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Spartakist Nummer 188 |
Mai 2011 |
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Linkspartei: Für Sanktionen und ein bisschen Frieden
Luftkrieg gegen Libyen: Imperialistischer Terror und Lügen
Seit Wochen greifen die imperialistischen Streitkräfte Frankreichs, der USA und Britanniens das halbkoloniale Libyen brutal an: durch Bombardements aus der Luft und mit seegestützten Raketen. Sie greifen die militärischen Verteidigungsstellungen des bürgerlichen starken Mannes Muhammar al-Gaddafi an, um den Weg zu ebnen für die libysche Opposition – ein bunt zusammengewürfelter Haufen aus Monarchisten, Stammesführern, Islamisten, CIA-Handlangern, übergelaufenen Armeeoffizieren und ehemaligen Beamten des Regimes – und um damit die Gebiete zu erobern, die von Gaddafi gehalten werden. Inzwischen haben die USA das Kommando an die NATO übergeben.
Nicolas Sarkozy, Barack Obama und ihre britischen Alliierten behaupten zynisch, dass die Militärintervention gegen dieses ölreiche Land dazu diene, die „Zivilbevölkerung zu schützen“ – was durch die Resolution des UN-Sicherheitsrats abgedeckt sei. Das US-Militär lügt routinemäßig über die „Präzisionsschläge“, die angeblich keinem Zivilisten etwas antun würden, was dann von ihren Agenten bei der bürgerlichen Presse nachgeplappert wird. Ende März wurden drei libysche Dorfbewohner von US-Marines beschossen, die einen außerhalb von Benghasi abgestürzten Piloten herausholen wollten. Selbst die Oppositionellen sind nicht sicher vor den Imperialisten, sie wurden mindestens zweimal von ihren imperialistischen Freunden angegriffen. Die Zahl der Opfer unter der Zivilbevölkerung wird mit Sicherheit weiter steigen.
Die CDU/FDP-Regierung hat sich bei der Abstimmung der Kriegsresolution im UN-Sicherheitsrat enthalten und ist damit den Interessen des deutschen Imperialismus gefolgt. Ähnlich wie bürgerliche Kritiker in den USA befürchten die Vertreter der deutschen herrschenden Klasse, in einen weiteren endlosen, nicht zu gewinnenden Krieg mit Bodentruppen wie in Afghanistan oder im Irak hineingezogen zu werden und lehnten daher die Teilnahme ab. Bei einer Sondersitzung der Unionsfraktion machte Kanzlerin Merkel dies deutlich: „Wir wünschen unseren Bündnispartnern viel Erfolg, weil wir die gleichen politischen Ziele verfolgen. Aber wir sind halt anderer Ansicht, was die Erfolgsaussichten des Einsatzes angeht“ (sueddeutsche.de, 18. März). Inzwischen hat auch NATO-Generalsekretär Rasmussen erklärt: „Für diesen Konflikt gibt es keine militärische Lösung“ (Spiegel online, 9. April). Gleichzeitig wird wieder deutlich, dass die imperialistische EU ein Bündnis verschiedener Imperialisten mit unterschiedlichen Interessen ist, was der Hintergrund ist für die Differenzen zwischen Frankreich und Britannien auf der einen und Deutschland auf der anderen Seite.
Die deutsche Regierung war und ist an erster Stelle für Sanktionen gegen Libyen, insbesondere für ein Ölembargo, was an sich ein kriegerischer Akt ist. Die grünen Hauptkriegstreiber Joschka Fischer und Daniel Cohn-Bendit treiben jetzt die Merkel-Regierung geradezu vor sich her mit ihrem Geschwätz über die nationale Isolation Deutschlands. Merkels Regierung hat jetzt wegen des internationalen Drucks und der Opposition im Bundestag bereits einem „humanitären“ Einsatz der Bundeswehr in Libyen zugestimmt. Bundeswehr raus aus Afghanistan und dem Balkan! Nieder mit den Sanktionen gegen Libyen!
Die SPD-Führung ist gespalten über die Enthaltung Deutschlands im Sicherheitsrat. Ex-Außenminister Steinmeier brachte seinem Nachfolger Westerwelle vollstes Verständnis entgegen, was zunächst auch der SPD-Parteivorsitzende Gabriel tat. Die frühere „linke“ Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul hingegen trommelte im Parlament wütend für einen imperialistischen Angriff und bezeichnete die Position der Regierung als „Schande“. Sie erklärte, „gegenüber Despoten könne es keine Enthaltung geben“ (Spiegel online, 18. März). SPD-Häuptlinge wie Andrea Nahles und Rolf Mützenich unterstützen diese imperialistische Kriegstreiberei mit eigenen Erklärungen. Und genauso wie Fischer ist auch Cem Özdemir von den Grünen für die Unterstützung des Bombenterrors gegen Libyen eingetreten: „Trotz der Risiken, die mit einer Flugverbotszone verbunden sind, hätte Deutschland an der Seite der europäischen Partner wie Frankreich und Großbritannien zustimmen sollen“ (ebd.).
SPD und Grüne, die heute den imperialistischen Kriegseinsatz gegen Libyen befürworten, knüpfen nahtlos an die blutige Tradition ihrer eigenen Regierung von 1998–2005 an: Als sie die übelsten Angriffe auf den Lebensstandard der Arbeiterklasse hierzulande begannen, ordneten sie gleichzeitig im Namen der „Demokratie“ die Teilnahme an der NATO-Bombardierung Serbiens an und beteiligten sich an der imperialistischen Besatzung im ehemaligen Jugoslawien. Schröder (SPD) und Fischer (Grüne) manipulierten zynisch die Erinnerungen an die Gräuel der Nazibesetzung und rechtfertigten imperialistischen Krieg und neokoloniale Besatzung mit der Lüge, dies sei „ein gerechter Krieg“ gegen den „Hitler“ Milosevic. Darauf folgte 2001 die Entsendung der Bundeswehr nach Afghanistan mit dem Ziel, das Land im Rahmen des „Kriegs gegen den Terror“ zu unterjochen. Mit ihrer Heuchelei über die angebliche „Befreiung der Frauen“ wollten sie die Bevölkerung, insbesondere die Arbeiterklasse im eigenen Land, für die Unterstützung des imperialistischen Krieges gewinnen. Während der Kriegskurs der SPD 1999 zu erheblicher Unruhe an der Arbeiterbasis der Partei führte und letztlich ein Element der Abspaltung der WASG von der SPD war und sich dies auch in Protesten in der Gewerkschaftsbasis ausdrückte, gibt es heutzutage nur sehr wenige Proteste. Jetzt sind die Linkspartei und alle sozialdemokratischen linken Gruppen damit beschäftigt, mit den kriegstreiberischen bürgerlichen Grünen eine Volksfront für den Ausstieg aus der Atomkraft aufzubauen (siehe dazu unseren Artikel auf Seite 13). Sofern sie überhaupt gegen den imperialistischen Krieg in Libyen sind, würden Proteste dagegen nur ihre angestrebte politische Einheit mit den Grünen (und auch Teilen der SPD, FDP und CDU) gefährden.
Wie wir in der Erklärung der Internationalen Kommunistischen Liga (abgedruckt in dieser Ausgabe auf Seite 1) schrieben, war der Konflikt zunächst im Grunde ein Bürgerkrieg zwischen dem bürgerlichen Gaddafi-Regime in Tripolis und der von den Imperialisten unterstützten Opposition, die ihre Basis im Osten Libyens hat, ein Konflikt, in dem die Arbeiterklasse keine Seite hatte, und der mit dem Beginn der Bombardierungen am 19. März der militärischen Intervention der Imperialisten untergeordnet wurde. In dem gegenwärtigen Konflikt haben die Arbeiter aller Länder eine Seite: militärische Verteidigung des neokolonialen Libyens gegen den Imperialismus und die oppositionellen Streitkräfte, die im Interesse der Imperialisten agieren. Wie der Revolutionär Lenin in Sozialismus und Krieg (1915) erklärte: „Wenn zum Beispiel morgen Marokko an Frankreich, Indien an England, Persien oder China an Russland usw. den Krieg erklärten, so wären das ,gerechte‘ Kriege, ,Verteidigungs‘kriege, unabhängig davon, wer als erster angegriffen hat, und jeder Sozialist würde mit dem Sieg der unterdrückten, abhängigen, nicht gleichberechtigten Staaten über die Unterdrücker, die Sklavenhalter, die Räuber – über die ,Groß‘mächte – sympathisieren.“
LINKE: Zwischen pazifistischer Opposition und Zustimmung zu imperialistischen Kriegszielen
Die Linkspartei lehnt den Militäreinsatz in Libyen ab und bejubelte die Enthaltung der Regierung im UN-Sicherheitsrat, um in den folgenden Wochen Druck auf die Bundesregierung auszuüben, sich gegen den Krieg einzusetzen. Zuvor hatte jedoch der ehemalige Vorsitzende der PDS Lothar Bisky im Europaparlament eine Resolution zur Errichtung einer Flugverbotszone mitgetragen. Christine Buchholz (Parteivorstandsmitglied und MdB sowie Unterstützerin von marx21) erklärte am 28. März (die-linke.de): „Die Bundesregierung muss sich sofort und entschieden in der NATO für ein Ende der Angriffe auf Libyen einsetzen. Zudem muss Merkel den Druck auf Frankreich und die anderen kriegführenden Staaten erhöhen, um den Krieg endlich zu beenden.“ Der LP-Parteivorstand hatte durch Gehrcke auch gleich einen Tipp für die Vorgehensweise: „Eine kluge, mutige Außenpolitik würde jetzt eine deutsch-russische Initiative zur Vermittlung in Angriff nehmen“ (ebd., 24. März). Dies sind Appelle an den deutschen Imperialismus, noch stärker und dominanter seine eigenen Interessen gegen Arbeiter und Unterdrückte in der Welt durchzusetzen. Allerdings mit der Strategie der Linkspartei – was auch eine alternative Strategie von wichtigen Teilen der herrschenden Klasse in Deutschland ist –, nämlich unabhängiger von den USA und der NATO zu werden, die UNO zu stärken und enger mit Russland zusammenzuarbeiten.
Diese Strategie für den deutschen Imperialismus verkauft die Linkspartei mit pazifistischen Losungen wie „Krieg ist kein Mittel der Politik“. Sie profiliert sich auch gerne als einzige „Antikriegspartei“. Der Pazifismus ist eine taktische Option für die Bourgeoisie, aber niemals für die Arbeiterklasse, weil er die Arbeiter entwaffnet und weil er Illusionen schürt, dass der Imperialismus friedlich sein könnte. Die Linkspartei unterstützt mit voller Inbrunst jegliche Sanktionen gegen Libyen, einschließlich eines Ölembargos, das von der Merkel-Regierung massiv als eine angeblich friedliche Lösung gepusht wird. Für Libyen, ein Land, das 75 Prozent seiner Nahrungsmittel importiert und diese durch den Verkauf von Öl bezahlt, kann dies eine Hungerkatastrophe riesigen Ausmaßes zur Folge haben. Unter den Sanktionsforderungen der Linkspartei findet sich dann auch eine für ein „weltweites Waffenexportverbot“. Was sich für den einen oder anderen Gegner von imperialistischen Kriegen gut anhören mag, ist jedoch eine gefährliche Illusion in die Friedfertigkeit des Imperialismus und ein Hindernis für neokolonial unterdrückte Länder, sich gegen die Imperialisten zu wehren. Die Frage ist, welche Klasse die Waffen und die Produktionsmittel besitzt, also welche Klasse herrscht.
Die Führung der Linkspartei schiebt Überstunden, damit das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der UNO in den Augen von Arbeitern und Unterdrückten nicht beschädigt wird. Im Gegensatz dazu sagen wir – wie Lenin es bereits über den Völkerbund tat –, was die UNO ist: eine imperialistische Räuberhöhle! Sie ist eine Versammlung imperialistischer und kapitalistischer Räuber und ihrer Opfer, in der die stärkste Macht das Kommando hat. Die UNO steht seit ihrer Gründung für kapitalistische Konterrevolution und Krieg, angefangen mit dem Koreakrieg 1950–53, und neokoloniale und koloniale Besetzung. Die UNO setzte das Hungerembargo gegen den Irak durch, das 1991 auch von der damaligen PDS unterstützt wurde. Bis 2003 haben die Sanktionen 1,5 Millionen Menschen getötet und die Fähigkeiten des Irak, sich gegen den Krieg und die Besetzung der USA seit 2003 zur Wehr zu setzen, extrem unterminiert.
Auch der sich antiimperialistisch gebende junge-Welt-Autor Werner Pirker beschwört das Völkerrecht der UNO bezüglich Libyens, „das Völkerrecht untersagt eindeutig das Eingreifen ausländischer Streitkräfte in einen Bürgerkrieg zugunsten einer Seite“ (21. März). Die junge Welt (30. März) druckte auch den Artikel „In Kreuzzugseuphorie“ von Norman Paech ab, in dem die militärische Intervention der Imperialisten in Libyen verteidigt wird. Paech bedauert aber, dass der Einsatz nicht mit dem abgestimmten Mandat der UN-Resolution übereinstimmt und deshalb „völkerrechtswidrig“ sei. Die verschlungenen Gedanken des „Völkerrechtlers“ und pazifistischen Gesichts der Linkspartei zeigen aber nur zu deutlich, dass er die Ziele der „demokratischen“ Imperialisten teilt. Über den imperialistischen Krieg gegen die irakische Okkupation Kuwaits 1991 schreibt er: „Man kann heute darüber streiten, ob eine großzügigere Interpretation der Resolution und das spontane Ergreifen einer günstigen Situation zur Beseitigung Saddam Husseins den späteren Krieg 2003 mit seinen unverhältnismäßigen Opfern nicht überflüssig gemacht hätte.“ Im Gegensatz dazu standen wir Trotzkisten, ohne Saddam Hussein die geringste politische Unterstützung zu geben, immer auf der Seite des neokolonial unterdrückten Iraks, als der Irak von Imperialisten angegriffen wurde.
Sozialdemokratische Linke
trommelt für den Imperialismus
Die Verteidigung Libyens gegen die imperialistische Bombardierung sollte grundlegend klar sein, nicht nur für proletarische Opponenten der kapitalistischen Herrschaft, sondern für jeden, der darüber empört ist, dass kapitalistische Mächte Ländern der Dritten Welt ihre Diktate durch pure militärische Macht aufdrücken können. Aber die Masse der „sozialistischen“ Linken arbeitet weltweit daran, Arbeiter und Jugendliche für die imperialistischen Mörder auf Linie zu bringen, indem sie sich zu Befürwortern der Opposition machen, die als Bodentruppen der Imperialisten agieren. Sie machen das im Namen der sogenannten „libyschen Revolution“. Aber welche Art von „Revolutionären“ appelliert an die Imperialisten, eine „Flugverbotszone“ zu errichten und Luftwaffenangriffe durchzuführen, oder fordert die Imperialisten anderweitig auf, in ihrem Land militärisch zu intervenieren, wie es die Führer der Opposition getan haben?
Die französische Neue Antikapitalistische Partei (NPA) – gebildet vor zwei Jahren von der französischen Sektion des pseudotrotzkistischen Vereinigten Sekretariats (VS) – bot früh ihre „vollständige Unterstützung der Aufständischen“ an. Zu Libyen hat diese sozialdemokratische Gruppe eine gemeinsame Linie mit dem französischen Präsidenten Sarkozy, der zentrale Anti-Gaddafi-Führer am 10. März in den Elysée-Palast einlud und den oppositionellen Nationalrat zur legitimen Regierung Libyens erklärte. Am Tag nachdem der UN-Sicherheitsrat abstimmte, den Gebrauch von Gewalt in Libyen zu autorisieren, schlug die NPA in die gleiche Kerbe und forderte in einer Erklärung vom 18. März, „dem libyschen Volk … sollten alle Mittel gegeben werden, sich selbst zu verteidigen, und die Waffen, die es braucht, um den Diktator rauszuwerfen“. Die NPA unterstützte den Aufruf zu einer Kundgebung am nächsten Tag zur Unterstützung der Handlanger der Imperialisten in Libyen, die stattfand, als die Bombardierung begann.
Während die NPA grummelte, dass „eine Militärintervention nicht die Lösung ist“, hatte Gilbert Achcar, ein mit dem VS und der britischen Socialist Workers Party (SWP) verbundener Linker aus London, keine solche Zurückhaltung. Dem verlogenen Vorwand der Imperialisten über den „Schutz der Zivilbevölkerung“ vor der Rache durch Gaddafis Streitkräfte folgend erklärte Achcar am 19. März in einem ZNet-Artikel, „niemand kann vernünftigerweise gegen“ die UN-Resolution sein, die Luftangriffe seien gerechtfertigt.
Die SAV hat in einer Einleitung zu einem Artikel von Robert Bechert „Gegen die westliche Militärintervention in Libyen“ (sozialismus.info, 21. März) nichts dagegen einzuwenden, dass Achcar für die UN-Resolution und die Flugverbotszone eingetreten ist. Sie meint, es gäbe in der politischen Linken halt einfach „unterschiedliche Auffassungen zur Flugverbotszone“. An anderer Stelle greift sie jedoch Bisky dafür an, dass er im EU-Parlament für eine Flugverbotszone gestimmt hat. In der Linkspartei hätte sie sich mit einer neutralen Position wohl zu weit nach rechts gelehnt, denn an der Basis der Linkspartei gab es einigen Aufruhr gegen Biskys Abstimmung, und große Teile der Basis glauben, dass die Linkspartei eine „Antikriegspartei“ sei. Die Rolle der SAV ist die des Klebstoffs, der die Basis an ihre Führung bindet und den notwendigen Bruch vom sozialdemokratischen Programm der Linkspartei verhindert. Sich von Achcar zu distanzieren könnte auch ihre verrotteten Verbündeten vom VS und marx21 in der Linkspartei gegen sie aufbringen. Daran kann man erkennen, dass ihre Ablehnung der „westlichen Militärintervention“ nicht marxistisch und prinzipienfest ist, sondern sie ist zerrissen durch ihre opportunistischen Appetite. Gleichzeitig hat die SAV von Anfang an die „libysche Revolution“ unterstützt und ist sich mit Merkel und Westerwelle darin einig, den Sturz Gaddafis zu fordern. Die SAV gibt den Sanktionen gegen Libyen einen „Arbeiteranstrich“, indem sie fordert, dass „die Gewerkschaften den Export von libyschem Öl und Gas“ blockieren sollen und Bankangestellte Gaddafis Konten einfrieren sollen (sozialismus.info, 21.3.2011).
Die Gruppe Arbeitermacht (GAM, Infomail vom 18. März) windet sich mal wieder zwischen ihrer nahezu kritiklosen Unterstützung der „libyschen Revolution“ – die Stammesfürsten und CIA-Handlanger aus Ostlibyen sollen aber bitteschön „den Massen selbst Rechenschaft legen und unter deren Kontrolle gebracht werden“ und die „ArbeiterInnen und Jugendlichen“ (die libysche Arbeiterklasse ist winzig) aus Benghasi sollen diese effektiv kontrollieren – und einer lauwarmen Opposition zu der imperialistischen Bombardierung Libyens. Laut GAM ist „die Schlüsselfrage für die Bestimmung jeder Taktik in Libyen … heute nicht einfach ,Gaddafi oder NATO‘, sondern: Wie kann die Revolution siegen?“(Neue Internationale, April 2011). Die angebliche Revolution der GAM soll von „Rebellen“ geführt werden, denen sie bescheinigt „Revolutionäre“ zu sein, die aber ein zynischer Haufen aus Monarchisten, Stammesführern, Islamisten, CIA-Handlangern usw. sind, wie schon oben ausgeführt. Die Spaltung in Libyen läuft offensichtlich entlang von ethnischen und Stammeslinien. Eine Spaltung entlang einer Klassenlinie ist nirgendwo auch nur im Ansatz zu erkennen. Dass die GAM letztlich wieder einmal auf der Seite der Imperialisten landet, ist kein Ausrutscher. Die GAM und ihre Liga für die Fünfte Internationale (LFI) waren schon 1999 begeisterte Anhänger der reaktionären albanischen UCK-Armee im Kosovo. Unvergessen sind die Fotos von einer Demonstration in London im Frühjahr 1999, als Workers Power, die britische LFI-Gruppe, während der imperialistischen Bombardierung Serbiens in einer Demonstration mitlief, wo Plakate getragen wurden wie „Nato, good luck!“ und die Imperialisten gefeiert wurden.
Die Zerstörung des sowjetischen degenerierten Arbeiterstaates 1991/92 hat die Imperialisten ermutigt, eine Reihe von Bombardierungen, Kriegen und Besetzungen gegen schwächere Länder durchzuführen. Die kapitalistische Konterrevolution in der früheren Sowjetunion hat das Haupthindernis für imperialistische Verwüstungen aus dem Weg geräumt, wie wir sie heute beispielhaft bei der Schlächterei in Afghanistan und der US-geführten Besetzung des Irak sehen. Die sozialdemokratische „Linke“ hat geholfen, den Weg zu ebnen für diese Gräueltaten, als sie die konterrevolutionären Kräfte von der polnischen Solidarność bis zu Boris Jelzins russischen „Demokraten“ unterstützte. Seit sie die bloße Vorspiegelung, für proletarischen Sozialismus zu sein, verwarfen, laufen diese Reformisten immer offener unter dem Banner der bürgerlichen „Demokratie“. Zum Beispiel befürwortete das VS, in Deutschland die Gruppen RSB und isl, eine imperialistische militärische Intervention gegen die Serben 1995 unter dem Vorwand, humanitäre Hilfe für die Arbeiter in Bosnien zu leisten. Vier Jahre später riefen dieselben Typen nach einer europäischen imperialistischen Eingreiftruppe im Kosovo.
KPen mit pazifistischen Illusionen gegen imperialistische Intervention
Rainer Rupp zitiert in der jungen Welt vom 13. April einen nordkoreanischen Diplomaten über die Konsequenzen aus Libyens Aufgabe des Atomprogramms: „Die ganze Welt kann nun sehen, dass ,Libyens nukleare Demontage‘, die in der Vergangenheit von den USA so hoch gepriesen wurde, nichts anderes war als eine Methode der Aggressionsvorbereitung, wobei die USA mit solch süßen Worten wie ,Sicherheitsgarantie‘ und ,Verbesserung der Beziehungen‘ Libyen dazu gebracht haben, sich selbst zu entwaffnen, nur um es anschließend aufzufressen.“ Und Rupp folgert richtig, die „Libyen-Lektion hat Nordkorea jedoch in der Gewissheit bestärkt, dass es ohne seine nukleare Verteidigung verloren ist“. Wir Trotzkisten treten für das Recht des deformierten Arbeiterstaates Nordkorea ein, sich mit Atomwaffen zu verteidigen; ebenso sind wir auch für das Recht neokolonial unterdrückter Länder, sich alle Waffen zu beschaffen, die sie brauchen, um sich gegen die imperialistische Unterdrückung effektiv zu wehren. Libyen beweist, dass nur Atomwaffen die Imperialisten davon abhalten können, sich diese Länder militärisch zu unterwerfen.
Die sich im Umfeld der Linkspartei bewegende stalinistische DKP fordert zumindest (DKP-Erklärung vom 26./27. März): „Ein sofortiges Ende der Aggression gegen Libyen!“, und versucht die Bundesregierung auf ihre Seite zu ziehen mit der nationalistischen Forderung für „ein Startverbot von amerikanischen Kampfflugzeugen“ von amerikanischen Stützpunkten in Deutschland. Die DKP hat keinerlei Perspektive, die Arbeiterklasse gegen diesen Krieg zu mobilisieren, und bleibt dann auch dabei stehen, an die Imperialisten für „eine politische Lösung“ zu appellieren.
Es ist bemerkenswert, dass die gemeinsame Erklärung verschiedener Kommunistischer Parteien der Welt – darunter die griechische KKE, die portugiesische KP und die indischen CPI und CPI(M) und auch die DKP – die imperialistische Intervention gegen Libyen verurteilt, ohne dass diese Organisationen die pro-imperialistische Opposition unterstützen (sie erwähnen sie einfach nicht). Die Erklärung vermeidet es aber, für die militärische Verteidigung des neokolonialen Libyens einzutreten, und tritt stattdessen für pazifistische Appelle an „das Volk“ ein, um ein Ende der imperialistischen Intervention zu verlangen.
Imperialistische Kriege, Besetzungen und Terrorbombardierungen sind dem imperialistischen System in der Epoche seines Niedergangs eigen. Die Suche nach billigen Arbeitskräften, Rohstoffen und abgesicherten Märkten zwingt die imperialistischen Herrscher dazu, militärische Abenteuer im Ausland zu unternehmen und Angriffe auf Löhne und Arbeitsbedingungen im eigenen Land durchzuführen. Die gegenwärtige Wirtschaftskrise brachte massenhafte Arbeitslosigkeit verbunden mit massiven Lohnkürzungen, die Abschaffung von Sozialleistungen und Angriffe auf die Gewerkschaften mit sich. Der einzige Ausweg daraus ist der Kampf für Arbeiterrevolutionen gegen das niedergehende kapitalistische System. Das macht den Aufbau revolutionärer Arbeiterparteien, wie Lenins Bolschewiki, notwendig – in den USA, in Europa, Nordafrika und auf der ganzen Welt.
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