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Spartakist Nummer 207

März 2015

Frauen und Revolution

Schwule/Lesben und der britische Bergarbeiterstreik von 1984/85

Pride – Ein Film feiert die Solidarität

Eine Rezension von Len Michelson

Der folgende Artikel ist übersetzt aus Workers Hammer Nr. 229, Winter 2014/2015, Zeitung unserer Genossen der Spartacist League/Britain.

Der neue Film Pride wurde zu Recht mit einer Menge begeisterter Kritiken bedacht. Dreißig Jahre nach Beginn des heroischen Bergarbeiterstreiks von 1984/85 bietet Pride einen erfrischenden Blick auf eines der bislang kämpferischsten Ereignisse des Klassenkampfes in Britannien und seinen mitreißenden Einfluss auf breite Schichten der Unterdrückten. Für diejenigen, insbesondere jüngere Menschen, die nur die gelegentlichen ein- oder zweitägigen Warnstreiks als Antwort auf die unentwegten und unerbittlichen Angriffe der Bourgeoisie auf Löhne und Lebensstandard und den Ansturm einer rassistischen immigrantenfeindlichen „Familienwerte“-Reaktion kennen, ist dieser Film eine Erinnerung daran, dass tatsächlich eine andere Welt möglich ist.

Durch den einjährigen Kampf der National Union of Mineworkers (NUM) wurde das fadenscheinige gesellschaftliche Gefüge des heruntergekommenen britischen Kapitalismus bloßgelegt. Die Tory-Regierung von Margaret Thatcher, fest entschlossen, die mächtigste Gewerkschaft im Land zu zähmen und zu zerschlagen, provozierte eine Flut klassenkämpferischen Widerstands, der die gewerkschaftsfeindliche, antikommunistische „Eiserne Lady“ fast in die Knie zwang. Die Kumpel errichteten Massenstreikposten und hielten einer Armee von Bullen stand, die die Zechengelände überschwemmte und Streikbrecher herbeieskortierte. Dies inspirierte Zehntausende von Eisenbahn- und Transportarbeitern und andere Gewerkschafter zu konkreten Akten von Arbeitersolidarität, trotz des Risikos, ihre Arbeitsplätze zu verlieren. Der Kampf der NUM gegen die verachtete Thatcher rüttelte auch die unterdrückten schwarzen und asiatischen Minderheiten, irische Republikaner und andere, die unter dem Stiefel der herrschenden Kapitalistenklasse und ihres Staates ächzten, zur Unterstützung und Solidarität auf, allen voran die Bergarbeiterfrauen und Frauenunterstützergruppen, die an jeder Zeche vor Ort aus dem Boden schossen. Dieses Aufwallen von Unterstützung und ihre eigenen Erfahrungen im Kampf veränderten wiederum das Bewusstsein der Streikenden und ihrer Familien dramatisch.

Im Mittelpunkt von Pride steht eine Organisation einer dieser unterdrückten Schichten, Lesbians and Gays Support the Miners (LGSM) [Lesben und Schwule unterstützen die Bergarbeiter]. Der Film beginnt mit der Gay-Pride-Parade vom Juni 1984 in London, wo die Hauptfigur Mark Ashton (gespielt von Ben Schnetzer) seine Freunde vom Buchladen Gay’s the Word dazu animiert, Sammelbüchsen für den Streik zu tragen. Es folgt eine lärmende Versammlung, auf der Ashton zusammen mit einer Handvoll weiterer schwuler Männer und einer einzelnen Lesbe, Steph (Faye Marsay), die LGSM gründen, trotz enger sektoralistischer Bedenken und Feindseligkeit gegenüber der Arbeiterklasse (teilweise hervorgerufen durch Erinnerungen an Prügel durch rückständige Arbeiter). Als nächstes treffen die LGSM-Aktivisten auf Vorurteile der anderen Seite, als eine Grube nach der anderen die Unterstützung einer unverhohlen schwulen Gruppe ablehnt. Schließlich kommt nach einer Reihe komischer Missverständnisse Dai Donovan (Paddy Considine), ein Streikführer aus dem Dulais-Tal in Südwales, nach London, um sie zu treffen. Donovans ruhiges und nüchternes Auftreten steht in scharfem Kontrast zu dem demonstrativen Lifestyle-Gehabe einiger LGSMler.

Das Thema von Solidarität im Kampf (und menschlicher Wärme), die zwischen scheinbaren Gegensätzen Bindungen und Verständnis schafft, zieht sich durch den ganzen Film. Der extravagante Jonathan (gespielt von Dominic West, vormals Detective McNultry in The Wire) wird zur Attraktion in der Grubensiedlung, als er im Veranstaltungshaus der Bergarbeiter zu Discomusik auf den Tischen tanzt und einigen der jüngeren Streikenden das Tanzen beibringt („Walisische Männer tanzen nicht“, beklagt sich eine Frau aus dem Ort). Bei einem Besuch Londons für eine Streik-Unterstützungsveranstaltung bestehen die älteren Frauen der Siedlung auf einer Tour durch die Schwulenklubs (einschließlich der „Latex-Szene“). Der ehrwürdige walisische Dorfälteste (gespielt von Bill Nighy) gibt gegen Ende des Films zu, die ganzen Jahre über insgeheim homosexuell gewesen zu sein.

Es gibt reichlich Wohlfühl-Klischees und Schmalz à la Hollywood, doch sie weisen auf eine tiefere Wahrheit über den Streik hin. Wie wir damals wiederholt in unserer Presse anmerkten, riss der Streik, je länger er andauerte, immer mehr sexuelle, Rassen-, regionale und nationale Barrieren nieder. Dai verkörpert die vielen Streikenden, die während des Kampfes zu beeindruckenden öffentlichen Rednern wurden. Die leidenschaftlichen Frauen, die der Film zeigt, wurden zu den unversöhnlichsten und redegewandtesten Kämpferinnen für einen Sieg des Streiks, nachdem sie den Widerstand ihrer Ehemänner und Söhne gegen gleichberechtigte Kampfbeteiligung der Frauen niedergerissen hatten. Frauen beteiligten sich nicht nur am Betrieb der Gemeinschaftsküchen und -kantinen, sondern standen auch Streikposten und traten bei Versammlungen und Kundgebungen als öffentliche Rednerinnen auf, um Unterstützung für den Streik zu mobilisieren. Nicht wenige der Tausenden Kumpel, die nach London kamen, um Spenden zu sammeln, gaben zu, „Freunde“ zu kennen, die Rassisten waren, bis sie bei den schwarzen und asiatischen Gemeinschaften auf überwältigende Unterstützung für ihren Kampf stießen. Diese Kumpel wurden von Streikunterstützern zu Hause empfangen, wie auch umgekehrt die Unterstützer bei ihren Besuchen in den Grubengemeinden willkommene Gäste der Streikenden waren.

Um Schwulen-Unterstützung für den Streik zu mobilisieren, verkündet Ashton, dass Thatcher die Bergarbeiter genauso hasst wie die Schwulen und dass die Bullen nun noch jemanden gefunden haben, auf dem sie „herumhacken“ können. In unseren Artikeln zum Streik brachten auch wir das Argument, dass die Bergarbeiter unter derselben Brutalität leiden, die der Staat der Bosse schon lange den angreifbareren Schichten der Unterdrückten zuteil werden ließ. Doch es gab noch einen tieferen Grund, weshalb sich Schwarze und Asiaten, Frauen, Schwule und irische Katholiken hinter der Sache der Kumpel sammelten. Die Bergarbeiter hatten soziale Macht, eine Macht, die von der Organisiertheit der Arbeiter herrührt und von ihrer Fähigkeit, die Räder des kapitalistischen Profitsystems zum Stillstand zu bringen. Viele betrachteten die NUM, die 1974 die Tory-Regierung unter Heath zu Fall gebracht hatte, als die Avantgarde der Gewerkschaftsbewegung und setzten auf die Kumpel, um die allgemein verhasste Thatcher zu stürzen und einer besseren Zukunft den Weg zu ebnen.

Doch Solidarität durch Geld und Freundschaft zu zeigen, reichte keinesfalls aus, um den Sieg zu erringen. Vom Beginn des Kampfes an sagten wir: „Die Bergarbeiter dürfen nicht allein stehen!“ Der einzige Weg zum Sieg gegen die geballte Macht des kapitalistischen Staates, die gegen die NUM aufgeboten wurde, bestand darin, andere Gewerkschaften zum Kampf an den Streikpostenketten zu bringen. Da die Labour-Party-Führung unter Neil Kinnock und der [Gewerkschaftsdachverband] TUC unter Norman Willis dem Streik offen feindselig gegenüberstanden, betonten wir die dringende Notwendigkeit, die von Linken geführten Gewerkschaften, deren Führer behaupteten, den Kampf der Bergarbeiter zu unterstützen, zusammen mit der NUM streiken zu lassen. Als im Sommer 1984 zwei kurze Hafenarbeiterstreiks die Wirtschaft lahmzulegen drohten (und das Pfund Sterling auf einen historischen Tiefststand fallen ließen), agititierten wir für eine kämpfende Dreierallianz, um durch gemeinsame Streikaktionen der Bergarbeiter, Eisenbahner und anderer Transportarbeiter entlang einer Reihe von Forderungen, die im Interesse der gesamten Gewerkschaftsbewegung waren, das Land dichtzumachen. Dies wäre auf einen Generalstreik hinausgelaufen, der die Frage des Kampfs um die Macht auf die Tagesordnung setzt. Und genau dies fürchteten die Labour- und TUC-Oberen, „linke“ wie rechte, mehr als alles andere.

Während Zehntausende Kumpel und andere Arbeiter Kinnock und Willis ihre Verachtung zeigten (z. B. durch das Herablassen einer Schlinge vor dem Podium, als Willis 1984 in Wales erschien), forderten Scargill und der prominente Labour-„Linke“ Tony Benn diese Streikbrecher nicht heraus und kritisierten auch nicht ihre „linken“ TUC-Verbündeten dafür, dass sie sich weigerten, ihre Gewerkschaften zu mobilisieren. Wie wir am Ende des Streiks schrieben: „Letztendlich waren es nicht die Bullen und die Gerichte, die die NUM geschlagen haben, es war die fünfte Kolonne in den Reihen der Arbeiter“ (Spartakist Nr. 54, Mai 1985). Die in Pride gezeigte Szene, wie die Kumpel von Dulais erhobenen Hauptes zurück an die Arbeit marschieren, wiederholte sich in Bergarbeitersiedlungen landauf, landab und inspirierte unsere Titelzeile: „Thatcher rachsüchtig im Sieg – Bergarbeiter stolz und ungebrochen in der Niederlage“. Wir zogen eine Bilanz des Streiks:

„Die NUM-Führung unter Arthur Scargill brachte diesen Streik in etwa so weit, wie er mit einer Perspektive von militantem Gewerkschaftsreformismus geführt werden konnte, und verlor ihn trotzdem. Warum? Weil Militanz allein nicht genug ist. Vom ersten Tag an war es klar, dass die NUM der ganzen Macht des kapitalistischen Staates gegenüberstand. Notwendig war eine in den Gewerkschaften verwurzelte Partei von revolutionären Aktivisten, die bis zum Letzten kämpft, um andere Gewerkschaften für Streikaktionen zusammen mit der NUM zu mobilisieren. Jedoch war alles, was Arthur Scargill hatte, die Labour Party, und die wollte lieber die NUM tot sehen, als einen Kampf zu organisieren, der es mit dem Staat der Bosse aufnimmt.“ (Workers Hammer Nr. 67, März 1985)

Pride erwähnt die umfassenderen sozialen und politischen Fragen nicht, um die es bei dem Streik ging, abgesehen von einem scheinbar scherzhaften Ausruf von Steph bei der Gründung der LGSM: „Toll – lasst uns die Regierung stürzen!“ Der Film lässt nicht durchblicken, dass Mark Ashton tatsächlich ein Führer in der Young Communist League war. Doch wie Ray Goodspeed, eines der Gründungsmitglieder von LGSM, rs21 (21. September 2014) erzählte: „Wir elf Leute, die LGSM gründeten, waren alle entweder Trotzkisten, Kommunisten oder sehr enge Freunde von Kommunisten.“ Goodspeed war damals langjähriges Mitglied der Militant-Gruppe [in Deutschland heute: SAV], die tief in Kinnocks Labour Party vergraben war. Goodspeed gibt zu, dass Militant „eine sehr ablehnende Position zu Schwulenrechten“ hatte. Ein Flügel der gespaltenen Kommunistischen Partei verdingte sich offen als Vordenker für Kinnock (und später Blair), während sich der andere als „linker“ Fürsprecher für die Labour/TUC-Spitzen betätigte. Viele Gruppen auf der Linken teilten Thatchers tief sitzenden Hass gegenüber der Sowjetunion und/oder schlossen sich, als der Streik schon lief, ihrem Ruf nach einer streikbrecherischen „Urabstimmung“ an.

Sektoralismus – sei es Feminismus, Nationalismus oder Schwulen-Lifestyle-Politik – bedeutet Anpassung an die von der herrschenden Kapitalistenklasse geförderte Aufspaltung und untergräbt den Kampf gegen besondere Unterdrückung. Die Schlussszene von Pride, bei der Hunderte walisischer Kumpel und ihre Familien aus Bussen steigen, um sich stolz, mit Spielmannszügen und allem Drum und Dran, an die Spitze der Londoner Gay-Pride-Parade von 1985 zu stellen, zeigt symbolisch eine andere Alternative auf: die der organisierten Arbeiterklasse, die an der Spitze aller Unterdrückten steht. Diese Art von Einheit kann nur unter der Führung einer revolutionären Avantgardepartei erreicht werden, die als leninistischer Volkstribun auftritt und im Kampf für die Arbeiterrevolution für die Rechte von Schwulen, Frauen, ethnischen und nationalen Minderheiten und allen Ausgebeuteten und Unterdrückten eintritt.

 

Spartakist Nr. 207

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