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Spartakist Nummer 167

Sommer 2007

Rede von Rachel Wolkenstein bei KfsV-Veranstaltung

Mumia Abu-Jamal: Komplott gegen einen Unschuldigen

Nachfolgend drucken wir die leicht redigierte Rede von Rachel Wolkenstein am 12. Mai in Berlin ab.

Es ist jetzt 25 Jahre her, seit Mumia verurteilt wurde für den Mord an Daniel Faulkner, Polizist aus Philadelphia – für ein Verbrechen, von dem Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte wissen, dass Mumia es nicht begangen hat. Mumia saß diese ganze Zeit im Todestrakt, isoliert in einer Zelle, was er als Leben in einem Klo beschreibt. Er wurde Opfer eines Komplotts wegen seiner politischen Überzeugungen und Handlungen, weil er ein Mitglied der Black Panther Party war, ein Unterstützer der Organisation MOVE und ein Journalist, der mit Leidenschaft und Überzeugung gegen rassische, ethnische und Klassen-Vorurteile kämpfte, gegen Bullenterror, für soziale Gerechtigkeit.

Vor etwa 17 Jahren sagte Mumia in dem Interview im PDC-Video Aus der Todeszelle, hier spricht Mumia Abu-Jamal, dass er kämpft,um in Amerika eine Revolution zu schaffen. Revolution bedeutet totale Veränderung.“ Seit damals hat Mumia seine politischen Ansichten nicht geändert, er wurde nicht durch Einschüchterungen zum Schweigen gebracht.

Die kapitalistischen Herrscher sehen in Mumia das Gespenst der schwarzen Revolte, der unbeugsamen Opposition gegen ihr System rassistischer Unterdrückung. Für sie ist Mumia ein Toter auf Urlaub. Alle Elemente des so genannten „criminal justice system“ [sowohl „System der Kriminaljustiz“ als auch „System der kriminellen Justiz“], das von beiden Parteien des amerikanischen Imperialismus unterstützt wird, Demokraten ebenso wie Republikanern, haben sich zusammengetan, um diesen unschuldigen Mann zu töten.

Warum muss für Mumias Fall international gekämpft werden? Das PDC hat Mumias Fall 1987 aufgegriffen, etwa vor 20 Jahren, denn Mumias Fall ist der Kampf gegen die ultimative Waffe des Staatsterrors, die Todesstrafe. Wir sind aus Prinzip Gegner der Todesstrafe. Wir gestehen dem Staat nicht das Recht zu, zu entscheiden, wer leben und wer sterben soll. In den USA ist die Todesstrafe das Erbe der Sklaverei, rassistische legale Lynchjustiz.

Wir griffen Mumias Fall auch auf als Teil des Kampfes dagegen, dass der Staat Leute, die er als politische Gegner ansieht, als Terroristen darstellt. Die Black Panther Party und die Organisation MOVE wurden damals als die Terroristen angesehen. Und das bedeutete, es war legitim für den Staat, sie bei Nacht und Nebel zu erschießen, sie falsch anzuklagen aufgrund vager Verschwörungs-Beschuldigungen. Mumia war im Fadenkreuz des FBI-Gegenspionage-Programms (COINTELPRO), er stand ab dem Alter von 15 Jahren unter täglicher Überwachung und auf der Liste derjenigen, die zusammengetrieben und in Konzentrationslager gesteckt werden sollten. Die Verurteilung und die Todesstrafe gegen Mumia waren die Fortsetzung des Rachefeldzugs der Regierung gegen die Black Panther Party, der zur Ermordung von 38 Panthern und abgekarteten Verurteilungen von weiteren Hunderten Panthern führte. Und es war ebenso Bestandteil der Lawine von juristischen Komplotten und ausgesprochenen Terror-Taktiken gegen die Organisation MOVE.

Der Kampf für Mumia Abu-Jamal steht in direktem Zusammenhang mit dem sogenannten „Krieg gegen den Terror“ nach dem 11. September, der zu Hexenjagden gegen Immigranten führte, in erster Linie gegen Muslime, und der die Rechtfertigung lieferte für eine Aushöhlung demokratischer Rechte, für ein massives Anwachsen von Überwachungs- und Unterdrückungsmaßnahmen des Staates, einschließlich der unverhohlenen Anwendung von Folter. Mumias Kampf ist der Kampf für jeden Immigranten, so wie den afrikanischen Flüchtling Oury Jalloh, der am 7. Januar 2005 in seiner Gefängniszelle in Dessau verbrannte, an Händen und Füßen gefesselt; für Linke wie RAF-Mitglied Wolfgang Grams, der durch einen Kopfschuss von GSG-9-„Anti-Terror“-Bullen hingerichtet wurde, und für seine RAF-Genossen, die jahrzehntelang im Rahmen einer antikommunistischen Hexenjagd weggesperrt wurden; für Linke, die in dieser Woche in ganz Deutschland durchsucht und verhaftet wurden, um Proteste gegen den G8-Gipfel nächsten Monat in Heiligendamm zu verhindern; für Arbeiter, die zunehmende Angriffe auf Löhne, Sozialleistungen, Rechte erfahren.

Mumias Kampf richtet sich gegen rassistischen Staatsterror, veranschaulicht durch das Video, in dem man sieht, wie ein Bundeswehr-Ausbilder Soldaten sagt, sie sollten sich vorstellen, mit dem Maschinengewehr auf Schwarze zu schießen. Das letztendliche Ziel dieser staatlichen Unterdrückung ist die multirassische Arbeiterbewegung. Der Kampf für die Freiheit Mumias ist Teil des Kampfes für die Befreiung der Schwarzen und des umfassenderen Kampfes für sozialistische Revolution und daher für die Befreiung von uns allen.

Mumias Prozess: Ein korruptes Gericht

Wir sind hier am Vorabend von Mumias Berufungsverhandlung vor dem Bundesgericht am 17. Mai. In einem Zeitraum von wenigen Monaten wird das Gericht entscheiden, was Mumia als Nächstes erwartet – der Tod, ein Leben im Gefängnis oder möglicherweise weitere gerichtliche Schritte. Das US-Bundesberufungsgericht ist nicht verpflichtet, alle Punkte zu erwägen, die Mumia anführt – und in Mumias Fall wurde praktisch jedes demokratische Recht verletzt, vom Rederecht und dem Recht, sich zu organisieren, bis zum Recht auf ein ordentliches Gerichtsverfahren. Das Berufungsgericht entscheidet, ob Mumias Todesstrafe aufrechterhalten wird oder nicht. Das Gericht befindet nicht über irgendwelche Beweise über Mumias Unschuld oder das staatliche Komplott. Die bundesstaatlichen und die Bundesgerichte haben sich geweigert, das Geständnis von Arnold Beverly, dass er und nicht Mumia den Polizisten Faulkner erschoss, auch nur in Erwägung zu ziehen.

Das Bundesberufungsgericht „erlaubt“ nur drei von Mumias über zwanzig rechtlichen Einwänden. Das sind die rassisch voreingenommene Auswahl der Geschworenen und das manipulative Schlussplädoyer des Bezirksstaatsanwalts, der die Rolle der Jury herunterspielte, indem er fälschlich behauptete, Mumia würde sowieso „eine Berufung nach der anderen“ bekommen. Und schließlich hört das Gericht noch eine Anfechtung der Wiederaufnahmeverhandlungen von 1995–1997 – eine Art Femegericht, ähnlich einem Lynchmob – an, die unter Vorsitz des berüchtigten Richters Albert Sabo stattfanden, allgemein als der König des Todestraktes bekannt. Während des Prozesses 1982 sagte Sabo geradeheraus: „Ich werde ihnen helfen, den N....r zu braten.“

Tatsächlich betreffen die Rechtsanträge, die jetzt dem Berufungsgericht vorliegen, Fragen, die für die Gerichte niederer Instanzen untersucht, ausgearbeitet und formuliert wurden, und zwar von mir und Jon Piper, einem anderen Rechtsanwalt, der mit dem PDC verbunden ist und in Mumias Anwaltsteam war. Wenn man Mumias Fall abstrakt betrachtet, nur als Frage von Gesetz und Tatsachen, angewandt auf Mumias Fall, gibt es überhaupt keinen Grund, warum Mumia seine Berufung nicht gewinnen sollte. Aber die Realität ist, dass die kapitalistischen Gerichte nicht unparteiisches Recht sprechen – und Mumia ist einer, den der Staat tot sehen will.

Um eine Auswirkung auf die anstehende Entscheidung des Berufungsgerichts zu haben, ist eine Massenmobilisierung basierend auf der internationalen Arbeiterklasse und ihren Verbündeten jetzt notwendiger und dringlicher denn je. Die Mobilisierung muss auf der Grundlage stattfinden, dass Mumia unschuldig ist, er ist die „Stimme der Entrechteten“ und sitzt in der Todeszelle wegen eines politischen, rassistischen Komplotts. Mumia hätte niemals verhaftet, vor Gericht gestellt oder verurteilt werden dürfen! Unser Kampf – und unsere Forderung – ist Mumias Freiheit, sofort!

Aber stattdessen wurde und wird der Kampf für Mumia weiterhin demobilisiert durch eine von Liberalen und der reformistischen Linken betriebene Politik impotenter Appelle an die Gerechtigkeit und Fairness der kapitalistischen Gerichte, repräsentiert durch den Ruf nach einem neuen Prozess, einem faireren Prozess. Um die Politik hinter dieser Demobilisierung zu verstehen – und um dies wieder herumzureißen – wollen wir zunächst die rechtlichen und Faktenfragen in Mumias Fall untersuchen.

Das Komplott

Die Geschichte der Staatsanwaltschaft ist folgende: In den frühen Morgenstunden des 9. Dezember 1981 seien zwei Leute an der Straßenkreuzung Locust Street und 13. Street in Philadelphia gewesen – Billy Cook, also Mumias Bruder, und der Polizist Daniel Faulkner. Mumia – damals 27 Jahre alt und bekannt für seine ruhige Art und für seinen kühlen Kopf – soll gesehen haben, wie sein Bruder von dem Polizisten geschlagen wurde, soll über die Straße gerannt sein und den Polizisten in den Rücken geschossen haben. Als der Polizist dann zu Boden fiel, soll er Mumia in die Brust geschossen haben. Dann soll sich Mumia über den Polizisten gestellt haben, der mittlerweile flach auf dem Rücken lag, und soll mehrere Male direkt nach unten auf seinen Kopf geschossen haben, „wie bei einer Hinrichtung“. Das sind alles Lügen, ein abgekartetes Fantasiegebilde von Polizei und Staatsanwaltschaft.

In den Wiederaufnahmeanhörungen in Mumias Fall in den Jahren 1995, 1996 und 1997, vor über zehn Jahren, wurde das Beweismaterial der Staatsanwaltschaft wieder und wieder als falsch entlarvt – es basierte auf Zeugen, die bedroht oder gekauft worden waren; auf nicht-existenten ballistischen Beweisen und auf einem von vorn bis hinten fabrizierten Geständnis, das die Polizei zwei Monate nach der Schießerei erfunden hatte.

Ich werde des Weiteren aufgrund von Tatsachen erklären, dass es kein noch so kleines Quäntchen an Beweisen gegen Mumia gibt. Was also sollten Geschworene anhören und beraten?

Was Zeugen betrifft: Die Staatsanwaltschaft hatte vor Gericht eine angebliche Augenzeugin aufgeboten, die Prostituierte Cynthia White, die laut Polizeiangaben inzwischen tot ist. Kein Zeuge, auch nicht Cynthia White, sagte aus, dass Mumia Faulkner erschossen habe. Während des Prozesses 1982 sagte Cynthia White, dass sie Mumia mit einer Waffe in der Hand über den Parkplatz rennen sah. Aber seither haben zwei Prostituierte und eine andere Frau, die White kannten, geschworen, dass White zugab, dies sei eine Falschaussage gewesen, die unter Drohungen der Bullen zustande kam. Zwei dieser Frauen hielten einem bösartigen Kreuzverhör bei den Wiederaufnahmeverfahren stand. Zwei Augenzeugen, William Singletary und Dessie Hightower, bezeugten, dass White während des Schusswechsels nicht einmal an der Straßenecke war.

Der andere angebliche zentrale Augenzeuge – ein Taxifahrer namens Robert Chobert – gab beim Wiederaufnahmeverfahren an, dass er Vergünstigungen von der Staatsanwaltschaft erhalten hatte. Und er gab gegenüber einem Ermittler der Verteidigung zu, dass sein Taxi nicht dort geparkt war, wo die Staatsanwaltschaft behauptete, und dass er nicht in der Lage war, irgendetwas zu sehen. Das wird durch Fotos vom Tatort bestätigt, die jüngst durch Michael Schiffmann zutage gefördert wurden.

Was Mumias angebliches Geständnis betrifft: Das Geständnis im Krankenhaus, das Mumia angeblich in der Nacht der Schießerei machte, wurde beim Wiederaufnahmeverfahren definitiv als Fabrikat von Staatsanwaltschaft und Polizei entlarvt, zwei Monate nach dem Ereignis bei einem Treffen mit dem Staatsanwalt entstanden, wo Cops auf ihre Aussagen vorbereitet werden sollten. Kein Polizeibericht aus dieser Nacht erwähnt Mumias Geständnis, und tatsächlich berichtete ein Polizist, der die ganze Nacht bei Mumia war, ganz direkt, dass Mumia „keine Äußerungen“ machte.

Was die Ballistik betrifft: Es ist völlig klar, dass absolut keine ballistischen oder anderen Sachbeweise existieren. Es gibt keinen Beweis, dass Mumias Waffe in dieser Nacht überhaupt abgefeuert wurde, und schon gar nicht dafür, dass die Kugel in Faulkners Kopfwunde zu Mumias Waffe passt. Es gibt Fotos, die erst vor kurzem aufgetaucht sind, auf denen man einen Polizisten am Tatort sieht, der an einer Waffe herumfingert. Es gibt Widersprüchlichkeiten in Polizeiberichten darüber, welche Art von Kugeln in Mumias Waffe waren. Ein Geschossfragment aus Faulkners Wunde und eine gerichtsmedizinische Röntgenaufnahme von Faulkners Leiche sind verschwunden. Es gibt keine Sachbeweise dafür, dass Faulkner so erschossen wurde, wie die Polizei es beschrieb – nämlich direkt in den Kopf, während er auf dem Bürgersteig lag. Es gibt keine Einschläge oder Spuren auf dem Bürgersteig. Die Geschosse, die am Tatort gefunden wurden, deuten nicht auf solche Flugbahnen, dass Mumia den Cop erschossen haben könnte, sondern weisen vielmehr darauf hin, dass es mehr als einen Schützen gab, davon einer, der aus einer ganz anderen Richtung als Mumia kam.

Darüber hinaus gibt es Beweise, die direkt für Mumias Unschuld sprechen, die schon bei den Gerichtsanhörungen ’95, ’96 und ’97 bezeugt wurden. Der Vietnam-Veteran William Singletary war Augenzeuge der Schießerei und bezeugte 1995, dass Mumia ankam, nachdem auf Faulkner geschossen worden war und dass der Schütze, der eine grüne Armeejacke trug, aus dem geparkten VW gekommen war und dann vom Tatort wegrannte. Singletary sagte das in der Nacht der Schießerei der Polizei, und er wurde wiederholt bedroht, seine Tankstelle wurde demoliert und während des Prozesses 1982 war er aus der Stadt vertrieben worden. Andere Zeugen, darunter Dessie Hightower, der beim Prozess als Zeuge aussagte, sagten, dass sie jemanden vom Tatort wegrennen sahen. Während des Wiederaufnahmeverfahrens 1995 berichtete Hightower, dass er für einen Lügendetektortest herausgegriffen und auf andere Weise genötigt wurde, um ihn an einer Aussage beim Prozess zu hindern.

Veronica Jones bezeugte 1996, dass sie jemanden vom Tatort hatte weglaufen sehen und dass die Polizei ihr mit einer langen Gefängnisstrafe aufgrund einer Anklage wegen Raubes drohte, falls sie beim Prozess nicht anders aussagen würde. 1997 sagte die Prostituierte Pamela Jenkins aus, dass während der Schießerei andere Polizisten anwesend waren, darunter ein gewisser Larry Boston. Sie sagte auch aus, dass die Prostituierte Cynthia White eine Polizeiinformantin war und Polizisten sexuelle Gefälligkeiten erwies. Ein weiterer Zeuge meldete sich, der aussagte, dass er zum Zeitpunkt des Schusswechsels Polizisten in Zivil am Tatort sah.

Das Beverly-Geständnis

Selbst unter den Bedingungen von Sabos vollkommen voreingenommenem Gericht wurden die Beweise des Bezirksstaatsanwalts schon vor über 10 Jahren völlig in der Luft zerrissen. Und während vor Gericht mehr und mehr Beweise erbracht wurden, dass das Ganze ein bewusstes Komplott der Polizei war, würde man vernünftigerweise erwarten, dass eine Bewegung, die Mumia Abu-Jamal verteidigt, diese rechtlichen Entwicklungen aufgreifen würde. Die neuen Beweise aus den Gerichtsverhandlungen konnten eine Mobilisierung zur Verteidigung Mumias nur unterstützen – auf der Basis, dass Mumia unschuldig ist und dass ein schwarzer politischer Aktivist hier mit einer abgekarteten Anklage des Staates konfrontiert ist, der entschlossen ist, ihn tot zu sehen. Aber tatsächlich wurden diese Rechtsbeweise abgelehnt! Die sogenannte Linke, die mit Verspätung 1995 Mumias Verteidigung aufgriff, tat dies nicht mit dem Aufruf „Freiheit für Mumia, sofort!“, der im Zentrum der Mobilisierung des PDC stand, sondern sie lehnten diese Forderung als Grundlage für Massenproteste ab und stellten stattdessen den Ruf nach einem neuen Prozess in den Mittelpunkt ihrer Forderungen.

Anfang 1999, in Vorbereitung auf die wahrscheinliche Ablehnung der Berufung vor den Gerichten Pennsylvanias und in Vorbereitung auf ein Habeas-Corpus-Verfahren vor dem Bundesgericht, gingen Jon Piper und ich zusammen mit einigen anderen Anwälten ganz intensiv erneut die existierenden Gerichtsakten und die Beweise des Staates durch und steckten erneut Kräfte in Ermittlungsarbeit. 1999 gab Mumias Bruder, Billy Cook, zu, dass der Passagier in seinem VW, Ken Freeman, gesagt hatte, dass er an der Erschießung Faulkners beteiligt war und dass er nach dem Schusswechsel vom Tatort wegrannte.

Arnold Beverly gestand, dass er und nicht Mumia den Polizisten Faulkner erschoss und tötete. Darüber hinaus sagte Beverly aus, dass er und noch jemand anderes für diese Tat angeheuert worden waren, und zwar von Cops und dem Mob [Mafia], weil Faulkner ein Problem war für korrupte Bullen, da er ihnen bei Gaunereien, Bestechung, Drogenhandel usw. in die Quere gekommen war. Beverly sagte aus, dass er eine grüne Armeejacke trug und dass er selbst in dieser Nacht angeschossen wurde. Beverly zufolge war sein Verbindungsmann bei der Polizei Larry Boston, über den Pamela Jenkins bei der Anhörung 1997 bezeugte, dass er zum Zeitpunkt der Schießerei am Tatort gewesen war.

Zum Zeitpunkt des Mordes an Faulkner 1981 waren mindestens drei Untersuchungen der Bundespolizei über Polizeikorruption im Gange, auch Untersuchungen über Verbindungen zwischen Polizisten und dem organisierten Verbrechen. Vor kurzem erfuhr ich, dass das Justizministerium durch diese Untersuchungen Beweise gegen etwa 400 Polizisten aus Philadelphia hatte und Anklagen erheben wollte. Aber der Bundesrichter, der dieser Untersuchung vorstand, sagte: Nichts da, greift euch nur die ersten 20 oder so auf eurer Liste heraus. Gegen mindestens ein Drittel aller Polizisten, die in Mumias Fall involviert waren, wurde irgendwann im Verlauf der folgenden paar Jahre Anklage wegen Korruption erhoben.

Ein FBI-Informant, der bei diesen Untersuchungen der Bundespolizei eine Schlüsselrolle spielte, bestätigte, dass zur Zeit der Erschießung Faulkners allgemein darüber geredet wurde, dass die Bundespolizei einen Informanten bei der Polizei hatte. Ein früherer Bundesstaatsanwalt bestätigte, dass sie einen Informanten bei der Polizei hatten, dessen Bruder auch ein Cop war – so wie bei Faulkner. Sowohl gegen den Leiter der Central Division, des Polizeiabschnitts, in dem sich der Mord an Faulkner zutrug, als auch gegen den Leiter des Morddezernats sowie gegen einen gewissen Inspektor Alfonzo Giordano liefen Untersuchungen aufgrund von Korruptionsanklagen der Bundespolizei. Diese Bullen waren die Kommandokette bei dem Komplott gegen Mumia.

Inspektor Giordano war der hochrangigste Polizist am Tatort – und der zentrale Zeuge gegen Mumia bei der Vorverhandlung nach der Verhaftung. Er war nicht nur einer der Cops, gegen die wegen Korruption ermittelt wurde, sondern er war auch die rechte Hand von Frank Rizzo gewesen, dem Polizeichef und späteren Bürgermeister Philadelphias. Giordano war in die tägliche Überwachung von Mitgliedern der Black Panther Party involviert, und er führte die Elite-Einheit der Polizei bei den Angriffen gegen die Black Panther Party Philadelphias. Giordano war der leitende Polizeibeamte während der einjährigen Polizeibelagerung des MOVE-Hauses in Powelton Village 1977/78. Er wusste ganz genau, wer Mumia war.

Man muss diese Tatsachen im Kopf behalten, wenn man das Geständnis von Arnold Beverly überdenkt. Erinnert euch an die erlogenen Beweise der Staatsanwaltschaft. Beverly sagt, dass es mehr als einen Schützen gab und dass sie vom Tatort wegrannten. Das erklärt, warum Zeugen einen Passagier im VW sahen und den Schützen davonrennen sahen. Beverlys Geständnis erklärt, warum es keine ballistischen Beweise gibt, die das Szenario der Staatsanwaltschaft untermauern würden – es erklärt, wie die Schießerei passierte, die Richtung der Schüsse, die Widersprüche über das Kaliber der Waffe. Beverly sagt, dass Mumia angeschossen wurde, aber nicht von Faulkner, sondern von einem anderen Polizisten am Tatort. Das passt zu der Flugbahn des Schusses auf Mumia und zur Erklärung eines Cops der Mordkommission vor Ort, der berichtete, dass Mumia von einem gerade ankommenden Polizisten angeschossen wurde. Es stimmt auch überein mit einem Zeugen, der sagte, dass Faulkners Waffe in ihrem Halfter war, als er vom Tatort weggebracht wurde. Die Waffe, die angeblich Faulkner gehörte, war wahrscheinlich „Ausschuss“ – sie funktionierte nicht und war verschmutzt.

Außerdem haben ganze fünf Zeugen einschließlich zweier Cops gesagt, dass der Schütze eine grüne Armeejacke trug. Sowohl Beverly als auch Freeman trugen in dieser Nacht grüne Armeejacken. Aber Mumia trug eine rote Ski-Steppjacke mit breiten blauen Längsstreifen auf der Vorderseite und Billy Cook trug eine blaue Jacke im Nehru-Stil mit Messingknöpfen. Das sind unwiderlegbare Beweise, dass es zumindest eine weitere Person bei der Schießerei gab außer Billy Cook und Mumia. Diese Tatsache zusammen mit den Flugbahnen der Kugeln sowie dem Fehlen jeglicher ballistischer Beweise, die die Schüsse auf Faulkner oder auf Mumia belegen, bedeutet eine definitive Widerlegung der Version von Polizei und Staatsanwaltschaft.

Mumias Auftauchen am Tatort bedeutete für die Cops die Chance, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Mumia war wohlbekannt. Es lag nur ein kurzer Zeitraum, weniger als 10 Jahre, zwischen Mumias Bekanntheit als Black Panther und der Zeit, als er prominenter Unterstützer von MOVE und Journalist wurde. Und Gerichtsverfahren gegen MOVE, einschließlich Prozessen, die der Polizeibelagerung von Powelton Village folgten, hatten nur ein paar Monate vor der Erschießung Faulkners stattgefunden.

Am Tatort, nachdem Faulkner getötet worden war, versuchten die Cops, Mumia zu töten. Er wurde lebensgefährlich verwundet durch einen Schuss in die Brust, der durch die Lunge und in die Leber ging. Er wurde gegen einen Lampenmast geschleudert und in ein Polizeifahrzeug geworfen. Giordano persönlich schlug Mumia im Polizeifahrzeug und sagte später, Mumia habe gestanden, Faulkner erschossen zu haben und habe seine Waffe auf den Boden geworfen. Der andere Cop im Fahrzeug sagte, dass es kein solches Geständnis gab. Giordano arrangierte die angebliche Identifikation Mumias durch den Taxifahrer Robert Chobert, dem Vergünstigungen versprochen und der von der Polizei beschützt wurde. Giordano war der Bulle, der als erster berichtete, Mumias Waffe sei auf der Straße gefunden worden (laut den Meldungen des Polizeifunks etwa 14 Minuten, nachdem Horden von Polizisten vor Ort auftauchten). Das widerspricht dem offiziellen Polizeibericht, dass Mumias Waffe innerhalb einer Minute gefunden worden sei. Giordano beabsichtigte, Mumia fertig zu machen, indem er ihn zu weiteren Verhören ins Polizeihauptquartier mitnahm. Mumias Verbrechen in jener Nacht bestand darin, die Versuche der Bullen zu überleben, auch ihn zu töten.

Um das Bild vollständig zu machen – obwohl Giordano der ranghöchste Polizist am Tatort war, der angeblich Mumias Geständnis hörte und die Mordwaffe fand, sagte Giordano nie als Zeuge bei Mumias Prozess aus. Am Tag nach Prozessende schied Giordano aus dem Polizeidienst aus. 1986 bekannte er sich schuldig zu Bundesanklagen, die darauf basierten, dass er 1979/80 zehntausende Dollars an illegalen Schmiergeldern einstrich. Er verbrachte keinen einzigen Tag im Gefängnis.

Reformisten demobilisieren den Kampf für Mumia

So sind also die Beweise für Mumias Unschuld und für das Komplott des Staates überwältigend. Aber Mumias frühere Anwälte unterdrückten das Geständnis von Beverly und die Gesamtheit der Beweise, die dies unterstützen. Len Weinglass, langjähriger „Anwalt der Bewegung“, wies diese Beweise als zu heiß und zu unglaubwürdig zurück und der Mitanwalt Dan Williams sagte, dass dies bedeuten würde, zu argumentieren, dass die Polizei wissentlich ein Komplott gegen einen unschuldigen Mann schmiedete! Aber das ist überhaupt nicht unglaubwürdig, und das zu behaupten heißt, die Realität der Bullen und der Gerichte zu leugnen.

Tatsächlich gibt es unzählige Beispiele für bewusste Komplotte gegen unschuldige Menschen in den bürgerlichen Gerichten. Bevor ihre Verurteilungen als vollständige Fabrikationen des Staates entlarvt wurden, verbrachten die Guildford Four 15 Jahre im Gefängnis, und die Birmingham Six waren 16 Jahre eingekerkert, nachdem sie im Rahmen des Terrorkriegs des britischen Imperialismus gegen irische Nationalisten in den 1970er-Jahren verurteilt worden waren. Bis zu seiner Entlassung 1997 verbrachte der frühere Führer der Black Panther Geronimo ji Jaga (Pratt) 27 Jahre im Gefängnis für einen Mord – aber die eigenen Abhörprotokolle des FBI belegten, dass er ihn nicht begangen haben konnte. Der New Yorker Black-Panther-Führer Dhoruba bin Wahad war 19 Jahre lang auf Grund von fabrizierten Anklagen inhaftiert, bevor er 1990 freigelassen wurde. Die Repression im Rahmen des „Krieg gegen Terror“ hat ebenfalls viele unschuldige Opfer gefordert.

Außerdem wurde Mumias Fall vor ein Gericht nach dem anderen getragen – und jedes davon hat die Beweise über das Komplott gegen ihn und für seine Unschuld abgewiesen. Das schließt drei Wiederaufnahmeverfahren, drei Anträge und zwei Einsprüche vor dem Obersten Gerichtshof Pennsylvanias, einen Habeas-Corpus-Antrag vor dem Bezirksbundesgericht, einen erneut überarbeiteten Antrag an das Bundesgericht und dann noch einen weiteren Antrag an das Bundesgericht sowie drei weitere Anträge auf eine Anhörung vor dem Obersten Gerichtshof der USA ein. Ein Richter am Bundesgericht hob im Dezember 2001 Mumias Todesstrafe auf, aber die Staatsanwaltschaft erhob sofort Einspruch und so ist Mumia seit seiner Verurteilung 1982 nie aus der Todeszelle herausgekommen.

Als Anwältin von Mumia habe ich im Verteidigerteam darum gekämpft, die Beweise für das Polizeikomplott und Mumias Unschuld vorzutragen. Als es dann endgültig klar war, dass Mumias Hauptanwalt, Len Weinglass, das nicht erlauben würde – nachdem er das Geständnis Beverlys, Billy Cooks Erklärung und das gesamte weitere Beweismaterial, das dies stützte, abgewiesen hatte – traten ich und Jon Piper im Juli 1999 vom Anwaltsteam zurück. Es war ein Verrat an Mumias Verteidigung, zu verhindern, Beweise seiner Unschuld vor Gericht vorzulegen. Und dieser Verrat hat Parallelen bei sogenannten Linken, die hinter verschiedenen Bündnissen stehen, die unter dem Namen „Freiheit für Mumia“ agieren, die aber auf der Basis mobilisieren, sich auf die Gerechtigkeit und Fairness der Gerichte zu verlassen und zu einem neuen, fairen Prozess für Mumia aufrufen.

Warum und zu welchem Zweck sollten Linke fordern, dass sich dieser so klar unschuldige Mann einem neuen Prozess unterwirft? Wie ihr sehen könnt, gibt es keine Beweise, die in Betracht gezogen werden müssen. Mumia selbst legte seine eigene eidesstattliche Erklärung vor, in der er seine Unschuld bekräftigte, als 2001 dann von einem neuen Rechtsanwaltsteam das Geständnis Beverlys und andere Beweise endlich vor Gericht vorgelegt wurden. Mumia erklärt: „Ich habe den Polizeibeamten Daniel Faulkner nicht erschossen. Ich hatte mit der Ermordung von Officer Faulkner nichts zu tun. Ich bin unschuldig.“

Es wurde das falsche Argument aufgebracht, die Beweise um Beverly würden die Bewegung „spalten“. Aber schon seit 1995, lange vor Beverlys Geständnis, lehnte die sogenannte Linke die Bedeutung der Beweise über das Ausmaß des staatlichen Komplotts ab und lehnte auch die politischen Lehren ab, die daraus zu ziehen waren. Das Ganze zeigte sich explizit bei einem „Führungstreffen“ im Januar 1999, an dem sich etwa 100 Gruppen und Individuen – einschließlich der Workers World Party, Socialist Action, Solidarity, Refuse & Resist (verbunden mit der Revolutionary Communist Party) – beteiligten und die Frage debattierten. Die Entscheidung, die von der reformistischen Linken (auch durch die International Socialist Organization repräsentiert) forciert wurde, war, die Bewegung zu „verbreitern“ und sich an den „Mainstream“ zu wenden. Sie ließen die Forderungen nach Freiheit für Mumia und „Weg mit der rassistischen Todesstrafe“ fallen zugunsten der Losung: ein neuer Prozess für Mumia.

In jedem Stadium des Falls ist die politische Linie der Reformisten, dass das nächste Gericht ganz bestimmt das gerechte sein wird. Als die Bundesstaatsgerichte gegen Mumia entschieden, wurden Illusionen verbreitet, dass das US-Bundesgericht fair über seine Petition entscheiden würde. Jetzt werden Illusionen verbreitet in die Fairness des US-Berufungsgerichts, da das US-Bundesgericht Mumias Verurteilung aufrechterhielt. Und zwischen den Gerichtsverfahren gab es von Seiten der Reformisten keinerlei bedeutende Mobilisierung für Mumia.

Dies waren schlicht und einfach politische Entscheidungen. Sie basierten nicht auf Tatsachen – nämlich Mumias Unschuld und dem gewaltigen Ausmaß des erwiesenen Komplotts. Stattdessen versuchte die reformistische Linke, die politische Mobilisierung in Verteidigung Mumias zu beschränken auf einen Appell an die Fairness der Gerichte. Sie appellieren an bürgerliche liberale Kräfte, die Mumias Fall nicht als politisches und rassistisches Komplott gegen einen unschuldigen Mann sehen, sondern als vereinzelten „Justizirrtum“, eine Anomalie, die den demokratischen Prozess zu beschmutzen droht.

Selbst die Rechtsdokumente, die ich 1995–97 einreichte, und denen Mumias damaliger Hauptanwalt, Leonard Weinglass, zustimmte, konzentrierten sich nicht auf die Forderung nach einem neuen Prozess! Wir forderten, die Anklagen angesichts des Ausmaßes des Komplotts fallenzulassen. Denn wenn man sich nur danach richtet, was das Gesetz in den Vereinigten Staaten sagt, sind die Unterdrückung von Beweisen und die Fälschung von Beweisen von solchem Ausmaß, dass der ganze Fall fallengelassen werden sollte. Unter anderem deshalb sage ich, dass der Aufruf, Leute sollten um die Forderung nach einem neuen Prozess mobilisieren, nicht aus rechtlichen Überlegungen folgt, sondern aus einem politischen Programm.

Das System kapitalistischer Ungerechtigkeit

Mumias Fall ist ein aus dem wirklichen Leben gegriffener Fall eines Polizeikomplotts, ein Paradebeispiel für den Klassencharakter des kapitalistischen Staates, der nicht neutral ist. Der Staat mit seinen Bullen und mit Unterstützung der Gerichte ist eine Maschinerie für die organisierte Gewalt einer Klasse, der Kapitalistenklasse, die ihr Profitsystem gegen die arbeitende Bevölkerung, gegen Minderheiten verteidigt. Der Job der Gerichte ist es, kapitalistisches Unrecht zu sprechen. Das ist die Lehre aus dem Fall der Haymarket-Märtyrer, Anarchisten, die 1887 in Chicago hingerichtet wurden, weil sie Kämpfe für den 8-Stunden-Tag geführt hatten; aus den Fällen der anarchistischen Arbeiter Sacco und Vanzetti, die in Massachusetts Opfer eines Komplotts und 1927 hingerichtet wurden; aus dem Fall der Scottsboro-Boys, neun schwarzer Jugendlicher, die 1931 verhaftet wurden und fast zwei Jahrzehnte in Gefängnishöllen in Alabama verbrachten, auf Grund erfundener Vergewaltigungsanklagen – acht von ihnen wurden zum Tode verurteilt; aus dem Fall von Julius und Ethel Rosenberg, die 1953 im Rahmen des antisowjetischen Kalten Krieges unter Spionageanklagen hingerichtet wurden.

In der deutschen Geschichte gab es Eugen Leviné, einen Führer des Spartakus-Aufstands in Bayern, der 1919 durch die konterrevolutionäre sozialdemokratische Regierung hingerichtet wurde. Es gab den Fall von Max Hoelz, einen autodidaktischen Arbeiter, der während des rechten Kapp-Putsches von 1920 eine Rote Armee im Vogtland organisierte und während der März-Aktion 1921 eine Streitmacht von 2500 bewaffneten Arbeitern in Mitteldeutschland sammelte, wofür er zu lebenslangem Gefängnis verurteilt wurde. Er wurde nach sieben Jahren auf Grund einer Massenbewegung für ihn amnestiert.

Die Forderung nach einem „neuen Prozess“ ist Ausdruck eines Programms, sich auf die rassistischen kapitalistischen Gerichte zu verlassen, die auf jeder Stufe Mumias abgekartete Verurteilung bekräftigt haben. Im berüchtigten Dred-Scott-Fall, in dem die Sklaverei in den USA vor dem Bürgerkrieg abgesegnet wurde, urteilte der Oberste Gerichtshof, dass ein Schwarzer keine Rechte habe, die ein Gericht respektieren müsse. Der kapitalistische Staat und seine Gerichte haben klargestellt, dass Mumia keine Rechte hat, die die Gerichte respektieren müssen.

So gibt es eine einfache Antwort auf die Frage nach der Bedeutung des Beverly-Beweismaterials und warum es sowohl in den Auseinandersetzungen vor Gericht als auch auf der politischen Ebene unterdrückt wurde. Das Beverly-Beweismaterial deckt den Betrug auf, das amerikanische bürgerliche Justizsystem könne Gerechtigkeit walten lassen. Es zeigt die Zweckgemeinschaft von Bullen, Staatsanwaltschaft und Gerichten, um die Interessen der kapitalistischen Herrscher aufrecht zu erhalten. Es stellt klar, dass die Ungerechtigkeit gegen Mumia nicht das Werk eines einzelnen schurkischen Bullen oder Staatsanwalts oder Richters ist, sondern die allgemeine Funktionsweise des kapitalistischen Systems der Ungerechtigkeit. Die Rolle der reformistischen Linken ist es, der Entwicklung eines solchen Verständnisses im Weg zu stehen. Sie verbreiten die gleichen Illusionen in die „Fairness der Gerichte“ wie die liberalen Journalisten David Lindorff und Michael Schiffmann, deren Schriften, vorgeblich zu Mumias Wohl, den Kampf für seine Freiheit untergraben (siehe Spartakist-Extra vom 23. Juni 2007).

Ihr Zweck ist, die Unverletzlichkeit des bürgerlichen Staats zu propagieren. Das bedeutet, Mumias Unschuld zu leugnen. Es bedeutet, das Ausmaß des staatlichen Komplotts und den Grund dafür zu leugnen. Das alles dient dazu, diejenigen, die zu Mumias Fall hingezogen wurden, politisch zu entwaffnen und zu demobilisieren. Diese Politik hatte die Auswirkung, eine internationale Bewegung zu demobilisieren. Es bedeutete, genau die Gründe abzulehnen, aus denen Millionen Menschen auf der ganzen Welt Mumias Fall aufgegriffen haben: Abscheu vor der Ungerechtigkeit, die dem Kapitalismus eigen ist – Armut, rassische Unterdrückung und ethnische Vorurteile, Krieg; Identifikation mit Mumias Kampf gegen „das System“ und für Gerechtigkeit für die gesamte Menschheit.

Um Mumia jetzt freizubekommen, um ihn vor der Hinrichtung zu retten oder vor dem langsamen Tod eines Lebens im Gefängnis, ist es notwendig, auf Grundlage einer klassenkämpferischen Verteidigung zu organisieren. Während das bedeutet, alle irgend möglichen rechtlichen Schritte nachzuverfolgen, basiert klassenkämpferische Verteidigung auf einem Verständnis des Charakters des kapitalistischen Staates, dass es kein Vertrauen auf dessen Gerichte geben kann, sondern dass alles Vertrauen auf die Macht der Mobilisierung der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten gelegt werden muss.

Die Gerichte sind bei ihrer Rechtsprechung nicht isoliert. Es gibt einen Druck, der Wirkung auf die Gerichte entfalten kann. Aber es braucht eine internationale Massenmobilisierung, zentral eine Mobilisierung der Arbeiterbewegung und ihrer Verbündeten – Jugend, Minderheiten, Immigranten – um das Ganze umzudrehen und Mumias Freiheit zu erringen. Es war eine internationale Mobilisierung, mit entscheidender Beteiligung von Gewerkschaftern, von Südafrika über Europa bis zu den USA, die 1995 den Henker stoppte, als Mumia nur noch 10 Tage von der Hinrichtung entfernt war. Es brauchte diese Mobilisierung, um den Stopp der Hinrichtung zu erreichen, um die Gerichte dazu zu drängen, ihrer rechtlichen Verpflichtung nachzukommen, Mumias Berufung zuzulassen. Jetzt, da die Gerichte die Aussetzung von Mumias Todesstrafe aufheben könnten, geht es direkt um Mumias Leben – sei es durch Hinrichtung oder den langsamen Tod durch lebenslängliche Haft.

Die Arbeit, die während der vergangenen Monate vom PDC, von unseren verbundenen Verteidigungsorganisationen und der Internationalen Kommunistischen Liga getan wurde, um den Kampf für Mumias Freiheit wiederzubeleben auf der Basis, dass er unschuldig ist, ist ein Schritt vorwärts. Hunderte Organisationen, Gewerkschaften, die viele Zehntausend Arbeiter repräsentieren, politische Organisationen, Einzelpersonen haben unsere Erklärung unterzeichnet, die Mumias Unschuld betont und seine Freiheit fordert. Aber wir brauchen eine Massenbewegung, die auf der Macht der Arbeiterklasse beruht, der Macht, die sich in ihrer Fähigkeit zeigt, die Arbeit durch Streikaktionen zu verweigern. Stellt euch vor, was es bedeuten würde, wenn der Nahverkehr in Philadelphia und New York streiken würde – nicht nur für anständige Löhne, Gesundheitsversorgung und Arbeitsbedingungen, sondern auch für Mumias Freiheit! Welche Bedeutung es hätte, wenn Arbeiter in anderen kapitalistischen Zentren ihre Macht ausüben würden, das Kommunikationsnetz, Transport und Industrie lahm legen würden unter der Forderung: Freiheit für Mumia, sofort!

Gegen Mumia stehen die riesigen Ressourcen des kapitalistischen Staates. Aber es gibt einen Weg für Mumia, zu siegen – seine Freiheit zu erlangen. Der beginnt mit dem Verständnis, dass der Klassenfeind vor nichts zurückschrecken wird – weder vor Lügen noch vor Terror – auf der Straße und in den Gerichtssälen. Freiheit für Mumia basiert auf dem Verständnis, dass die Kraft, zu kämpfen und zu gewinnen im Klassenkampf liegt – in der Mobilisierung des multirassischen, multiethnischen Proletariats. Freiheit für Mumia, sofort!

Spartakist Nr. 167

Spartakist Nr. 167

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