kleinen, aber kämpferischen Proletariat, d. h. Seeleute, Hafenarbeiter, Arbeiter im Personennahverkehr und bei der Bahn, in Berg- und in Elektrizitätswerken. Das ist die Klasse, die die Macht besitzt, die Produktion lahmzulegen, den Profitfluss zum Erliegen zu bringen, die Produktionsmittel zu enteignen und die Bourgeoisie zu stürzen. Die seiner geringen Größe geschuldete relative Schwäche des griechischen Proletariats unterstreicht die Notwendigkeit, nach Verbündeten außerhalb des Landes Ausschau zu halten. Eine Arbeiterrevolution in Griechenland würde bei dem mächtigen Proletariat größerer Länder, von der Türkei über Spanien bis Deutschland, begeisterte Unterstützung hervorrufen.

Es war die Arbeiterklasse, nicht das „Volk“, die im Oktober 1917 in Russland die Macht ergriff. Das war eine proletarische Revolution, die keine „Volksmacht“ errichtete, sondern die revolutionäre Diktatur des Proletariats, unterstützt von der Masse der unterdrückten Bauern. So argumentierte Lenin in „Die Aufgaben des Proletariats in unserer Revolution“ (23. April 1917) dafür, „dass ,der süßlichen Limonade revolutionär-demokratischer Phrasen Essig und Galle beigemischt wird‘“, forderte „Schulung und Vereinigung der Elemente der bewussten proletarischen, der kommunistischen Partei“ und „Befreiung des Proletariats von dem ,allgemeinen‘ kleinbürgerlichen Taumel“. Mit einem derart zugespitzten, unabhängigen Klassenprogramm führten Lenin und Trotzki das Proletariat an die Macht. Das ist das Gegenteil davon, was die KKE-Führung in den 1940er-Jahren in Griechenland tat, als sie durch Unterordnung der Arbeiter unter die stalinistische Allianz mit den „demokratischen“ Imperialisten im Zweiten Weltkrieg eine Revolution verriet (siehe „Griechenland 1940–49: Eine verratene Revolution“, Spartacist, deutsche Ausgabe Nr. 30, Winter 2014/15).

Als authentische Leninisten-Trotzkisten kämpften wir von der IKL trotz der Degeneration der Sowjetunion unter dem Stalinismus bis zuletzt für die Verteidigung der Errungenschaften der Oktoberrevolution. Wir verteidigten die Sowjetunion bedingungslos gegen die Kräfte der inneren und äußeren kapitalistischen Konterrevolution. Wir kämpften als einzige 1989/90 vor Ort im deformierten Arbeiterstaat Ostdeutschland und 1991/92 in der Sowjetunion, um die sich entfaltende kapitalistische Konterrevolution zu stoppen. Wir riefen zu einer proletarisch-politischen Revolution zum Sturz der stalinistischen Bürokraten und zur Errichtung von Regimen der Arbeiterdemokratie auf und zur internationalen Ausweitung der Revolution. Die KKE hingegen stand hinter Gorbatschow und unterstützte seine Wirtschaftsreformen, die dem Kapitalismus den Weg ebneten. In einer lahmen Selbstkritik gibt die KKE zu: „Die Konferenz von 1995 kritisierte die Tatsache, dass unsere Partei unkritisch die Politik der Perestroika akzeptiert hatte, indem sie diese als Reformpolitik, die dem Sozialismus nützen würde, betrachtete“ („Thesen über den Sozialismus“, 18. Parteitag, Februar 2009). Im Gegensatz zu ihrem Anspruch, die Fahne des Roten Oktober vor sich herzutragen, hisst die KKE in Wirklichkeit das verrottete Banner des Stalinismus, der der Oktoberrevolution das Grab schaufelte.

Der Kampf für eine revolutionäre Führung

Eine der jüngsten Ausgaben der theoretischen Zeitschrift der KKE enthält eine Polemik gegen die Gruppen Arbeiterkampf (EA) und Neue Saat (NS), in der unehrlicherweise das Gründungsdokument der trotzkistischen Vierten Internationale von 1938, allgemein bekannt als Übergangsprogramm, mit seiner Verfälschung durch die Reformisten in einen Zusammenhang gebracht wird. Die KKE behauptet: „Alle Übergangsprogramme basieren auf der direkten oder indirekten Position, dass die Arbeiterbewegung – unter bestimmten Bedingungen – in einem entscheidenden Maß der kapitalistischen Herrschaft im Rahmen des Kapitalismus ihren Willen aufzwingen kann, ohne den bürgerlichen Staat zu stürzen und ohne die Macht der Diktatur des Proletariats“ (Kommunistische Rundschau Nr. 1). In Wirklichkeit stellt das Übergangsprogramm unmissverständlich fest: „Die strategische Aufgabe der Vierten Internationale besteht nicht in der Reformierung, sondern im Sturz des Kapitalismus. Ihr politisches Ziel ist die Machteroberung des Proletariats zwecks Enteignung der Bourgeoisie.“ Es ist ein billiger Trick, Trotzki, der zusammen mit Lenin die Oktoberrevolution führte, zu verleumden, indem man die reformistische Politik von Gruppen wie EA, NS und Antarsya ins Feld führt. Das Übergangsprogramm wurde am Vorabend des Zweiten Weltkriegs ausgearbeitet und stellte „Übergangsforderungen“ auf, „die von den heutigen Bedingungen und dem heutigen Bewusstsein breiter Schichten der Arbeiterklasse ausgehen und stets zu ein und demselben Schluss führen: zur Machteroberung des Proletariats“. Dies stand im Gegensatz sowohl zu den sozialdemokratischen Illusionen in eine friedliche Reform des Kapitalismus als auch zu den Volksfrontbündnissen der Stalinisten mit bürgerlichen Parteien. Die KKE lehnt Übergangsforderungen ab, weil ihr Programm reformistisch ist und sie deshalb keine „Brücke“ braucht zwischen ihren Minimalforderungen wie „gesetzliche Wiedereinführung des Mindestlohns in Höhe von mindestens 751 Euro für alle“ und dem Kampf für eine sozialistische Revolution.

Was heute dringend benötigt wird, ist nicht einfach die Wiedereinführung von Löhnen und Arbeitsbedingungen auf dem Niveau zu der Zeit vor dem [EU/IWF-]Memorandum, sondern sind Übergangsforderungen, die ihrem ganzen Wesen nach von einer bürgerlichen Gesellschaft in der Krise nicht erfüllt werden können. Als Antwort auf die massive Arbeitslosigkeit, insbesondere unter den Jugendlichen, fordern wir Arbeit für alle durch eine kürzere Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich! In einer Gesellschaft, in der die arbeitenden Menschen bei einem Mindestlohn in die Armut geraten, so dass sie gezwungen sind, mit Brennholz zu heizen und ihre Kinder hungrig zur Schule zu schicken, fordern wir eine gleitende Lohnskala, um mit den wirklichen Lebenshaltungskosten Schritt zu halten. Wenn diese Forderungen für die Bourgeoisie „unrealistisch“ sind, dann zeigt dies den Massen, dass das gesamte System kapitalistischer Sklaverei gestürzt werden muss.

Die Arbeiterklasse muss im Kampf für die Verteidigung all derer, die von der kapitalistischen Krise zugrundegerichtet wurden, dafür mobilisieren, die zahlreichen unorganisierten Arbeiter gewerkschaftlich zu organisieren und eingewanderte Arbeiter zu verteidigen, die ein zentraler Bestandteil des städtischen und ländlichen Proletariats sind. Anstatt wie Syriza um Krumen vom Tisch der Imperialisten zu betteln, sagen wir: Streicht die Schulden! Enteignet die Banken! Diese Forderungen bieten die Grundlage für die systematische Mobilisierung der Massen für die proletarische Revolution.

Das Haupthindernis, um die Arbeiterklasse zu revolutionärem Bewusstsein zu bringen, sind nicht die „objektiven“ Bedingungen, sondern der opportunistische Charakter der existierenden Führung der Arbeiterbewegung, und hier insbesondere der KKE. Wir brauchen eine revolutionäre Partei wie Lenins und Trotzkis Bolschewiki. Eine solche Partei wird die Arbeiterklasse in dem Bewusstsein führen, wer der wirkliche Klassenfeind ist, wird als leninistischer Volkstribun agieren und gegen jede Art von Ausbeutung und Unterdrückung vorgehen. Sie wird im Kampf gegen kapitalistischen Verfall und faschistische Reaktion geschmiedet werden. Eine solche Partei kann keine „nationale“ Partei sein, sondern muss Teil einer internationalen revolutionären Partei sein, die Sektionen in jedem Land hat. Wie unsere trotzkistischen Vorgänger 1934 schrieben: „Wie gestern, so werden wir uns auch heute weiterhin mit aller Kraft für die grundlegenden Theorien von Marx, Engels, Lenin und Trotzki einsetzen, die durch und durch erprobt sind und sich abertausendfach und in jeder Hinsicht bestätigt haben“ („For the Fourth International!“ [Für die Vierte Internationale!], New International). Es ist die Perspektive der TGG, für eine solche Partei als Teil einer wiedergeschmiedeten Vierten Internationale zu kämpfen.