Spartakist Nr. 215

Winter 2016/2017

 

Massive Repression in der Türkei

Kurden unter Beschuss

Mehr als 125 000 Entlassene oder von ihrer Arbeit Suspendierte, Zehntausende, die im Gefängnis sitzen und auf ihren Prozess warten: Das ist der Tribut, den der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in den Monaten seit seiner Niederschlagung des Militärputsches vom 15. Juli 2016 forderte. In ihrem Drang, einen autoritären islamistischen Staat zu konsolidieren, in dem Erdogan diktatorische Macht ausüben würde, verfolgen er und seine Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung (AKP) eine Vielzahl ihrer Widersacher und Kritiker, darunter kurdische politische Führer, Lehrer und Gewerkschaften. Etwa 150 Medieneinrichtungen wurden geschlossen und über hundert Journalisten inhaftiert, darunter etliche von Cumhuriyet, einer der ältesten Tageszeitungen der Türkei. Zugleich greift das Militär seit dem vergangenen Sommer kurdische Ortschaften und Städte im Südosten der Türkei an, nimmt sie unter Artillerie- und Panzerbeschuss und hat Hunderte kurdische Zivilisten getötet.

Erdogan säuberte auch Tausende Bullen, Soldaten, Richter und andere einstige Vertreter des türkischen kapitalistischen Regimes, die angeklagt wurden, mit dem muslimischen Geistlichen und ehemaligen Erdogan-Verbündeten Fethullah Gülen, der seit 1999 in den USA lebt, unter einer Decke zu stecken. Gülen selbst streitet jede Verbindung mit dem Putsch ab. Wie wir in „Gescheiterter Putsch in der Türkei: beide Seiten schlecht für die Arbeiter!“ (Spartakist-Extrablatt, 18. August 2016) warnten: „Wir wissen nicht, wer die Putschisten waren, aber eines ist klar: Der einzige im Interesse der Arbeiter liegende Standpunkt war, sich sowohl dem Erdogan-Regime als auch dem Putsch zu widersetzen.“

Schon vor dem Putsch befand sich die Erdogan-Regierung auf dem Kriegspfad gegen Kritiker und nahm Menschen wegen „Präsidentenbeleidigung“ fest, entzog Parlamentsmitgliedern ihre Immunität und inhaftierte den Führer der Revolutionären Arbeitergewerkschaften der Türkei (DISK). Nach dem Putsch verhängte das Regime den Ausnahmezustand und ermöglichte es so Erdogan, per Dekret zu regieren. Es benutzte diese außerordentlichen Befugnisse zur weiteren Unterdrückung der Kurden und inhaftierte im November elf kurdische Parlamentsmitglieder, darunter auch Selahattin Demirtas, und Figen Yüksekdag, die beiden Vorsitzenden der pro-kurdischen Demokratischen Partei der Völker (HDP), einer kleinbürgerlich-nationalistischen Partei, die beträchtliche Unterstützung unter säkularen Türken und Linken hat. Trotz Einschüchterung durch die Regierung gingen am 20. November in Istanbul etwa 5000 Demonstranten auf die Straße, um gegen diese Verhaftungen zu protestieren. Die Regierung inhaftierte auch viele kurdische Bürgermeister und machte mindestens 20 kurdische Medieneinrichtungen mundtot.

Nun benutzt die Erdogan-Regierung den Bombenanschlag vom 10. Dezember, zu dem sich die Freiheitsfalken Kurdistans (TAK) bekannt haben, als Vorwand, um ihren Krieg gegen das kurdische Volk auszuweiten. Ziel der Attentäter war Sicherheitspersonal vor einem Fußballstadion in Istanbul, und sie töteten 36 Bereitschaftspolizisten (wie auch acht Zivilisten). Die TAK behauptet, ein Ableger der nationalistischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu sein, obwohl die PKK jegliche Verbindung zu ihr bestreitet. Als Marxisten sind wir Gegner der Strategie des individuellen Terrors, die auf der Ablehnung der Massenmobilisierung der Arbeiterklasse und der Unterdrückten gegen das kapitalistische Regime basiert. Und Anschläge wie der vor dem Fußballstadion töten stets Zivilisten und treiben so die türkischen Massen weiter in die Arme ihrer Herrscher. Seit dem Bombenanschlag hat die Regierung bei Einsätzen in 28 Städten fast 570 Menschen verhaftet, darunter Politiker der HDP, die den Anschlag verurteilte, und der türkische Innenminister schwor, kurdische Aktivisten „von diesem Teil der Erde für immer zu eliminieren“.

Als Marxisten, die für die politische Unabhängigkeit der Arbeiterklasse eintreten, geben wir keine politische Unterstützung für die HDP, eine kleinbürgerliche Partei, deren Programm per definitionem den historischen Interessen des Proletariats feindlich entgegensteht. Dennoch verteidigen wir die HDP und ihre Führer gegen die Angriffe des türkischen Staates. Die türkische Arbeiterbewegung muss gegen Erdogans allseitige Repression Widerstand leisten, für die sofortige Freilassung der kurdischen Opfer der staatlichen Säuberungen kämpfen und fordern: Alle türkischen Streitkräfte raus aus Kurdistan!

Die Regierung hat auch etwa 60 000 Lehrer suspendiert oder entlassen, wenngleich im November angesichts massiven Lehrermangels 6000 wieder eingestellt wurden. Das Regime wirft vielen der schikanierten Lehrer angebliche Verbindungen zu Gülen vor und 11 500 von ihnen wurden beschuldigt, Unterstützer der PKK zu sein. Die meisten dieser kurdischen Lehrer leben im mehrheitlich kurdischen Südosten und sind Mitglieder von Egitim Sen, einer Lehrergewerkschaft, die dem linksgerichteten Gewerkschaftsverband des öffentlichen Dienstes KESK angehört.

Während Erdogan unter konservativen und religiösen Türken wie auch etlichen Armen, die von Infrastrukturverbesserungen profitierten, populär ist, wird er von säkularen Türken wegen seines zunehmenden Kreuzzugs zur Ausweitung des Einflusses des Islams im öffentlichen Leben weithin gehasst. In seiner ersten Amtszeit als Premierminister versuchte er erfolglos, Ehebruch zu kriminalisieren. In den letzten Jahren haben fundamentalistische Schläger damit angefangen, auf Straßen zu patrouillieren und Bars und andere Örtlichkeiten, wo Alkohol verkauft wird, anzugreifen. Ein Zeichen der Zeit war im vergangenen Monat der Versuch, ein Gesetz zu verabschieden, das der Zwangsverheiratung von Kindern de facto das Siegel staatlicher Anerkennung verliehen hätte. Nach einer gewaltigen Protestwelle und Demonstrationen im ganzen Land wurde das Gesetz zurückgezogen. Dennoch war es bezeichnend für die tief verwurzelte Unterdrückung der Frauen in der türkischen Gesellschaft, die in der weiten Verbreitung so abscheulicher Gewaltakte wie „Ehrenmorde“ zum Ausdruck kommt.

Die europäischen Imperialisten greifen Erdogans massive Repressionswelle auf, um sich als Verteidiger bürgerlicher Freiheiten aufzuspielen und Erdogan gefügig zu machen. Am 24. November sprach das Europäische Parlament eine unverbindliche Empfehlung aus, die Gespräche über eine EU-Mitgliedschaft der Türkei auszusetzen, und machte der jahrelangen (und kaum Erfolg versprechenden) Bewerbung des Landes für einen Beitritt zu diesem Konsortium imperialistischer Räuber und der von ihnen ausgebeuteten ärmeren Länder einen Strich durch die Rechnung. Unter anderem führte das Parlament Erdogans ungeheuerliche Drohung an, die Todesstrafe wieder einzuführen, die die Türkei 2004 abgeschafft hatte. Erdogan schoss zurück, dass der EU-Beschluss „wertlos“ sei, und drohte, die milliardenschwere Abmachung mit den Imperialisten zur Eindämmung des Flüchtlingsstroms nach Europa zu kündigen.

Die „humanitären“ Ansprüche der Imperialisten sind der reinste Zynismus. Seit mehr als zwei Jahrzehnten hat der EU-Boss Deutschland die PKK verboten und zusammen mit den USA das türkische Militär in seinem Krieg gegen die Kurden bis an die Zähne bewaffnet. In ganz Europa, von Theresa Mays England bis zu Angela Merkels Deutschland, haben die kapitalistischen Herrscher die Furien der Islamophobie entfesselt, die die Faschisten und andere rassistische Kräfte ermutigen.

Die Türkei, die Kurden und das syrische Schlamassel

Im vergangenen Jahr weitete die türkische Regierung ihre jahrzehntelange Ausrottungskampagne gegen die PKK massiv aus, als die türkische Armee mit einem wütenden Angriff gegen kurdische Städte im Südosten der Türkei begann. Diese Angriffe waren unter anderem die Antwort auf militärische Zugewinne der mit der PKK verbundenen Partei der Demokratischen Union (PYD) und ihres militärischen Flügels der Volksverteidigungseinheiten (YPG) in Nordsyrien. Sie waren auch Vergeltung für die Gewinne der HDP bei den Parlamentswahlen vom Juni 2015, als die HDP als erste kurdische Partei in der türkischen Geschichte ins Parlament einzog und Erdogans AKP ihre parlamentarische Mehrheit verlor.

Die Kurden haben in jahrelangem Kampf ihr Verlangen nach Unabhängigkeit deutlich bewiesen. Doch die kleinbürgerlich-nationalistische PKK, die keineswegs für Selbstbestimmung kämpft, benutzt den militärischen Konflikt dazu, die türkischen Herrscher an den Verhandlungstisch zu zwingen, um eine Verhandlungslösung und erweiterte lokale Kontrolle zu erreichen. Auf ähnliche Weise strebt der HDP-Führer Demirtas eine „politische Lösung“ an, bei der den Kurden angeblich mehr Rechte innerhalb des Rahmens des türkischen Unterdrückerstaates eingeräumt werden. Ein solches Vorhaben würde nur die Unterdrückungsbedingungen der kurdischen Massen, die unter türkischer Herrschaft blieben, neu aushandeln.

Für die Arbeiterklasse der Türkei ist es lebenswichtig, für die militärische Verteidigung der PKK gegen den türkischen Staat einzutreten. Will sich das Proletariat je von kapitalistischer Ausbeutung befreien, so muss es sich dem antikurdischen Chauvinismus entgegenstellen und den Kampf für kurdische Selbstbestimmung aufnehmen. Wir wollen die türkische Arbeiterklasse wie auch die Arbeiter der Region für den Kampf für ein vereinigtes unabhängiges Kurdistan gewinnen, das die Kurden von Iran, Irak, Syrien und der Türkei umfasst. Dieser Kampf ist Teil des Kampfes für eine sozialistische Föderation des Nahen Ostens, die auch eine sozialistische Republik eines vereinigten Kurdistans beinhalten würde.

Wir unterstützen auch die Unabhängigkeit der Kurden von einzelnen kapitalistischen Staaten, zum Beispiel das Recht der Kurden in der Türkei auf Lostrennung. Doch im Irak und in Syrien haben die kurdischen Nationalisten gegenwärtig den gerechten Kampf für Selbstbestimmung ihrer Allianz mit dem US-Imperialismus untergeordnet. Das ist ein Verbrechen, welches sich für das seit langem unterdrückte kurdische Volk nachteilig auswirken wird.

In Syrien ist die YPG der verlässlichste Verbündete der USA im Krieg gegen den Islamischen Staat (IS). Indem sie als Bodentruppen für die USA fungieren, verraten diese kurdischen Nationalisten die Interessen der Massen des Nahen Ostens, nicht zuletzt die nationalen Bestrebungen des kurdischen Volkes. Washingtons Besetzungen und Interventionen im Nahen Osten haben die kommunalen Spannungen in der Region verschärft und wiegeln Schiiten gegen Sunniten, Sunniten gegen Alawiten und Araber gegen Kurden auf.

Wir Marxisten haben in dem reaktionären und sektiererischen syrischen Bürgerkrieg keine Seite, das gilt auch für Zusammenstöße zwischen den türkischen US-Verbündeten und den kurdischen US-Handlangern. Eine Seite haben wir allerdings gegen die USA und andere imperialistische Mächte, die wir entschlossen bekämpfen. Daher sind wir, obwohl wir alles verabscheuen und ablehnen, was die IS-Mörderbanden verkörpern, für die militärische Verteidigung des IS gegen die USA und ihre Handlanger, zu denen auch die YPG gehört. Jeder Schlag gegen den US-Imperialismus liegt im Interesse der arbeitenden und unterdrückten Menschen aller Länder. Gleichzeitig wenden wir uns auch gegen die anderen in Syrien beteiligten kapitalistischen Mächte wie die Türkei, Russland und den Iran und fordern deren Abzug.

Vom armenischen Völkermord während des Ersten Weltkriegs bis zur US-Besetzung des Irak haben die kurdischen Führer immer wieder mit regionalen Mächten oder den Imperialisten zusammengearbeitet. Der ehemalige Nationale Sicherheitsberater Brent Scowcroft stellte 2011 in einem Interview fest: „Die Kurden sind Schachfiguren in der Machtpolitik … und das schon seit langer Zeit.“ Aber Schachfiguren sind entbehrlich, und imperialistische Handlanger werden ausgemustert, wenn sie ihren reaktionären Dienst getan haben. Das wissen viele Kurden nur zu gut, auch wenn einige Linke und kurdische Aktivisten diese verräterischen Bündnisse mit dem Imperialismus als clevere Taktik rechtfertigen. So schrieb Joost Hiltermann in seinem Kommentar „They Were Expendable“ [Sie waren entbehrlich] in der London Review of Books (17. November 2016): „Die Geschichte des langen Kampfes der Kurden ist daher eine Geschichte von vielen kurzlebigen Allianzen mit stärkeren Staaten und von Tränen des Verrats nach dem Auseinanderfallen dieser Allianzen, jedes Mal gefolgt von Gräueln, von denen sich zu erholen eine ganze Generation dauert.“

Trotz ihrer gegenwärtigen Beziehung zur PYD/YPG sind und waren die USA schon immer Gegner der kurdischen Unabhängigkeit. Als die Türkei im August, angeblich gegen den IS, in Syrien einmarschierte, war es ihr Hauptziel, die PYD/YPG-Kämpfer davon abzuhalten, die beiden halbautonomen kurdischen Regionen im Nordosten und Nordwesten Syriens miteinander zu verbinden. Die USA unterstützten die türkische Intervention mit verstärkten Luftangriffen und militärischen Beratern – wie auch einer energischen Erklärung von Vizepräsident Joe Biden während eines Besuchs in Ankara, in der er die YPG-Kräfte anwies, sich auf das Ostufer des Euphrat zurückzuziehen.

In jüngster Zeit leistete die 10 000 Mann starke türkische Streitmacht Kämpfern der Freien Syrischen Armee (FSA) – die ebenfalls von den USA unterstützt wird – bei ihrem Angriff auf die syrische Stadt Al-Bab Beistand, die letzte bedeutende Hochburg des IS auf dem Weg zu dessen syrischer Hauptstadt Rakka. FSA-Kämpfer, unterstützt von türkischen Panzern und Flugzeugen, stießen mit den von der YPG dominierten Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) zusammen, und so wurde erneut türkisches Militär gegen die syrischen Kurden eingesetzt. US-Kommandeure, die sich bemühen den Angriff auf Rakka zu koordinieren, waren frustriert, als ihre kurdischen Handlanger darauf bestanden, das mehrheitlich arabische Al-Bab anzugreifen. Washington zum Trotz richten die türkischen Truppen weiterhin ihr Feuer gegen die YPG.

Im Irak bombardieren türkische Kampfflugzeuge seit über einem Jahr mit US-Zustimmung PKK-Stellungen. Jetzt besteht das Erdogan-Regime, das Hunderte türkische Soldaten nördlich von Mossul stationiert hat, auf einer türkischen Beteiligung an der Schlacht zur Rückeroberung dieser vom IS kontrollierten Stadt. Diese Schlacht, die im Oktober begann, wird von kurdischen Peschmerga-Kämpfern, schiitischen Milizen und irakischen Regierungstruppen mit Unterstützung von US-Luftwaffe und -Spezialeinheiten geführt. Ankaras Schachzüge in dieser ehemaligen Region des Osmanischen Reiches verschärfen die Spannung mit der Bagdader Regierung.

Die zunehmende Schärfe in den Beziehungen zwischen den USA und ihrem türkischen NATO-Verbündeten fällt zusammen mit einer Wiederannäherung zwischen Ankara und Moskau und fördert sie, was NATO-Funktionäre beunruhigt. Infolgedessen stimmte Präsident Wladimir Putin den türkischen Einsätzen in Nordsyrien stillschweigend zu. Die Türkei und Russland haben zwar divergierende Interessen in Syrien, wobei Russland das Regime von Bashar al-Assad unterstützt, sie sind sich aber mit den USA darin einig, die „territoriale Integrität“ Syriens aufrechtzuerhalten – d. h. kein unabhängiger kurdischer Kleinstaat.

Für eine binationale revolutionäre Arbeiterpartei in der Türkei

Millionen von Kurden – viele von ihnen Opfer von Armeeterror, hoher Arbeitslosigkeit und Armut – sind in wichtige westliche Industriezentren wie Istanbul, Izmir und Bursa abgewandert. Trotz der heftigen Diskriminierung, die sie erdulden müssen, hat diese Abwanderung die objektive Grundlage für eine Vereinigung der türkischen und kurdischen arbeitenden Massen gestärkt. Aber weil antikurdischer Chauvinismus für die Aufrechterhaltung der bürgerlichen Herrschaft in der Türkei unabdingbar ist, kann diese Einheit nur vereinzelt stattfinden, solange nicht das türkische Proletariat für den Kampf für kurdische nationale Unabhängigkeit gewonnen wird.

Als Leninisten verteidigen wir die nationalen Rechte aller Völker und treten für das Prinzip der nationalen Gleichberechtigung ein, einschließlich der Gleichberechtigung der Sprachen. Bei der Verteidigung des Rechts der Nationen auf Selbstbestimmung ist es unser Ziel, die Barrieren niederzureißen, die die bürgerliche Klassengesellschaft errichtet hat, um die arbeitenden Menschen verschiedener Nationalitäten gegeneinander auszuspielen. Würde sich die Arbeiterklasse in der Türkei für kurdische Selbstbestimmung einsetzen, würde sie ihrem „eigenen“ kapitalistischen Klassenfeind offen entgegentreten. Es würde auch die Möglichkeit des US-Imperialismus einschränken, die schwierige Lage der Kurden dazu auszunutzen, die Region weiterhin zu beherrschen.

Erdogan ist mit der Konsolidierung seiner autokratischen Herrschaft und der Stärkung des Einflusses des Islam in der Türkei weit gekommen. Dennoch bleibt die Gesellschaft, über die er herrscht, ein brodelnder Kessel sozialer und politischer Unzufriedenheit. Entscheidend ist die Schmiedung einer binationalen, kurdisch-türkischen Arbeiterpartei, die auch die unterdrückten ethnischen und religiösen Minderheiten der Türkei einbezieht. Eine solche Partei, Sektion einer wiedergeschmiedeten Vierten Internationale, würde als Volkstribun fungieren und dabei das Proletariat im Kampf für seine eigene Herrschaft anführen. Die an die Macht gekommene Arbeiterklasse würde die Bourgeoisie enteignen und den Zugriff der imperialistischen Herren auf das Land brechen, eine kollektivierte Planwirtschaft errichten, die materielle Grundlage für die Emanzipation der Frauen legen und die kurdische Unabhängigkeit sicherstellen.

Der Kampf für proletarische Macht in der Türkei und darüber hinaus im ganzen Nahen Osten muss mit dem Kampf für Arbeiterherrschaft in den imperialistischen Zentren verbunden werden. Ganz wichtig für diese Perspektive ist die Existenz von etwa zwei Millionen ethnischen Türken und einer Million Kurden in Deutschland, wo sie fest in die Arbeiterklasse integriert sind. Diese Arbeiter können als lebende Brücke dienen, die den Kampf für sozialistische Revolution im Nahen Osten mit den Kämpfen der Arbeiter in den fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern Westeuropas verbindet. In den USA muss die Arbeiterklasse für das Verständnis gewonnen werden, dass die amerikanische herrschende Klasse ihr Feind ist und dass sie sich gegen jegliche imperialistische Aggression im Ausland einsetzen muss. Unser Ziel ist eine sozialistische Revolution zum Sturz des US-Imperialismus, des größten Feindes der arbeitenden und unterdrückten Massen der Welt.

Nach Workers Vanguard Nr. 1102, 16. Dezember 2016, Zeitung unserer Genossen der Spartacist League/U.S.