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Spartakist Nummer 194

Juli 2012

Nieder mit der EU der Bosse! Für ein Arbeitereuropa!

Banken hungern griechische Arbeiter aus

Für eine leninistisch-trotzkistische Partei!

Nachfolgend drucken wir leicht redigiert einen anlässlich der griechischen Wahlen geschriebenen Artikel ab, der in Workers Hammer Nr. 218, Frühjahr 2012, veröffentlicht wurde.

Die Parlamentswahlen am 6. Mai in Griechenland finden in einem Klima der Furcht vor einem wirtschaftlichen Zusammenbruch statt. Die griechischen Kapitalisten haben durch ihre Verhängung brutaler Austeritätsmaßnahmen, darunter Arbeitsplatzabbau, Kürzungen von Renten und öffentlichen Dienstleistungen, weit verbreitete Empörung ausgelöst. Hinter der griechischen Bourgeoisie stehen die imperialistische Europäische Union und der von den USA dominierte Internationale Währungsfonds, mit denen die griechische Regierung im Februar eine 130 Milliarden Euro schwere Kautionszahlung ausgehandelt hat, um zu gewährleisten, dass das Land seinen Schuldenverpflichtungen nachkommen kann. Dies war das zweite „Rettungspaket“ innerhalb von zwei Jahren und wie das erste in Wirklichkeit eine Rettungsaktion für die Kreditgeber des Landes – vor allem französische und deutsche, aber auch griechische Banken. Die Blutsauger der EU sind fest entschlossen sicherzustellen, dass ein Bankrott Griechenlands nicht die ganze Eurozone mit sich reißt.

Für die griechische Arbeiterklasse wurde die Krise zur Katastrophe. Löhne wurden massiv gekürzt; die Arbeitslosigkeit liegt bei über 20 Prozent und erreicht für Jugendliche 51 Prozent. Die Obdachlosigkeit stieg im letzten Jahr um 25 Prozent, und jeder dritte Grieche lebt unterhalb der offiziellen Armutsgrenze. Die Selbstmordrate schnellte in die Höhe. Anfang April erschoss sich der 77-jährige Dimitris Christoulas, Apotheker in Rente, vor dem Parlament auf Athens Syntagma-Platz mit einer Pistole – ein Fall, der zum Symbol für die Wut und die Verzweiflung der Bevölkerung wurde. In seinem Abschiedsbrief erklärte er, er könne die Aussicht, „Mülltonnen nach Essen zu durchwühlen und meinem Kind zur Last zu fallen“ (New York Times online, 5. April), nicht ertragen.

Die griechischen kapitalistischen Herrscher sind überaus willige Komplizen der Wall Street, der deutschen Banken, der City of London und der französischen Börse. Die Führer der EU, die Europäische Zentralbank und der IWF – die sogenannte „Troika“ – treten unablässig die nationale Souveränität Griechenlands mit Füßen. Als im vergangenen November der damalige Premierminister Georgios Papandreou eine Volksabstimmung über das von der EU diktierte Austeritätspaket vorschlug, inszenierten die EU-Führer seine Ablösung durch Loukas Papadimos, den ehemaligen Vizepräsidenten der Europäischen Zentralbank. Der abgesetzte Papandreou war nicht gerade ein Gegner der EU-Austeritätspolitik: Er war Führer der Panhellenischen Sozialistischen Bewegung (PASOK), einer bürgerlich-populistischen Partei, die seit 2009 regierte und dem Land die schonungslosesten Kürzungen seit dem Zweiten Weltkrieg aufzwang. Jetzt, unter der Führung von Evangelos Venizelos, ist die PASOK wieder an der Regierung, zusammen mit den rechten Konservativen von Nea Dimokratia unter Antonis Samaras. EU-Führer fordern, Griechenland solle eine Verpflichtung zur Auszahlung der Bankiers in der Verfassung verankern. Dies wäre dann für jegliche aus den Wahlen hervorgehende Regierung rechtlich bindend.

Als proletarische Internationalisten haben wir die imperialistische EU schon immer grundsätzlich abgelehnt. Sie wurde ursprünglich als Anhängsel der NATO, des imperialistischen Militärbündnisses gegen die Sowjetunion, gegründet. Von Anfang an war sie ein Instrument, mit dem die kapitalistischen Mächte gemeinsam Austeritätsmaßnahmen gegen ihre eigenen Arbeiterklassen verhängen. Die dominierenden Mächte unter der Führung Deutschlands ordnen sich die schwächeren wie Griechenland, Irland, Portugal und die osteuropäischen Mitgliedsstaaten unter. Unter dem Banner eines „flexiblen Arbeitsmarktes“ hat die EU gewerkschaftliche Rechte zurückgedrängt und Niedriglöhne und prekäre Arbeitsverträge eingeführt.

Das den griechischen Werktätigen auferlegte Elend ist eine Blaupause für Angriffe auf Arbeiter in ganz Europa. Das stark verschuldete Spanien, das die höchste offizielle Arbeitslosenquote in Europa (24 Prozent) hat, wurde am 29. März von einem eintägigen Generalstreik gegen die Haushaltskürzungen der Regierung überrollt. Eine Woche davor hatte im benachbarten Portugal ein 24-stündiger Generalstreik gegen die Austeritätspolitik das Transportsystem des Landes größtenteils zum Erliegen gebracht. Nicht nur in den ärmeren Nationen Südeuropas steht die Arbeiterklasse unter Beschuss. Der deutsche Imperialismus hat zu Hause die Löhne gedrückt und die Sozialausgaben dramatisch reduziert. Das deutsche Proletariat, die mächtigste Arbeiterklasse in Europa, ist potenziell die Achillesferse der imperialistischen EU, doch es wird von der Sozialdemokratischen Partei geführt. Als die Sozialdemokraten von 1998 bis 2005 an der Regierung waren, führten sie harte Angriffe gegen die Arbeiterklasse durch, die dazu beitrugen, die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Imperialismus auf dem Weltmarkt zu stärken.

Angesichts einer Welle des antigriechischen Chauvinismus schrieb die Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands: „Die Arbeiterbewegung in Deutschland muss in Solidarität mit den griechischen Arbeitern und allen anderen Opfern der EU-Imperialisten mobilisieren, denn ihr stehen demnächst ähnliche Angriffe bevor“ (Spartakist Nr. 183, Mai 2010). Im vergangenen Jahr legten wir dar: „Unter der von der deutschen Bourgeoisie diktierten Politik gibt es für die Schuldnerstaaten keinen Ausweg.“ Wir stellten fest, dass Griechenland vielleicht besser dran wäre, wenn es den Staatsbankrott erklärte und die Eurozone verließe, warnten aber: „obgleich dies möglicherweise eine Befreiung von der Abwärtsspirale mit sich brächte, so würde doch ein Verlassen der Eurozone das griechische Proletariat nicht vor dem weltweiten Wirtschaftsabschwung und vor kapitalistischer Verwüstung schützen“ (geschrieben Dezember 2011 für Workers Vanguard, veröffentlicht in Spartakist Nr. 191, Januar 2012).

Die Einheitswährung hat der deutschen Bourgeoisie geholfen, riesige Profite zu machen. Auch die griechischen kapitalistischen Herrscher haben von der EU profitiert und scheinen entschlossen, den Euro zu behalten, trotz der Tatsache, dass dies Griechenland daran hindert, seine Währung abzuwerten, um so seine Schulden zu mindern oder die Wettbewerbsfähigkeit seiner Exporte zu erhöhen. Die Internationale Kommunistische Liga war gegen die Einführung des Euro und wies darauf hin, dass eine Einheitswährung, die mehrere unterschiedliche kapitalistische Länder umfasst, keinen Bestand haben kann. 1997 schrieben wir: „Die Kontrolle über die Geldmenge innerhalb der eigenen Grenzen ist eine wirtschaftliche Grundvoraussetzung für einen bürgerlichen Staat“, und „da der Kapitalismus auf der Grundlage einzelner Nationalstaaten organisiert ist, was die Ursache von wiederholten imperialistischen Kriegen zur Neuaufteilung der Welt ist, ist es unmöglich, einen stabilen alleuropäischen bürgerlichen Staat zustande zu bringen“ (Spartakist Nr. 129, September/Oktober 1997). Sollte Griechenland aufgrund von Massenwiderstand gegen die von der EU diktierte Aushungerungspolitik aus dem Euro – und der EU – getrieben werden, wäre dies eine Niederlage für die Imperialisten und ein Schritt vorwärts für die Arbeiterklasse sowohl in Griechenland als auch im Rest Europas. Derweil müssen kämpferische Arbeiter in Deutschland und anderen imperialistischen Ländern sich den erpresserischen Forderungen nach Schuldenrückzahlung Griechenlands widersetzen.

Widerstand gegen die EU ist für die Arbeiterklassen aller europäischen Länder ein unerlässlicher Ausgangspunkt, doch nicht die Lösung an sich. Die Krise, die in Griechenland ihren Lauf nimmt – und auch Spanien, Portugal, Irland und Italien zu verschlingen droht –, hat ihre Ursache im kapitalistischen Weltsystem. In seinem Werk Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus von 1916 schrieb der russische revolutionäre Führer W. I. Lenin: „Der Imperialismus ist der Kapitalismus auf jener Entwicklungsstufe, wo die Herrschaft der Monopole und des Finanzkapitals sich herausgebildet … hat und die Aufteilung des gesamten Territoriums der Erde durch die größten kapitalistischen Länder abgeschlossen ist.“ Ein kleiner Klub wohlhabender imperialistischer Mächte ordnet sich die riesige Mehrheit der Weltbevölkerung unter und unterdrückt sie. Abhängige Länder (wie heutzutage Griechenland oder Argentinien), sind „politisch, formal selbständig, in Wirklichkeit aber in ein Netz finanzieller und diplomatischer Abhängigkeit verstrickt“.

Im Imperialismus wird jedes Land immer enger mit dem Weltmarkt verbunden und die Industrie zunehmend konzentriert, was die Grundlage für die sozialistische Organisierung der Gesellschaft schafft. Doch der Kapitalismus basiert auf einzelnen Nationalstaaten, die bei der Jagd nach Profiten und neuen Ausbeutungssphären unausweichlich miteinander in Konflikt geraten. Der kapitalistische Nationalstaat ist somit eine Fessel für die Weiterentwicklung der Produktivkräfte. Für die Arbeiterklasse und die Unterdrückten besteht der einzige Ausweg in sozialistischen Revolutionen, die die Bourgeoisien enteignen und eine internationale Planwirtschaft unter Arbeiterherrschaft errichten.

In den letzten beiden Jahren haben die griechischen Arbeiter viele ein- oder zweitägige Generalstreiks durchgeführt beim Versuch, die gemeinsame Offensive der europäischen Imperialisten und der griechischen Bourgeoisie zurückzuschlagen. Im Vorfeld der Parlamentsabstimmung über das jüngste Austeritätspaket veranstalteten Arbeiter einen 48-stündigen Generalstreik. Am Tage der Annahme der Kürzungen kam eine Massendemonstration vor dem Parlament zusammen und lieferte sich erbitterte Kämpfe mit amoklaufenden Bullen. Doch die schonungslosen Angriffe der Regierung auf Arbeitsplätze und Lebensstandard nehmen kein Ende.

Die griechische Arbeiterklasse hat eine lange Geschichte von Militanz und Selbstaufopferung. Doch immer wieder liefen ihre Kämpfe ins Leere – oder wurden zerschlagen –, da ihre reformistische Führung in entscheidenden Momenten die Herrschaft der griechischen Bourgeoisie rettete. Es besteht die dringende Notwendigkeit einer internationalistischen revolutionären Arbeiterpartei auf Grundlage des Programms von Lenin und Trotzki. Die Trotzkistische Gruppe Griechenlands hat sich dem Aufbau einer solchen Partei verpflichtet, die für eine Arbeiterrevolution in der gesamten Region kämpft. Unser Programm steht für die Vereinigten Sozialistischen Staaten Europas.

Die Klassenzusammenarbeit der KKE

Die beiden Hauptgewerkschaftsverbände – GSEE (Allgemeiner Arbeiterbund Griechenlands) und ADEDY (Konföderation der Arbeiter im öffentlichen Dienst) – werden von Unterstützern von PASOK und Nea Dimokratia geführt, den Parteien, die vor allem für die Durchsetzung der Austeritätsmaßnahmen verantwortlich sind. Diese Gewerkschaftsführer erheben nicht den Anspruch, gegen die EU zu sein. Ebenso akzeptieren europaweit die reformistischen Führungen der Arbeiterklasse die EU ausdrücklich oder stillschweigend und verbreiten Illusionen in ein „soziales Europa“.

Eine Ausnahme von dieser Regel ist die KKE, die Kommunistische Partei Griechenlands, die die EU und den Maastrichter Vertrag von 1992, der die Einführung des Euro autorisierte, ablehnte. Während die KKE in den Wahlumfragen zulegt, macht die sozialdemokratische Linke in Griechenland – wie Xekinima (Neuanfang – griechische Sektion des Komitees für eine Arbeiterinternationale, in Deutschland die SAV) und der Ableger der Internationalen Marxistischen Tendenz (IMT) Marxistische Stimme – offen Werbung für ein „linkes“ Bündnis aus KKE und SYRIZA (Koalition der Radikalen Linken, die von Synaspismos dominiert wird, entstanden aus dem alten „eurokommunistischen“ Flügel der Kommunistischen Partei). Doch die KKE lehnt eine solche Koalition ab und kritisiert zu Recht SYRIZA, sie sei „durchweg EU-freundlich“ und habe „immerhin für den Maastrichter Vertrag gestimmt“ (Wiki-news.org, 13. Mai 2010).

Die KKE besitzt die Loyalität der kämpferischsten Teile der griechischen Arbeiterklasse. Ihre Gewerkschaftsorganisation PAME behauptet, den verräterischen Bürokraten von GSEE und ADEDY, deren Klassenzusammenarbeit mit den Bossen und ihrer Regierung sie zu Recht anprangert, „klassenorientierten“ Widerstand entgegenzusetzen. Doch die KKE ist nicht in der Lage, der Arbeiterklasse einen Weg nach vorn zu weisen, der über den Kreislauf eintägiger Generalstreiks hinausführt, was nichts anderes als eine kämpferische Form von Lobbyismus gegenüber dem Parlament ist. Die KKE hat kein Programm für die Machtübernahme der Arbeiterklasse. Sie hat sich dem Nationalismus verschrieben, der das Haupthindernis für den Aufbau einer revolutionären Arbeiterpartei in Griechenland ist. Es ist eine strategische Aufgabe beim Aufbau einer revolutionären Partei, die Arbeiterbasis der KKE für das internationalistische Programm von Lenins und Trotzkis Bolschewiki zu gewinnen.

Die KKE hat zumindest auf dem Papier eine linke Haltung gegen die griechischen Kapitalisten und ihre antiproletarische Austeritätspolitik eingenommen. In den Thesen von Parteikonferenzen und insbesondere in ihren Internet-Postings versprüht die KKE marxistisch klingende Rhetorik. Ihr 18. Parteitag verkündete sogar in einer Resolution zum Sozialismus: „Anstelle der bürgerlichen Armee und der unterdrückerischen Organe, die vollständig aufgelöst werden, treten neue Institutionen auf Grundlage des bewaffneten revolutionären Kampfes für die Vernichtung des Widerstands der Ausbeuter und die Verteidigung der Revolution“ (Februar 2009).

Dieser Verbalradikalismus ist nichts als heiße Luft, wie die tatsächliche Praxis der KKE zeigt. In der Frage des kapitalistischen Staates, d. h. „der bürgerlichen Armee und der unterdrückerischen Organe“, ist das wahre Programm der KKE gewöhnlicher Feld-, Wald- und Wiesen-Reformismus. In einem Artikel in Rizospastis (25. Mai 2011) berichtet die KKE über einen Besuch bei einer Versammlung des Panhellenischen Verbandes der Polizeibeamten. Der Vertreter der KKE, ein gewisser Spiros Halvadji, belehrte die Bullen: „Die Rolle der Polizei darf nicht die Unterdrückung der Volksbewegung sein, sondern muss vor allem in der Verbrechensbekämpfung liegen.“ Die Bullen bilden zusammen mit den Gerichten, den Gefängnissen und dem Militär den Kern des bürgerlichen Staates, den Lenin als „ ,besondre Repressionsgewalt‘ der Bourgeoisie gegen das Proletariat, einer Handvoll reicher Leute gegen die Millionen der Werktätigen“ beschrieb. Heute ist in Griechenland der reaktionäre Kreuzzug gegen „Kriminalität“ der Vorwand für Massenfestnahmen von Hunderten von Immigranten, die dann in Konzentrationslager geworfen werden.

Eine leninistische Partei würde nationalen Chauvinismus bekämpfen, der von den kapitalistischen Herrschern aufgepeitscht wird – vor allem gegen die Türkei, Griechenlands historischen Feind, aber auch gegen benachbarte Balkanländer. Vor dem Hintergrund eines verstärkten griechischen Nationalismus, ausgelöst durch das Herumtrampeln der EU auf der nationalen Souveränität des Landes, hat die Regierung eine rassistische Kampagne gegen Immigranten in Gang gesetzt, neue Internierungslager eröffnet und Hunderte inhaftiert. Angriffe auf Immigranten haben zugenommen, da faschistische Organisationen wie Chrysi Avgi (Goldene Morgenröte) sich ermutigt fühlen.

Die Verteidigung der Rechte unterdrückter Nationalitäten und von Immigranten ist grundlegend für die Einheit der Arbeiterklasse im Kampf für eine sozialistische Revolution. Nationalismus spielt die Arbeiter verschiedener Nationalitäten gegeneinander aus, vergiftet das Klassenbewusstsein und hilft den Kapitalisten, die Löhne aller Arbeiter nach unten zu drücken. Arbeiter aus Albanien, Südasien, Afrika und anderswoher müssen an der Seite ihrer griechischen Klassenbrüder und -schwestern in einen gemeinsamen Kampf einbezogen werden. Eine klassenkämpferische Führung in den Gewerkschaften würde für Arbeitsplätze für alle und volle Staatsbürgerrechte für Immigranten kämpfen.

Die KKE hat die soziale Macht, mächtige Arbeiterkontingente zu mobilisieren, um Immigranten zu verteidigen und das Faschistenpack von den Straßen zu fegen, doch ihr Nationalismus ist für eine solche Perspektive ein Hindernis. Anfang der 1990er-Jahre trug eine gewaltige Welle von griechischem Chauvinismus über Mazedonien zum Anwachsen von Chrysi Avgi bei. Als die ehemalige jugoslawische Republik das Wort „Mazedonien“ in ihren Namen aufnahm, verkündeten Plakate in ganz Griechenland: „Mazedonien ist griechisch!“ Damals schrieben wir, dass „die Antwort der KKE auf die Flut des Chauvinismus eine anhaltende Kapitulation vor dem griechischen Nationalismus ist“, ausgedrückt in KKE-Erklärungen wie „wir erlauben nicht, dass ausländische Nationalisten auch nur einen Zentimeter griechischen Bodens beanspruchen“ (Workers Vanguard Nr. 565, 11. Dezember 1992). Unser Artikel forderte: „Für das Recht auf Selbstbestimmung für Mazedonien, einschließlich der griechischen Mazedonier! Volle demokratische Rechte für Minderheiten in Griechenland! Für eine Sozialistische Balkanföderation unter Einschluss Griechenlands!“

Im Gegensatz zum proletarischen Sozialismus der bolschewistischen Partei Lenins und Trotzkis verficht die KKE einen nationalistischen Populismus. Dieser zeigt sich in permanenten antimarxistischen Forderungen nach „Volksmacht“, manchmal in der absurden Verknüpfung „Volksmacht der Arbeiterklasse“. Zum Beispiel behauptet sie, „die Grundrichtung der Volksbewegung muss der Sturz des Kapitalismus sein. Der einzige Ausweg ist die Volksmacht der Arbeiterklasse mit Austritt aus der EU und einseitiger Schuldenstreichung. Es gibt keine andere Lösung für das Volk“ („Die im neuen Memorandum enthaltene Maßnahmenliste“, 16. Februar).

Indem die KKE die gemeinsamen Interessen „des Volkes“ predigt, löst sie das Proletariat in der Gesamtheit der Bevölkerung auf und verschleiert die Klassengegensätze der bürgerlichen Gesellschaft. Weil die Arbeiterklasse die Schalthebel der Produktion in ihren Händen hält, ist sie die einzige Klasse mit der potenziellen Macht und dem objektiven Interesse, den Kapitalismus zu stürzen. Die Interessen der griechischen Kapitalisten, die mit der Ausbeutung der Arbeiter ihre Profite machen, und die der Arbeiter sind nicht miteinander vereinbar. Die Kapitalisten sind unlöslich mit den imperialistischen Mächten verbunden und wenden sich an sie um Beistand bei der Unterdrückung der Arbeiterklasse. Das Kleinbürgertum umfasst eine heterogene Schicht zwischen Kapitalisten und Arbeitern, die von Lehrern über Kleinbauern bis zu Studenten alles beinhaltet. Ihm gehört der wesentliche Teil der griechischen Bevölkerung an, der in Familienbetrieben beschäftigt ist. Der starke Einfluss des nationalistischen Populismus in der griechischen Gesellschaft rührt daher, dass das Industrieproletariat sehr klein und das städtische Kleinbürgertum entsprechend groß ist.

Die Vorstellung der KKE vom „Sozialismus“ ist ein reaktionäres Programm nationaler Autarkie auf Grundlage der Ausbeutung einer angeblichen Fülle von Naturressourcen, einschließlich auf Griechenland beschränkter Energiequellen. Was sich die KKE vorstellt, ist eine Art von „Sozialismus in einem Land“, das Dogma, das Stalin Ende 1924 einführte, als die Bürokratie in einer politischen Konterrevolution, die zur Degeneration des sowjetischen Arbeiterstaates führte, die Macht an sich riss. „Sozialismus in einem Land“ war Ausdruck des nationalistischen Opportunismus der Sowjetbürokratie und entgegengesetzt dem historisch revolutionären, internationalistischen Programm der bolschewistischen Partei. Es verschaffte der stalinistischen Bürokratie eine ideologische Rechtfertigung für die Umwandlung der Kommunistischen Parteien anderer Länder in eine Verhandlungsmasse beim illusorischen Streben nach „friedlicher Koexistenz“ mit dem Imperialismus. Lenin hatte auf einem Parteitag der bolschewistischen Partei 1919 erklärt: „Wir leben nicht nur in einem Staat, sondern in einem System von Staaten, und die Existenz der Sowjetrepublik neben den imperialistischen Staaten ist auf die Dauer undenkbar. Am Ende wird entweder das eine oder das andere siegen“ (Bericht des Zentralkomitees, 18. März 1919).

Trotz ihrer Degeneration unter dem Stalinismus verteidigten wir Trotzkisten die Sowjetunion und kämpften für eine proletarisch-politische Revolution gegen die stalinistische Bürokratie, deren Beschwichtigungspolitik gegenüber dem Imperialismus die Existenz des Arbeiterstaates untergrub. Die kapitalistische Konterrevolution in der Sowjetunion 1991/92 nach Jahrzehnten des militärischen und wirtschaftlichen Drucks von Seiten des Weltimperialismus bewies endgültig den Bankrott des Stalinismus. Wenn „Sozialismus in einem Land“ in der Sowjetunion unmöglich war, die ein Sechstel der Erdoberfläche umfasste und reich an Rohstoffen war, so ist er im Rahmen Griechenlands einfach absurd.

Die KKE und ihre Geschichte des Verrats

Als das griechische Parlament im Februar das zweite Rettungspaket verhandelte und sich draußen die Arbeiter mit der Polizei schlugen, beschworen Sprecher der Regierung das Gespenst eines Bürgerkriegs herauf. Die KKE-Führerin Aleka Papariga verwies als Antwort auf die Unterdrückung von Kommunisten durch die griechische Bourgeoisie in den 1940er-Jahren. Die Erinnerung an den Bürgerkrieg von 1946–49 sitzt auf allen Seiten im heutigen Griechenland immer noch sehr tief. Für die griechische Bourgeoisie verkörpert die KKE, die älteste Partei in Griechenland, den Hass der Arbeiterklasse und der Bauernschaft auf ihre Herrschaft. In Wirklichkeit ist es eine Travestie, dass die KKE immer noch einen Ruf als militante Kämpferin gegen den Kapitalismus hat, der auf ihrem Widerstand gegen die Nazi-Besatzung und dem nachfolgenden griechischen Bürgerkrieg basiert.

Die lange Geschichte des Verrats der KKE am griechischen Proletariat beginnt mit der Stalinisierung der Partei Ende der 1920er-Jahre. Die KKE folgte getreulich jeder politischen Drehung und Wendung der stalinistischen Führung in der Sowjetunion. In der Wirtschaftskrise der 1930er-Jahre wurde Griechenland von Arbeitermassenstreiks erschüttert, insbesondere dem Generalstreik in Saloniki im Mai 1936. Die KKE dominierte die gesamte Bewegung der Arbeiterklasse und erfreute sich kräftiger Unterstützung auf dem Lande. Doch die KKE ordnete den Kampf für Arbeitermacht dem Streben nach einem Bündnis mit der bürgerlichen Liberalen Partei unter und ebnete so der Militärdiktatur von Ioannis Metaxas den Weg. Wie unsere trotzkistischen Vorläufer erklärten:

„Anstatt die Arbeiter für eine entscheidende revolutionäre Aktion zu organisieren und darauf hinzuarbeiten, die Bauern auf dem Lande in den Kampf einzubeziehen, beschäftigten sich die Stalinisten während der schicksalhaften Monate April bis August 1936, als sich die Arbeiterklasse in heftiger revolutionärer Erregung befand, mit einer Kampagne, die Liberale Partei zur Organisierung einer gemeinsamen Volksfront zu drängen. Die Liberale Partei jedoch hatte die Stimme ihres Herrn vernommen und lehnte das stalinistische Angebot ab. Sie war damit beschäftigt, Metaxas den Weg frei zu machen.“ („Civil War in Greece“ [Bürgerkrieg in Griechenland], Fourth International, Februar 1945)

Weit davon entfernt, mit der KKE eine Allianz gegen den rechten Flügel der Bourgeoisie einzugehen, verbanden sich die Liberalen mit der Rechten, um die Arbeiter zu zerschlagen.

Während der brutalen Nazi-Besetzung Griechenlands im Zweiten Weltkrieg etablierte sich die KKE als die Führung des Widerstandes. Die griechischen Arbeiter und Bauern strömten in Scharen dem militärischen Flügel des Widerstandes ELAS zu und kämpften heroisch sowohl gegen die Nazi-Besatzer als auch gegen die antikommunistischen Quislinge der griechischen Bourgeoisie wie General Zervas, ein Werkzeug der britischen Imperialisten, der auch mit den Nazi-Besatzern zusammenarbeitete. Zum Zeitpunkt des Rückzugs der deutschen Truppen aus Griechenland war das gesamte Land in den Händen der ELAS-Kämpfer, und die verhasste griechische Bourgeoisie war ihnen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.

Doch die Arbeiter und Bauern wurden durch den Verrat der KKE-Führung um ihren Sieg betrogen. Die Stalinisten traten in die kapitalistische Regierung ein und unterzeichneten im Februar 1945 den Vertrag von Varkiza, der die von der KKE geführten Widerstandskämpfer entwaffnete und der jämmerlichen griechischen Bourgeoisie die Macht zurückgab. Damit machte sich die KKE die antirevolutionäre Perspektive Stalins zu eigen, der sich auf der Konferenz von Teheran mit Churchill und Roosevelt 1943 damit einverstanden erklärt hatte, dass Griechenland kapitalistisch und unter der Gewalt des britischen Imperialismus bleiben sollte. Tausende Kommunisten wurden in dem darauffolgenden Bürgerkrieg getötet. Nach der endgültigen Niederlage der Demokratischen Armee der KKE 1949 wurden Tausende ins Exil getrieben. Wer nicht fliehen konnte, wurde verhaftet und auf Gefängnisinseln in Konzentrationslager gesteckt. Wer der Partei nicht abschwor, wurde dort gefoltert. Die KKE wurde auf Jahrzehnte verboten, und ihre Mitglieder kamen auf die schwarze Liste.

Was unsere Genossen der Vierten Internationale am Ende des Zweiten Weltkriegs schrieben, trifft auf die Rolle der Stalinisten während des gesamten Bürgerkriegs zu:

„Die griechischen Massen brannten vor revolutionärer Entschlossenheit und wollten den Sturz all ihrer Unterdrücker – sowohl Nazis als auch Griechen – in die Wege leiten. Aber anstatt der Massenbewegung ein revolutionäres Programm zu geben, ähnlich dem bolschewistischen Programm von 1917, und die Massen auf die Machtübernahme vorzubereiten, steuerten die Stalinisten die Bewegung in die Sackgasse der Volksfrontpolitik. Die Stalinisten, die praktisch die Hegemonie in der Massenbewegung innehatten, taten sich mit einem Haufen kleinbürgerlicher Politiker zusammen, Anwälten und Professoren, die weder eine Massenanhängerschaft noch Einfluss hatten, und wirkten darauf hin, den Kampf künstlich auf das Erringen kapitalistischer Demokratie zu begrenzen.“ („Civil War in Greece“, ebd.)

Heute setzt die KKE die stalinistische Tradition von Volksfrontpolitik und Klassenzusammenarbeit fort, die historisch die Arbeiterklasse politisch entwaffnet und an die griechische Bourgeoisie gekettet hat.

Imperialismus und griechischer Kapitalismus

Der abhängige Charakter des modernen griechischen Staates setzte nicht erst mit seinem EU-Beitritt ein, sondern war ihm von Geburt an aufgeprägt. An dem Vertrag, der im Mai 1832 aus dem niedergehenden Osmanenreich einen unabhängigen griechischen Staat heraustrennte, waren keine Griechen beteiligt – nur Vertreter der „Schutz“-Mächte Britannien, Frankreich und Russland. Ein absolutistischer Monarch – Otto von Bayern – wurde dem neuen Land aufgezwungen. Das ganze 19. Jahrhundert hindurch war Griechenland eine Schachfigur der britischen Diplomatie, insbesondere gegenüber dem zaristischen Russland. Trotz früher Bemühungen, das Land zu modernisieren, blieb Griechenland überwiegend ein Agrarland, das vom Export von Korinthen abhängig war. Zwar gab es nur sehr wenige Investitionen in die Industrie, doch es entstand eine sehr wohlhabende Handelsbourgeoisie in der Handelsschifffahrt und später im Bankwesen.

Anfang der 1830er-Jahre nahm die griechische Regierung bei der City of London Kredite zu Wucherzinsen auf, um den Krieg gegen die osmanischen Türken zu bezahlen. In den 1880er-Jahren überstiegen die griechischen Schulden gegenüber Britannien 630 Millionen Drachmen, deren Bedienung ein Drittel der Staatseinnahmen beanspruchte. Als der Korinthen-Markt zusammenbrach, ging Griechenland pleite. Hiermit wurde ein Muster begründet, das bis heute Bestand hat. Die britische imperialistische Politik gegenüber Griechenland war darauf ausgerichtet, Schulden zur Unterjochung des Landes zu benutzen und dessen völlige finanzielle und diplomatische Abhängigkeit herzustellen. Nach dem Zweiten Weltkrieg, in der späteren Phase des griechischen Bürgerkriegs, ersetzten die USA den niedergehenden britischen Imperialismus in Griechenland und benutzten auf ähnliche Weise Hilfe und Kredite als Waffe zur Unterordnung des Landes.

Die griechische Bourgeoisie war zur Sicherung ihrer Position von jeher auf die eine oder andere imperialistische Macht angewiesen, mit der sie das griechische Proletariat gemeinsam ausbeutete. Solche Abhängigkeitsverhältnisse sind unvermeidlich, solange der Imperialismus besteht. Der einzige Ausweg ist der, den die russischen Arbeiter und Bauern in der Oktoberrevolution von 1917 beschritten. Unter der Führung von Lenins und Trotzkis Bolschewiki ergriffen sie die Staatsmacht, enteigneten die Kapitalistenklasse und die Landbesitzer und fegten die zaristische Autokratie samt der Staatskirche hinweg. In dem Bewusstsein, dass die Arbeiterrevolution im rückständigen Russland, um zu überleben, auf die fortgeschrittenen kapitalistischen Länder, insbesondere Deutschland, ausgeweitet werden muss, rief Lenin die Dritte (Kommunistische) Internationale als Weltpartei der proletarischen Revolution ins Leben.

Proletarischer Internationalismus ist für die Arbeiterklassen in ganz Europa, die gegen die Angriffe der nationalen Bourgeoisie und der EU-Räuberbarone kämpfen müssen, eine Frage von Leben und Tod. Arbeiter in den imperialistischen Ländern haben das Potenzial, durch ihren Kampf gegen ihre „eigene“ Bourgeoisie einen Schlag zu führen im Interesse all derer in ganz Europa und weltweit, die unter dem Stiefel des Imperialismus zermalmt werden. In Ländern wie Britannien und Deutschland bringen Arbeiter aus Griechenland, der Türkei und anderen Ländern militante Kampftraditionen mit und bilden eine organische Verbindung zu den Kämpfen ihrer Herkunftsländer.

Die globale Wirtschaftskrise macht es dringend notwendig, den Zyklus von Aufschwung und Krise des Kapitalismus abzuschaffen. Dies ist nur durch Arbeiterrevolutionen möglich, die die superreichen Ausbeuter enteignen und die Produktion entsprechend menschlicher Bedürfnisse neu organisieren. Um die Arbeiterklasse zu einer Klasse zu entwickeln, die an der Spitze aller Unterdrückten um die Macht kämpft, ist die Führung einer revolutionären Partei erforderlich.

 

Spartakist Nr. 194

Spartakist Nr. 194

Juli 2012

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Nach den Wahlen in Griechenland:

Arbeitern steht mehr Sozialkahlschlag bevor

Nieder mit EU und deutschem Imperialismus! Für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa!

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USA, UNO, EU: Hände weg vom Iran!

Nieder mit Hungersanktionen gegen den Iran!

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Zitat

Mehrheit, Proletariat und Staatsmacht

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Spartakist-Jugend

Monatelanger Studentenstreik ersch¸ttert Québec

Massenwiderstand gegen Anti-Protest-Gesetz

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Spartakist-Jugend

Verteidigt streikende Studenten in Québec!

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Kollektivschuld, Pazifismus und die Linke

Wirbel über Grass-Gedicht

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Nieder mit Angriffen auf PSG/ISSE-Veranstaltungen!

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Wählt KKE! Keine Stimme Für SYRIZA!