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Spartakist Nummer 194

Juli 2012

Spartakist-Jugend

Monatelanger Studentenstreik erschüttert Québec

Massenwiderstand gegen Anti-Protest-Gesetz

Unis unter die Kontrolle von Arbeitern, Dozenten und Studenten!

Der nachfolgende Artikel ist übersetzt aus Workers Vanguard Nr. 1004, 8. Juni, Zeitung der Spartacist League/U.S.

4. Juni – Der seit fast vier Monaten andauernde Studentenstreik in [der kanadischen Provinz] Québec, ausgelöst durch eine geplante massive Erhöhung der Studiengebühren, hat sich nun zu einer größeren gesellschaftlichen Krise ausgeweitet. Das repressive Gesetz 78 – allgemein als „loi des matraques“ (Knüppelgesetz) bekannt – hat die Proteste noch weiter angeheizt. Die weithin verhasste Provinzregierung der Liberalen Partei setzte es am 18. Mai in Kraft, nachdem bis zu 200 000 Studenten in ganz Québec den Unterricht boykottiert und die Universitäten durch Massenstreikposten lahmgelegt hatten, oft unter Missachtung gerichtlicher Verfügungen. Die Studenten sind fast täglich brutalen Angriffen der Polizei ausgesetzt. Das Notstandsgesetz verbietet jeglichen Protest in oder vor Schulen, schränkt alle anderen Proteste massiv ein und droht Gruppen, die diese Verordnungen missachten, mit Strafen von bis zu 125 000 Dollar. Selbst die Bekanntmachung eines solchen Protests ist jetzt illegal wie auch die Unterstützung jeglicher Art von Streik an einer Universität oder einem College.

Am Abend, als das Gesetz 78 erlassen wurde, gingen in Montréal mindestens 10 000 Studenten und ihre Unterstützer auf die Straße. Die Proteste setzten sich die darauffolgenden Abende fort, die Polizei erklärte sie für illegal, rückte mit Tränengas, Schallkanonen und Pfefferspray an und führte Massenverhaftungen durch. Während des Studentenstreiks wurden bis jetzt insgesamt mehr als 2500 Menschen verhaftet (siehe „Verteidigt die Studenten in Québec!“, Seite 5). Dies übertrifft sogar bei weitem die Anzahl der Verhaftungen vom Oktober 1970 unter dem War Measures Act [ein Notstandsgesetz], als die Bundesregierung in Ottawa die Bürgerrechte aufhob und Hunderte Linke, Nationalisten und Gewerkschaftsführer inhaftierte, um den weitreichenden sozialen Kampf um nationale Rechte für die französischsprachigen Québécois zu unterdrücken.

Die Québecer Regierung hoffte zweifellos, die Drohung mit verschärfter Repression und exorbitant hohen Geldstrafen würde die Studentenproteste unterdrücken und den Streik zerschlagen. Doch das Gegenteil war der Fall. Vier Tage später, am 22. Mai, beteiligten sich Tausende von Gewerkschaftern, die hinter ihren Bannern marschierten, sowie eine große Anzahl von Lehrern, Eltern und Oberschülern an einer Demonstration von 300 000 Menschen in Montréal. Die linkere, anarchistisch beeinflusste Studentenorganisation CLASSE, die die Mehrheit der Streikenden vertritt, weigerte sich, die Marschroute der Demonstration bekannt zu geben und riskierte so praktisch das Verbot der „illegalen“ Demonstration und die Verhaftung ihrer Anführer durch die Regierung. Die ungeheure Größe der Demonstration und die beachtliche Präsenz von Gewerkschaften zwangen die Polizei zur Zurückhaltung.

CLASSE hatte andere Organisationen, die das Notstandsgesetz ablehnen, dazu aufgerufen, sich am aktiven Widerstand zu beteiligen. Die Gewerkschaftsbürokratie, andere streikende Studentengruppen und Führer der kleinbürgerlich-nationalistischen Organisation Québec Solidaire antworteten, sie könnten nur „friedliche und legale“ Protestaktionen unterstützen. Dennoch schloss sich eine deutliche Mehrheit der Demonstranten CLASSE an, als sich der Marsch etwa zehn Minuten nach Beginn spaltete.

Trotz eines täglichen medialen Sperrfeuers der Verteufelung „gewalttätiger“ Studenten zeigen Umfragen, dass eine Mehrheit der frankophonen Québécois das Notstandsgesetz ablehnt. Viele haben sich rote Quadrate angeheftet, Symbol der Unterstützung für die Studenten und der Opposition gegen deren erdrückende Schulden (Symbol für: „in den roten Zahlen sein“). Als die Demo vom 22. Mai ein größeres Innenstadtkrankenhaus passierte, saßen ältere Patienten am Straßenrand – im Rollstuhl, an Infusionen angeschlossen, mit roten Quadraten auf ihren Krankenhaushemden –, applaudierten und hoben die Fäuste. Die Demonstranten antworteten mit massenhaften Jubelrufen. In Montréal und anderen Städten fanden nächtliche Märsche der „Töpfe und Pfannen“ gegen das Gesetz 78 statt, die die Protestaktionen bei den jüngsten Studentenstreiks in Chile nachahmten.

Obwohl die Québecer Regierung zuvor wiederholt geschworen hatte, es gäbe nichts zu verhandeln, machte sie nun eine Kehrtwende und nahm die Verhandlungen mit den Studentenvereinigungen wieder auf. Doch diese scheiterten am 31. Mai, nachdem die Studenten ein grundlos beleidigendes „Angebot“ abgelehnt hatten, die geplante Studiengebührenerhöhung von 75 Prozent um einen Dollar zu kürzen. Der Premier Jean Charest von den Liberalen stellte bald danach weitere Repressalien in Aussicht und verleumdete CLASSE als „Leute, die die Québécois bedrohen“ (La Presse, 1. Juni).

Unsere Genossen, die bei den Demonstrationen intervenierten, berichteten, viele Studenten würden die Auffassung vertreten, eine bessere „Demokratie“ sei die Antwort auf Regierungsrepression. In Wirklichkeit existiert „Demokratie“ aber nicht in einem Vakuum, sondern wird vielmehr ihrem Inhalt nach von der Klasse bestimmt, die herrscht. Im Kapitalismus ist Demokratie ein dünner Schleier zur Verhüllung der Diktatur der Bourgeoisie, der durch den staatlichen Gewaltapparat, nämlich Bullen, Gerichte und Gefängnisse – genau die Kräfte, die die Streikenden verprügeln und einsperren – Geltung verschafft wird.

Die Uni-Aktivisten begrüßen ganz klar Unterstützung von Seiten der Gewerkschaften, aber es gibt bei ihnen doch kaum ein Verständnis für die einzigartige soziale Macht der Arbeiterklasse. Studenten haben keine unmittelbare Beziehung zu den Produktionsmitteln und es fehlt ihnen die soziale Macht, den kapitalistischen Angriff zurückzuschlagen. Diese Macht hat nur die Arbeiterklasse, die ihre Arbeitskraft verweigern und so das kapitalistische System lahm legen kann. In dem französischsprachigen Extrablatt, das unsere Genossen auf der Massendemonstration vom 22. Mai verteilten (es erschien auf Englisch unter dem Titel „Student Strike Shakes Quebec“ in WV Nr. 1003, 25. Mai), bemerkten wir: „Studentischer Kampf kann gewiss größere soziale Kämpfe entfachen, wie der gegenwärtige Streik zeigt. Doch letztendlich ist der einzige Weg vorwärts das Bündnis mit der Arbeiterklasse.“

Es liegt auch im Interesse der Arbeiterklasse, den Kampf für kostenlose Bildung für alle auf höchstem Niveau mit einem staatlichen Stipendium, von dem man leben kann, und für kostenlose Kinderbetreuung für Studenten voranzutreiben. Angesichts der zunehmenden Schuldknechtschaft gegenüber den Banken sollte ein Kampf für die Streichung der studentischen Schulden geführt werden. Da alle der Bourgeoisie abgerungenen Reformen unter dem Kapitalismus nur vorübergehend und reversibel sind, müssen solche Kämpfe im Interesse von Studenten, Arbeitern und Unterdrückten mit der notwendigen Aufgabe verknüpft werden, dieses System durch eine sozialistische Revolution zu stürzen.

CLASSE hat die Arbeiter dazu aufgerufen, in Solidarität mit den Studenten zu streiken. Doch nirgends entwickelt sie eine Perspektive für den Kampf der Arbeiterklasse gegen eben das kapitalistische System, das die Grundbedürfnisse der Jugendlichen und Werktätigen nicht erfüllt. Wie die anderen beiden an der Streikführung beteiligten Studentenorganisationen will CLASSE das Bildungssystem im Rahmen des Kapitalismus neu gestalten. Eine am 5. Mai getroffene kurzlebige Übereinkunft, die die CLASSE-Führer billigten – was später von Studenten weitgehend zurückgewiesen wurde –, flickte nur an den Modalitäten der Streichungsmaßnahmen herum und hätte ohne weiteres Lohnkürzungen und Entlassungen für Universitäts- und College-Angestellte zur Folge haben können.

Die gescheiterte Übereinkunft wurde zum Teil von der Gewerkschaftsbürokratie mit ausgehandelt, die ihren Teil zu dem Versuch beitrug, den „sozialen Frieden“ wiederherzustellen. Trotz des weit verbreiteten Grolls unter den Werktätigen auf die Regierung der Liberalen wurden die potenziell machtvollen Gewerkschaften Québecs nicht für Streikaktionen oder mehr als ein gelegentliches Kontingent auf einer Demonstration mobilisiert. Die Gewerkschaftsirreführer stehen fest zu ihrer Perspektive der Klassenzusammenarbeit, wie ihre Unterstützung für die eine oder andere bürgerlich-nationalistische Partei zeigt.

Die französischsprachigen Québécois werden seit langem gewaltsam in einem „vereinigten“ Kanada festgehalten. Wir fordern die Unabhängigkeit Québecs als Mittel zur Bekämpfung des Anglo-Chauvinismus und um gegen die nationalen Feindseligkeiten, die die Arbeiter beider Nationen trennen, anzugehen. Die Nationalismen des Maple Leaf [Ahornblatts] und der fleur de lys [Lilie] schaukeln sich gegenseitig auf und dienen dazu, die Arbeiter an ihre eigenen Ausbeuter zu binden und die Aussichten für vereinten Klassenkampf zu vergiften.

Als die bürgerlich-nationalistische Parti Québécois (PQ) in den 1990er-Jahren in der Provinzregierung saß, führte sie im Interesse der frankophonen Bourgeoisie weitreichende Angriffe auf Arbeiterklasse und Sozialleistungen durch. Québec Solidaire, ein Liebling der reformistischen Linken, bedient sich populistischer Rhetorik, um die mit der PQ Unzufriedenen zu ködern und fest im Griff des bürgerlichen Nationalismus zu halten. Ihr Gründungsdokument „Grundsätze und Ausrichtung“ nährt schreckliche Illusionen in eine „reformierte“ bürgerliche Herrschaft und hält „Demokratie“, Pazifismus und den Umweltschutz hoch, während es Sozialismus oder Klassenkampf meidet.

Der Kampf gegen die allseitigen Angriffe der kapitalistischen Herrscher muss von dem Verständnis ausgehen, dass die Interessen der Arbeiter und ihrer Ausbeuter miteinander unvereinbar sind. Erst nachdem die Arbeiterklasse an der Spitze aller Unterdrückten den kapitalistischen Staat hinweggefegt und die Bourgeoisie enteignet hat, wird das Recht aller auf kostenlose Bildung auf höchstem Niveau, ganz zu schweigen von Arbeitsplätzen, Wohnraum und Gesundheitsversorgung, gesichert sein. Unser Ziel ist es, fortgeschrittene Arbeiter und radikale Jugendliche für den Kampf zur Schmiedung einer revolutionären Arbeiterpartei zu gewinnen, einer Partei, die im Kampf für eine sozialistisch-egalitäre Gesellschaft die zahlreichen Opfer des Kapitalismus hinter der sozialen Macht des Proletariats vereinigen kann.

 

Spartakist Nr. 194

Spartakist Nr. 194

Juli 2012

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