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Spartakist Nummer 218 |
Herbst 2017 |
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ILWU-Spitzen sabotieren Gewerkschaftsaufruf
Antifaschistische Proteste in der Bay Area, USA
Für Arbeiter/Schwarzen-Mobilisierungen, um die Faschisten zu stoppen!
Folgender Artikel erschien ursprünglich in Workers Vanguard Nr. 1117, 8. September. Faschistische „Alt-right“ [alternative Rechte]-Banden hatten seit langem für das Wochenende vom 26./27. August eine doppelte Provokation in der Bay Area geplant. Zur ersten am Samstag auf dem Crissy Field in San Francisco rief „Patriot Prayer“ [Patriotisches Gebet] auf, eine Gruppe, die am 4. Juni in Portland eine faschistische Kundgebung organisiert hatte – nach dem Mord an zwei Männern, die eingegriffen hatten, um zwei junge Frauen gegen einen weißen Rassisten zu verteidigen. In letzter Minute sagte ihr Führer Joey Gibson die Crissy-Field-Kundgebung ab. Gibson jammerte, er würde als weißer Rassist verleumdet, und beschwerte sich, „Unmengen Extremisten“ seien gegen ihn aufgewiegelt worden von den Stadtverwaltern der Demokratischen Partei und der Fraktionsvorsitzenden der Demokraten im Kongress Nancy Pelosi.
Das war eine genauso große Erfindung wie die Lüge, dass Patriot Prayer keine Verbindungen zu den Faschisten habe. Ziel der Demokraten war es, die Empörung gegen die Faschisten einzudämmen einerseits mit Samthandschuhen mittels Appellen für „Frieden und Liebe“ und andererseits durch die Repressionsgewalt des kapitalistischen Staates. Neben Bundespolizeibehörden, die für Crissy Field zuständig sind, wurde eine Armee von Bullen aus San Francisco mobilisiert. Sie sollten antifaschistische Demonstranten entwaffnen und in einem riesigen Polizeikessel in Crissy Field einsperren, wo drakonische Beschränkungen erlassen wurden samt eines Verbots von Plakatstangen und anderen Gegenständen. Als Gibson erklärte, er werde stattdessen auf dem Alamo Square eine dreistündige „Pressekonferenz“, also eine Alternativkundgebung, abhalten, stellten die Bullen dort ebenfalls Zäune auf, um das Areal abzusperren. Mehr als 1000 Gegendemonstranten marschierten zu dem Platz in San Francisco, anfangs wurden mehrere Hundert von ihnen in einem Polizeikessel eingeschlossen, später konnten sie aber eine Kundgebung abhalten.
Es ist ein Sieg, dass die Faschisten ihre Kundgebung und Pressekonferenz in San Francisco absagen mussten. Was aber an diesem Tag in San Francisco stattfand, waren fade „Einheits“-Kundgebungen. In Zusammenarbeit mit dem Bürgermeisteramt versuchten die staatsmännisch loyalen Arbeitervertreter der Demokraten im San Francisco Labor Council jeglichen Protest gegen die Faschisten auf Crissy Field in eine liberale Veranstaltung „gegen Hass“ abzulenken, meilenweit entfernt davon am Civic Center. Das politische Programm dieser Kundgebung war die Lüge, rassistischer Terror sei ein Angriff auf „amerikanische Werte“ sowie eine Unterstützung für die Demokraten als „Antwort“ auf die von Trumps Weißem Haus ermutigten Faschisten.
In Wirklichkeit ist Trump nur das unverhüllte Gesicht der brutalen rassistischen Realität des amerikanischen Kapitalismus, den die Demokratische Partei genauso repräsentiert. Die kalifornische Senatorin Dianne Feinstein, die sich dem empörten Aufschrei gegen die Patriot-Prayer-Kundgebung anschloss, hatte 1984 als Bürgermeisterin dafür gekämpft, genau an diesem Civic Center weiterhin die Konföderiertenflagge zu hissen, nachdem wir sie heruntergerissen hatten.
Ungeachtet aller weinerlichen Klagen über Sicherheit war Patriot Prayer darauf aus, eine Provokation zu inszenieren. Am 27. August erschienen Gibson und sein Leibwächter nebst ein paar Dutzend anderen rechten und faschistischen Provokateuren in Berkeley zu einer geplanten Kundgebung „Nein zum Marxismus in Amerika“. Sie wurden von der Antifa angemessen empfangen, und Gibson, sein Leibwächter und andere flohen in die Arme der Phalanx schwer bewaffneter Bullen, die zu ihrem Schutz aufgeboten worden waren. Nachdem die Antifa andere antifaschistische Demonstranten, auch diejenigen, die nicht teilnehmen wollten, ermahnt hatten, den sicheren Rückzug anzutreten, übersprangen sie wagemutig die Polizeibarrikaden rund um den Martin Luther King Jr. Civic Center Park, wo die Faschisten ihre Kundgebung abhalten wollten.
Mobilisiert die Macht der Arbeiter/Schwarzen,
um die Faschisten zu zerschlagen!
Bei den Protesten in Berkeley gegen die „Nein-zum-Marxismus“-Kundgebung der Faschisten gab es nur ein Kontingent, das wirklich Programm und Ziel des Marxismus repräsentierte. Das war der 40 Personen starke Block der Spartacist League und des Partisan Defense Committee. Die Reformisten der International Socialist Organization (ISO) und die Democratic Socialists of America hatten sich mit allerlei Liberalen und Predigern zusammengetan, um eine „Kundgebung-gegen-Hass“-Demonstration zu organisieren und Gewaltlosigkeit und Vielfalt zu feiern, mehrere Häuserblocks entfernt vom Ort der geplanten faschistischen Provokation. Anderen war es gelungen, wirklich zum Versammlungsort der Faschisten vorzudringen. Wir schlossen uns dieser Demonstration an, unter dem SL-Banner „Brecht mit den Demokraten! Für eine Arbeiterpartei! Vollendet den Bürgerkrieg! Für Befreiung der Schwarzen durch sozialistische Revolution!“ und dem PDC-Banner „Für Mobilisierung von Arbeitern/Schwarzen, um die Faschisten zu stoppen!“ Die Arbeiterklasse, an der Spitze aller Unterdrückten und im Vertrauen auf ihre kollektive Stärke, ist die einzige Kraft in der Gesellschaft, die die soziale Macht besitzt, nicht nur die Faschisten zu stoppen, sondern das gesamte kapitalistische System, das diesen Abschaum hervorbringt, zu stürzen.
Gegenüber den reformistischen Freunden der Demokratischen Partei mit ihrer Losung „dump Trump“ [Trump auf den Müll] stachen wir als kämpferischer und disziplinierter kommunistischer Pol hervor. Unsere Sprechchöre „Fegt die Faschisten von den Straßen! Rassistischer Terror ist keine freie Meinungsäußerung!“ sowie „Erinnert euch an Hiroschima! Erinnert euch an Vietnam! Demokratische Partei, wir wissen, auf welcher Seite ihr steht!“ forderten diejenigen liberalen und reformistischen Organisationen heraus, die den kapitalistischen Staat und die Demokratische Partei als Beschützer vor faschistischem Terror anpreisen. Diese Losungen wurden von anderen in der Menge aufgegriffen.
Im Vorfeld der faschistischen Provokationen in San Francisco und Berkeley mobilisierten wir uns und andere auf Grundlage eines Aufrufs, der am 17. August auf einer Sitzung der Ortsgruppe 10 der International Longshore and Warehouse Union (ILWU) [Hafenarbeitergewerkschaft] in der Bay Area einstimmig angenommen worden war. Es wurde beschlossen, dass die Ortsgruppe am 26. August zum Crissy Field von San Francisco demonstrieren würde, um „die rassistische, faschistische Bedrohung zu stoppen“, die von der Patriot-Prayer-Kundgebung ausging, und „alle Gewerkschaften und antirassistischen und antifaschistischen Organisationen einzuladen, mit uns zusammen die Gewerkschaften, rassische Minderheiten, Immigranten, die LGBTQ-Gemeinschaft, Frauen und alle Unterdrückten zu verteidigen“.
Wie wir in der vergangenen Ausgabe von WV schrieben („For Labor/Black Mobilizations to Stop the Fascists!“ [Für Mobilisierungen von Arbeitern/Schwarzen, um die Faschisten zu stoppen!], WV Nr. 1116, 25. August):
„Wir begrüßen diesen Aufruf. Andere Gewerkschaften und alle Gegner rassistischen Terrors müssen am 26. August zusammen mit der ILWU mobilisieren! Die Spartacist League und das Partisan Defense Committee werden einen Block organisieren, der deutlich macht, dass die Arbeiterbewegung auf der Grundlage ihrer eigenen unabhängigen Stärke mobilisiert werden muss, wenn sie ihre Macht gegen die faschistischen Terrorbanden zur Geltung bringen will – nicht als Anhängsel der Politiker der Demokratischen Partei, die versuchen, die faschistische Kundgebung von der Bundesregierung verbieten zu lassen. Leider unterstützt die Führung der Ortsgruppe 10 die Bemühungen der demokratischen Stadtverwaltung von San Francisco und der Fraktionsvorsitzenden der Demokraten im Kongress Nancy Pelosi, die Kundgebung verbieten zu lassen; Ed Ferris, der Präsident der Ortsgruppe 10, sagte am 18. August dem Sender KPFK: ,Ich bin zuversichtlich, dass sie diese Erlaubnis einfach verweigern‘.“
Ein solch tödliches Vertrauen in die Kräfte des kapitalistischen Staats und die Politiker der Demokraten zersetzt schon seit langem die Kampfkraft der Gewerkschaften. In diesem Fall wurde es von der Bürokratie der Ortsgruppe 10 dazu benutzt, die Mitglieder zu verraten, die für eine Mobilisierung gestimmt hatten, um die Faschisten zu stoppen. Die verräterischen Gewerkschaftsführer riefen nicht zu einer Aktion auf Basis der Resolution auf. Im Gegenteil, sie taten nichts, um die Mitglieder der Gewerkschaft zu mobilisieren.
Der Verrat der Gewerkschaftsbürokratie
In der Woche vor der faschistischen Kundgebung verkauften wir einige Male WV vor dem ILWU-Gewerkschaftshaus. Viele Mitglieder der Ortgruppe 10 wussten gar nichts von der Resolution, die auf der Gewerkschaftssitzung am 17. August beschlossen worden war. Viele andere waren besorgt, was auf einer Demonstration nach Crissy Field passieren könnte. Vor allem schwarze Arbeiter, die die Mehrheit der Ortsgruppe stellen, fürchteten verständlicherweise, dass Faschisten und Bullen sie ins Visier nehmen würden. Etliche sagten uns, sie würden an dem Protest teilnehmen, wenn es eine massive, disziplinierte Bekundung der sozialen Macht der ILWU gegen faschistischen Terror sein würde. Aber sie wussten auch, dass die Führer der Ortsgruppe 10 nicht vorhatten, eine solche Aktion zu organisieren.
Anstatt die Verantwortung für die Umsetzung der Resolution zu übernehmen, anderen Gewerkschaften die Hand zu reichen und ihre eigene Mitgliedschaft zu mobilisieren, schoben die Bürokraten der Ortsgruppe 10 jegliche angebliche Organisierung einem erfundenen „Basis“-Komitee zu. Die Mehrheit derer, die an dem einzigen Organisationstreffen dieses Komitees teilnahmen, waren keine ILWU-Mitglieder, obwohl einige Mitglieder anderer Gewerkschaften teilnahmen, insbesondere Elektriker der IBEW-Ortsgruppe 6, die versuchten, ihre Gewerkschaft auf der Grundlage der ILWU-Resolution zu mobilisieren (siehe Bericht Seite 10).
Jack Heyman, jetzt in Rente, früher Mitglied der Ortsgruppe 10 und ihres Vorstands, diente der Bürokratie bei diesem Schwindel als Erfüllungsgehilfe. Heyman, Experte im Spiel der Taschenspielertricks der Bürokratie, ist seit langem bekannt als Propagandist des „militanten“ Rufs der ILWU bei gleichzeitiger Bemäntelung der Verratspolitik der Bürokratie. Der einzige jemals an die Mitgliedschaft der Ortsgruppe 10 ergangene Aktionsaufruf stammte von Heyman und einem aktiven Hafenarbeiter, die sich „Longshore Workers to Stop the Fascists“ [Hafenarbeiter wollen die Faschisten stoppen] nannten. WV erfuhr, dass dieses Flugblatt, das auf der Website der Heyman-Presseagenten im Transport Workers Solidarity Committee gepostet wurde, im Gewerkschaftshaus kaum Verbreitung fand, und es wurde nie von dem aktiven Mitglied der Ortsgruppe 10, das es mitunterschrieben hatte, verteilt.
Heyman war auch beim KPFK-Radiointerview mit dem Präsidenten der Ortsgruppe 10 Ed Ferris dabei und widersprach mit keinem Wort Ferris’ Unterstützung für den Versuch der örtlichen Demokraten, die Patriot-Prayer-Kundgebung verbieten zu lassen. In dem Interview bot Ferris die Abfertigungshalle von Ortsgruppe 10 als Treffpunkt für die Aktion an und sagte: „Die Leute können sich bei der Ortsgruppe 10 aufstellen und mit der Demonstration [nach Crissy Field] beginnen.“ Er behauptete, Details würden später festgelegt. Doch als das Flugblatt der angeblichen „Longshore Workers to Stop the Fascists“ erschien, war dort Marina Green und nicht das Gewerkschaftshaus von Ortsgruppe 10 als Treffpunkt für die Demonstration angegeben. Dies hatte den Effekt, die Führung von Ortsgruppe 10 noch weiter von der Aktion zu entfernen, und gewährleistete eine weit geringere Teilnahme von Hafenarbeitern.
Am Abend des 24. und am Morgen des 25. August hörten WV-Unterstützer, die am Gewerkschaftshaus von Ortsgruppe 10 Zeitungen verkauften, von einigen Arbeitern, die geplante Demonstration sei das Werk von „Außenstehenden“. Sehr wenige Hafenarbeiter gaben an, teilnehmen zu wollen. Ein „Spezielles Memo an die Mitgliedschaft der ILWU- Ortsgruppe 10“ von Ed Ferris erwähnte die einstimmig verabschiedete Resolution oder die Demonstration nach Crissy Field nicht. Ferris empfahl den Hafenarbeitern „an der Basis“, die „möglicherweise vorhätten, gegen die ,Alt-right‘-Gruppen zu protestieren“, dieses Wochenende „vorsichtig zu sein und friedlich zu bleiben“.
Dies war ein verräterischer Akt von Demobilisierung durch die Führung der Ortsgruppe 10, der konservativeren Elementen der Gewerkschaft breiteres Gehör verschaffte. Einige Hafenarbeiter wandten aus Furcht um ihre Existenz ein, die beste Strategie sei es, die Faschisten zu ignorieren. „Warum sollten wir uns zur Zielscheibe machen und den Faschisten öffentliche Aufmerksamkeit verschaffen“, sagten sie WV-Verkäufern. Viele wiesen darauf hin, dass die Faschisten es nicht wagen würden, im schwarzen Oakland oder in San Franciscos schwarzen Stadtvierteln Hunters Point/Bay View zu marschieren.
Die wachsende faschistische Bedrohung in Trumps Amerika ist eine Gefahr für Schwarze, Immigranten und Gewerkschafter überall, wie die zunehmende Verbreitung von Henkersschlingen und rassistischen Graffiti am SSA-Terminal [dort wird Fracht von und nach Asien, Europa und Zentralamerika abgefertigt] im Hafen von Oakland zeigt. Die faschistischen Mörder, darunter diejenigen, die in Charlottesville aktiv waren, sind hauptsächlich junge Städter mit militärischer Ausbildung und sie wollen Blut sehen. Ignoriert man sie, werden sie ermutigt. Mitglieder der ILWU-Ortsgruppe 10 brachten am 25. Mai ihre kollektive Stärke und Solidarität zur Geltung, als sie das SSA-Terminal stilllegten, um gegen die rassistischen Henkersschlingen-Provokationen zu protestieren. Damit ließen sie etwas von der sozialen Macht aufblitzen, die die multirassische Arbeiterklasse entfesseln kann, um die weißen Rassisten in ihre Löcher zurückzujagen. Die Resolution der Gewerkschaft vom 17. August hätte für die Arbeiterbewegung der Bay Area die Möglichkeit geschaffen, ihre Muskeln spielen zu lassen. Es ist ein Verbrechen, dass die Führung der Ortsgruppe 10 sich alle Mühe gab, diese Möglichkeit zu sabotieren.
Die zynischen Scharlatane
der Internationalist Group
Nachdem die Gewerkschaftsführer die Hafenarbeiter demobilisiert hatten, benutzten sie sie dann am Morgen des 26. August am Gewerkschaftshaus der Ortsgruppe 10 für einen zynischen Fototermin – nachdem Patriot Prayer angekündigt hatte, seine Crissy-Fields-Kundgebung abzusagen. Gewerkschaftsmitglieder, denen man gesagt hatte, dass alle Kundgebungen abgesagt worden seien und sie sich wieder zur Arbeit einteilen lassen sollten, wurden dann ersucht, vor einem Banner mit der Aufschrift „Stoppt faschistischen Terror“ für ein Foto Aufstellung zu nehmen. Es ist ein beeindruckendes Bild von etwa 50 vorwiegend schwarzen Hafenarbeitern, die militant und entschlossen aussehen. Die Wahrheit aber ist, dass diese Mitglieder der Ortsgruppe 10 zum Gewerkschaftshaus gekommen waren, um sich zur Arbeit zu melden, nicht um gegen die Faschisten zu demonstrieren. Wir geben nicht ihnen die Schuld. Sie wurden als Schachfiguren von der Bürokratie der Ortsgruppe 10 benutzt, die die Gelegenheit sah, ihren „militanten“ Ruf aufzupolieren, nachdem sie die Gewerkschaftsresolution vom 17. August vereitelt hatte. Bei der Durchführung dieses Schwindels halfen Mitglieder und Unterstützer der Internationalist Group (IG), die auch auf dem Foto zu sehen sind.
Ein schamlos zynischer Artikel vom 26. August auf der Website der IG zeigt an prominenter Stelle ein nahezu identisches Foto unter der Schlagzeile „Faschisten zur Flucht aus San Francisco gezwungen – ein bedeutender Sieg“. Die IG blökt: „Entscheidend für die Vertreibung der Faschisten war der Schritt der Ortsgruppe 10 der International Longshore and Warehouse Union, den Hafen dichtzumachen und aufzumarschieren, um die faschistische ,Patriot-Prayer‘-Kundgebung zu stoppen.“ Das ist eine komplette Erfindung, wie jeder weiß, der mit Mitgliedern der Ortsgruppe 10 irgendwie Kontakt hat.
Die IG lügt einfach munter weiter. Nach der Behauptung, die Faschisten von Patriot Prayer hätten ihre Kundgebung abgesagt, „nachdem die ILWU beschlossen hatte, ihre Macht einzusetzen, um sie zu stoppen“, argumentiert ihr Artikel, „hätte die Hafenarbeitergewerkschaft den nächsten Schritt unternommen und die Mitgliedschaft zu einem von der Arbeiterschaft angeführten massenhaften Siegesmarsch herausgerufen, hätte die Lektion wirklich gesessen“. Aber die ILWU-Bürokratie hatte schon für den ersten Schritt nichts unternommen, nämlich die Macht der Gewerkschaft zu mobilisieren, um die Faschisten zu stoppen. Und die IG half ihr bei dem Schwindel, Hafenarbeiter „von der Basis“ würden für die Aktion mobilmachen. Auf einem Vorbereitungstreffen am 24. August für die Berkeley-Proteste gaben sich zwei IG-Mitglieder kraft des fingierten „Basiskomitees“ als Sprecher für die Hafenarbeiter von Ortsgruppe 10 aus.
Im Nachhinein schreibt die IG, dass „nicht nur den Faschisten, sondern auch den Bullen und ihren Bossen von der Demokratischen Partei nur allzu bewusst ist, dass ein Vorgehen gegen dieses zum Großteil schwarze Kraftzentrum der Arbeiterschaft der Bay Area etwas ganz anderes ist, als lose organisierte Demonstranten vor allem aus studentischen und Mittelklassesektoren anzugreifen“. Wie wahr. Doch die größtenteils schwarze Arbeiterschaft der Ortsgruppe 10 wurde nicht mobilisiert! Stattdessen machte sie sich mit Recht Sorgen, was passieren würde, wenn sie zu einer ähnlich „lose organisierten“ Protestaktion unter der Führung der unterschiedlichsten Liberalen und Reformisten im „Basiskomitee“ auf die Straße gehen würde.
Die IG verschafft nicht nur den angeblich militanteren Führern der Ortsgruppe 10 eine linke Flankendeckung, sondern auch der Bürokratie der ILWU International. Die ILWU International zeigte das Foto der Mitglieder von Ortsgruppe 10 vom Morgen des 26. August im Gewerkschaftshaus auf ihrer Website Longshore and Shipping News. Aber es fehlt jegliche Erwähnung der Resolution von Ortsgruppe 10 mit dem Aufruf an die Gewerkschaft, bei einem Marsch auf Crissy Fields die Führung zu übernehmen, um die Faschisten von Patriot Prayer zu stoppen. Stattdessen wird das Foto benutzt, um für eine „Erklärung über die Politik zum Rassismus“ zu werben, die einfach ein Nachklang der Phrasendrescherei des von der Demokratischen Partei inspirierten „Festivals der Liebe“ ist, die nach Charlottesville von den verräterischen Gewerkschaftsführern unterstützt wurde.
Es ist bezeichnend, dass es Longshore and Shipping News nie für angebracht hielt, auch nur ein einziges Wort über die Henkersschlingen zu veröffentlichen, die auf den Docks von Oakland gefunden wurden, oder über die Arbeitsniederlegung der Ortsgruppe 10 vom 25. Mai aus Protest dagegen. Die ILWU International benutzt die Zunahme faschistischen Terrors nicht dazu, die Macht der organisierten Arbeiterschaft gegen diese Sturmtruppen mobil zu machen, sondern um die Arbeiter weiterhin an ihre kapitalistischen Ausbeuter und Unterdrücker zu ketten. Wie die IG deckten auch die Gewerkschaftsreformisten von In These Times diesen Verrat ab und brachten am 29. August einen kaum weniger irrsinnigen Artikel mit der Schlagzeile „Diese Hafenarbeiter zeigten gerade der Arbeiterbewegung, wie man Faschisten stoppt“.
Angesichts der Gewerkschafts-Irreführer, die im Verlauf des jahrzehntelangen einseitigen Klassenkriegs gegen die Gewerkschaften einfach klein beigaben, ist es keine einfache Aufgabe, die Macht der Arbeiterklasse zu mobilisieren, um sich den faschistischen Terrorbanden in den Weg zu stellen. Dafür braucht man eine Führung, die die Arbeiter inspirieren kann mit dem Selbstvertrauen und dem Bewusstsein ihrer sozialen Macht. Indem die IG das Vorgehen der verräterischen ILWU-Führer schönredet, hilft sie mit, das Bewusstsein der Arbeiter zu zersetzen und ein Gefühl der Demoralisierung über die Kampffähigkeit der Gewerkschaften zu verstärken.
Zu ihrer Ehre hatte die ILWU-Abteilung Inland Boatmen’s Union, die Arbeiter von Fähren und Schleppschiffen organisiert, am 26. August auf San Franciscos Alamos Square und am nächsten Tag in Berkeley ein kleines Kontingent. Doch das war die einzige sichtbare ILWU-Präsenz. Die wirkliche Stärke der ILWU liegt bei ihren Stammmitgliedern von Hafenarbeitern. Entgegen dem von Heyman und der IG verbreiteten Mythos ist die verbliebene Macht der Gewerkschaft keine Widerspiegelung ihrer Militanz. Vielmehr wurzelt sie in der Tatsache, dass die Arbeit der Hafenarbeiter entscheidend ist, um die Frachtkette des Welthandels am Laufen zu halten. Eine Mobilisierung dieser Macht für einen wirklichen Kampf gegen die Faschisten könnte die verarmten schwarzen Massen in den Innenstädten zum Kampf aufrütteln und dabei die untrennbare Verknüpfung zwischen dem Kampf für die Emanzipation der Arbeiter von Lohnsklaverei und dem Kampf für die Freiheit der Schwarzen unmissverständlich klarstellen.
Die Arbeiterklasse ist entscheidend
Im Anschluss an die antifaschistische Kundgebung vom 27. August in Berkeley fordert der demokratische Bürgermeister Jesse Arreguin, die Antifa solle als „Gang“ – also kriminelle Gesetzlose – gebrandmarkt werden. Er wird durch einen kollektiven Aufschrei der bürgerlichen Medien unterstützt, die groteskerweise die Antifa mit der Gewalttätigkeit und dem Terrorismus der faschistischen Banden gleichsetzen. Diesem Aufschrei hat sich Noam Chomsky angeschlossen, einstiger Guru des antikommunistischen Anarchismus, der die Antifa als ein „großes Geschenk an die Rechte“ beschreibt. Solche grotesken Ausfälle – die Trumps Verdammung „beider Seiten“ in Charlottesville wiederkäuen – tragen dazu bei, die Machtbefugnisse der Bullen, von denen die tödlichste rassistische Gewalt in dieser Gesellschaft ausgeht, gegenüber antifaschistischen Aktivisten und jedem, der als „Staatsfeind“ angesehen wird, zu stärken.
Wir ziehen den Hut davor, welchen Mut die Antifas bei der Vertreibung der Faschisten aus dem MLK-Park an diesem Tag aufbrachten, auch für ihre Vorkehrungen zum Schutz anderer antifaschistischer Demonstranten. Aber täuscht euch nicht: Sie kamen damit nur durch, weil die Herrscher der Stadt und ihre Bullen, besonders nach dem Wüten faschistischen Terrors und Mordens in Charlottesville, an diesem Tag nicht die gesellschaftlichen Kosten für massenhaft Verletzte und Verhaftete tragen wollten. Von der Tatsache, dass sich die Bullen diesmal zurückzogen, sollte sich kein Gegner faschistischen oder Bullenterrors einlullen lassen. Die faschistischen Banden sind die Reservearmee der Bourgeoisie, die in Krisenzeiten von der Leine gelassen wird, wenn regulärer Staatsterror nicht mehr ausreicht, um kapitalistischen Klassenterror und rassistischen Mord gegen die Arbeiterklasse, Schwarze und alle Unterdrückten durchzusetzen.
Antifa-Aktivisten mögen wohl wagemutig und heldenhaft sein, doch ihre politische Perspektive ist einfach das straßenkämpferische Gesicht der „Anti-Hass“-Liberalen. Die faschistische Bedrohung kann nicht durch isolierte Aktionen beseitigt werden, die in keiner Weise dazu beitragen, das politische Bewusstsein der Arbeiterklasse zu heben. Ein ernsthafter Kampf zur Ausrottung des Faschismus muss auf einer revolutionären, proletarischen Perspektive beruhen, mit der kapitalistischen Ordnung Schluss zu machen, die den faschistischen Abschaum ausbrütet.
In den 1980er-Jahren und bis in die 1990er hinein initiierten SL und PDC Mobilisierungen, um den KKK und die Nazis zu stoppen, wenn diese in größeren Städten ihr Haupt erhoben. Das Ziel war, die Faschisten zu stoppen. Aber es galt auch, die Arbeiterklasse mit dem Bewusstsein ihrer sozialen Macht zu erfüllen und sie mit einem Verständnis des Klassencharakters des kapitalistischen Staates und der Demokratischen Partei zu bewaffnen. Bei der Organisierung dieser Aktionen suchten wir die Unterstützung von Gewerkschaften und ihren Funktionären, um die gewerkschaftliche Basis mobilisieren zu können, die den proletarischen Kern dieser Mobilisierungen bildete. Diese Aktionen zeigten, dass es möglich ist, das Proletariat dafür zu mobilisieren, sich selbst und alle Unterdrückten zu verteidigen. Vor allem unterstrichen sie die Notwendigkeit einer revolutionären proletarischen Führung, die von den Lehren der Kämpfe der Vergangenheit durchdrungen ist und fähig ist, die Arbeiter für die zukünftigen Schlachten zu bewaffnen.
Die Arbeiterklasse hat die Zahl, die Macht und die Organisation am Ort der Produktion, um nicht nur die faschistischen Sturmtruppen zu besiegen, sondern das zu erringen, was sich die herrschende Klasse selbst aneignet: Gesundheitsversorgung, hochwertige Bildung und Wohnungen, überhaupt die Möglichkeit, ein anständiges Leben zu führen. Was fehlt, ist die Art von Führung, die für einen Kampf notwendig ist: eine Gewerkschaftsführung, die sich nicht den Gesetzen der Bosse, deren politischen Parteien und staatlichen Behörden beugt. Wir brauchen eine Arbeiterpartei, die für eine Arbeiterregierung kämpft, um der Kapitalistenklasse die Produktionsmittel zu entreißen und eine sozialistische Planwirtschaft zu errichten, in der nicht einige wenige profitgierige Ausbeuter das Sagen haben, sondern die arbeitenden Menschen, die den Reichtum produzieren.
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